Kalkül oder nur ahnungslos?
Wen wundert‘s? Das Wirtschaftsbarometer, das vierteljährlich – auch im Auftrag der Vorarlberger Nachrichten – die Stimmung bezüglich der wirtschaftlichen Wetterlage im Land ermittelt, zeigt auf „wechselhaft“. Die befragten Menschen wissen nicht, ob sie sich vor der Zukunft fürchten sollen. Oder ob sie die Sache optimistisch angehen werden.
Das Wirtschaftsbarometer ist unser Beitrag zur Flut an Umfragen, Prognosen, Untersuchungen, die täglich erscheinen und vor allem eines bewirken: dass ein zuverlässiges Bild der wirtschaftlichen Lage immer schwieriger wird. Die Berichte der Wirtschaftsforscher zeigen, dass die Auguren so wenig Ahnung haben wie Otto Normalbürger. Wie sonst ist es möglich, dass sie sich völlig widersprechen. Das eine Institut – nennen wir es WIESO – posaunt genau das Gegenteil in die Öffentlichkeit wie das ebenso renommierte IUI (Institut für umfassende Information), das schon mit seinem Namen signalisiert, dass man zwar konkret sein will, sich aber nicht festlegen lässt.
Schwierig einzuschätzen sind auch die Konjunkturaussichten bzw. Berichte zur Lage, die von Interessenvertretungen präsentiert werden. Die sind für alle, die genau aufpassen, jahreszeitlich schwankend. Zu Jahresbeginn, wenn keine Lohnverhandlungen drohen, sind sie deutlich optimistischer als im Herbst, wenn die Begehrlichkeit der Arbeitnehmervertreter steigt. Und deutlich verbessern (oder genau das Gegenteil) können sich die Prophezeiungen und Lageberichte, wenn es gilt, die nahestehenden Parteien im Wahlkampf zu unterstützen. So relativiert z. B. der Präsident der gesetzlichen Vertretung aller österreichischen Unternehmen seine vor Monaten getätigte Aussage, Österreich sei „abgesandelt“, das Image „ramponiert“, auf mit Zahlen untermauertes „eh ganz gut, aber jetzt muss man langsam was machen.“
Ist es Ahnungslosigkeit, die zu diesen Prognosen führt, ist es Kalkül? Soll die Allgemeinheit manipuliert werden, oder geht es nur darum, eine ganze Reihe von Akademikern in Anstellung zu halten, mit einer Aufgabe beschäftigt, die zwar die Öffentlichkeit in Atem hält, aber nicht wirklich ins echte Leben eingreift?
Beschäftigen könnten sich die Damen und Herren
Wirtschaftsforscher auch über Jahre, wenn sie Arbeitsgruppen einrichten und Workshops durchführen. Ziel: weniger, dafür aber treffsicherere Prognosen. Der Standort würde profitieren, die Menschen wären weniger verunsichert, wenn unaufgeregter mit der Zukunft verfahren wird.
andreas.scalet@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-862
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