Luis Drexel, 90: „Wenn ich nicht mehr im Büro wäre, würde mir was fehlen“

Markt / 07.05.2014 • 18:18 Uhr
Luis Drexel ist auch mit 90 Jahren jeden Tag in seinem Büro in der Dornbirner Spar-Zentrale anzutreffen. Sein Rat ist gefragt, seine Analyse nach wie vor messerscharf und von der langjährigen Erfahrung geprägt. Fotos: VN-Archiv, Spar
Luis Drexel ist auch mit 90 Jahren jeden Tag in seinem Büro in der Dornbirner Spar-Zentrale anzutreffen. Sein Rat ist gefragt, seine Analyse nach wie vor messerscharf und von der langjährigen Erfahrung geprägt. Fotos: VN-Archiv, Spar

Spar-Pionier Komm.-Rat Luis Drexel geht auch mit 90 Jahren täglich ins Büro.

Dornbirn. (VN) Pünktlich wie die Uhr trifft Luis Drexel nach wie vor täglich im Büro in der Vorarlberger Sparzentrale im Dornbirner Wallenmahd ein und verrichtet sein Tagwerk. Ob er das heute tut, ist noch nicht sicher. Bei der großen Zahl an Gratulanten, die heute bei ihm Schlange stehen, wird es schwierig, die seit Jahrzehnten geübte Routine einzuhalten. „Er ist für uns ein wichtiger Ansprechpartner. Ich kenne niemanden mit einer solch großen Erfahrung und dem Blick für das Wesentliche“, erzählt der Vorarlberger Spar-Direktor Gerhard Ritter über den Jubilar, der von Ritters Vorgänger als Vorarlberger Spar-Direktor, Heinz Wohlgenannt, so beschrieben wird: „Er hat nicht sich selbst wichtig genommen, sondern seine Aufgabe. Und er wird in die Geschichte der Spar, mit deren Erfolgen sein Name verbunden ist, eingehen. Er ist ein Stück der Spar-Identität.“

„Herr Luis“

Die Ära Drexel sei vom Pioniergeist gekennzeichnet gewesen. Luis Drexel, im Haus in Dornbirn respektvoll „Herr Luis“ genannt, habe nicht nur in Vorarlberg, sondern auch außerhalb des Landes Handelsgeschichte geschrieben, denn sein Wirken habe auch eine große internationale Dimension.

Aber wie begann die gemeinsame Erfolgsgeschichte der Familie Drexel und der Spar-Organisation, die heuer ebenfalls ein Jubiläum, nämlich ihren 60. Geburtstag, feiert? Was ist das Erfolgsgeheimnis des Jubilars? Was seine Erkenntnisse, was die Philosophie? Luis Drexel hat dazu gegenüber den Vorarlberger Nachrichten ausführlich Stellung genommen.

Handel im Wandel

„In meinem Alter erscheint mir das heutige Sortiment oft zu viel des Guten. Vielleicht liegt das daran,dass ich noch die Zeiten in Erinnerung habe, als der Kaufmann Mehl oder Zucker aus den Schubladen in Säcke gefüllt hat. Da ist ein gewaltiger Zeitsprung passiert. Ganz am Anfang haben wir als Mehlhändler noch mit dem Pferdefuhrwerk zugestellt. Diese Zeit, die schon 70 Jahre zurückliegt, muss man kennen, um das Entstehen der Spar zu begreifen.“

Spar in Vorarlberg

„Ich habe durch Zufall von einem Gewürzhändler von der SPAR-Idee erfahren. Da wurde mir erst klar, wie umständlich wir sind und wie rationell man arbeiten kann. Ich beschloss, unser Sortiment vom Mehlhandel auf Lebensmittel auszuweiten und gab mir zwei Jahre, um die Idee der Spar in Vorarlberg zu verwirklichen. Ende des Jahres 1957 haben wir mit dem ersten Spar-Angebot gestartet und die Namen aller 70 Spar-Einzelhändler, die damals mit uns starteten, in Vorarlberg veröffentlicht. Das Modell Spar überzeugte durch seine rationellen Ideen. Früher mussten wir jeden Händler besuchen und die einzelnen Bestellungen entgegennehmen. Bei der Spar schickt der Händler den Ordersatz, der gleichzeitig auch die Rechnung war. Was heute selbstverständlich ist – etwa die Überweisung der Gehälter – haben wir damals mit der Spar eingeführt.“

Spar und Familie Drexel

„Als wir mit der Spar begonnen haben, gab es neben uns viel größere und ältere Lebensmittel-Großhändler in Vorarlberg. Unsere Kraft lag wohl in unserer Familienkonstellation. Unser Vater gab uns die notwendige Freiheit. Wir drei Brüder waren alle im Geschäft, hatten unterschiedliche Aufgaben. Herbert war ein Talent im Außendienst und hat die Einzelhändler gewonnen, Hans übernahm den technischen Bereich und installierte die erste EDV-Anlage.“

Der Erfolg am Markt

„Wir haben immer schon über den Tellerrand geschaut. Weg vom Inlandsdenken und lernen aus den Fehlern und Fortschritten der anderen. So ist auch die Entscheidung für die ersten Großmärkte gefallen. Ich bin heute noch stolz, dass wir gegen den europäischen Trend 1971 gemeinsam mit unseren Einzelhändlern beschlossen haben, Großmärkte zu bauen. Unsere Einzelhändler bewiesen großen Mut und Weitblick, indem sie zugestimmt haben, dass in ihr Einzugsgebiet Interspar-Großmärkte gebaut werden.“

Lebenslang arbeiten

„Wenn ich nicht mehr im Büro wäre, würde mir etwas fehlen. So studiere ich immer noch alle Unterlagen, bin informiert, aber ich mische mich nicht ein. Wenn mich jemand um meine Meinung fragt, sage ich sie – und ich bin manchmal auch anderer Meinung.

Meine Frau Maria versteht das. Und ich bin überzeugt, wenn ich nicht eine so verständnisvolle Frau an meiner Seite gehabt hätte, wäre auch mein beruflicher Weg nicht so erfolgreich verlaufen, wie er es ist. “

Wunsch zum 90er

„Ich wünsche mir vor allem das, was sich keiner kaufen, was man nur dankbar als Geschenk annehmen kann. Also eine hoffentlich noch lang währende Zweisamkeit mit meiner Frau, beide geistig fit und körperlich gut drauf. Wenn von den drei Töchtern, dem Sohn und unseren zehn Enkelkindern zudem auch noch gute Lagemeldungen bei uns eintreffen, ist das Glück eigentlich vollkommen.“

Seit 65 Jahren verheiratet: Maria und Luis Drexel
Seit 65 Jahren verheiratet: Maria und Luis Drexel
Luis Drexel mit seinen beiden Dornbirner Enkeln Lara und Julian.  Foto: Andreas Uher
Luis Drexel mit seinen beiden Dornbirner Enkeln Lara und Julian. Foto: Andreas Uher
Luis Drexel, GF Gerhard Ritter, Vorstandsmitglied Hans K. Reisch, vl.,
Luis Drexel, GF Gerhard Ritter, Vorstandsmitglied Hans K. Reisch, vl.,
Hans Drexel mit Sonja und LH Markus Wallner, Spar-Direktor Gerhard Ritter und dessen langjährigem Vorgänger Heinz Wohlgenannt.
Hans Drexel mit Sonja und LH Markus Wallner, Spar-Direktor Gerhard Ritter und dessen langjährigem Vorgänger Heinz Wohlgenannt.

Erkenntnisse

Ganz am Anfang haben wir als Mehlhändler noch mit dem Pferdefuhrwerk ausgeliefert.

Zu den Anfängen

Unsere Kraft lag in der Familienkonstellation. Unser Vater gab uns die notwendige Freiheit.

Zur Stärke der Familie

Wir haben immer schon über den Tellerrand geschaut und lernen auch von den anderen.

Zum Erfolg von Spar

Ich wünsche mir, was sich keiner kaufen kann, was man nur dankbar als Geschenk annehmen kann.

Für die Zukunft

Zur Person. Luis Drexel

Geboren 8. 5.1924 in Hohenems

Familie: verheiratet seit 1949 mit Maria, geb. Schelling, 4 Kinder: Hadwig, Gerhard, Inge, Margit, 10 Enkelkinder, 2 Urenkel

Ausbildung: Volksschule, Realschule

Dornbirn, Handelsschule Lustenau;

15. 7. 1940 Eintritt in den elterlichen Betrieb „Johann Drexel Mehlgroßhandel“ in Dornbirn;

März 1942 – Kriegsdienst, September 1945 Flucht aus der russischen Gefangenschaft

Karriere-Highlights:

1964–1989: Präsident der Vereinigung Österreichischer Spar-Kaufleute;

1970: Mitbegründer der Spar-AG Österreich;

1970–1989: Vorstandsvorsitzender

der Spar-AG Österreich;

1970–1990: Präsident der Spar International;

1990–2000: Präsident des Aufsichtsrates der Spar-AG Österreich

Auszeichnungen:

1990: Großes Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik;

1999: Verleihung des Ehrenringes der Stadt Dornbirn;

2001: Goldenes Ehrenzeichen des Landes Vorarlberg

Engagements: Familie, Langlaufen,

Wandern, Ambassador Club Vorarlberg (seit 1964)

Unternehmen: Die Spar Österreich-Gruppe hat sich in den vergangenen Jahren von einem rein österreichischen Lebensmittelhändler hin zu einem mitteleuropäischen Handelskonzern entwickelt. Umsatz: Spar in Österreich (ohne Hervis) 2013: 5,13 Mrd. Euro; Spar-Gruppe: 11,18 Mrd.

Standorte: Vorarlberg: 99 (davon 56

selbstständige Spar-Kaufleute, 28 Filialen, 5 Interspar); Österreich: 1586 (davon 788 selbständige Spar-Kaufleute);

Mitarbeiter in Vorarlberg 2014: 3120 (davon Lehrlinge 222), Österreich: 39.351 (davon Lehrlinge 2751),

Spar-Österreich-Gruppe insgesamt: 76.905