Märkte im Widerspruch

schwarzach. Zu den großen Überraschungen heuer gehört die gute Performance am US-Rentenmarkt. Immerhin zieht sich die US-Notenbank seit Jänner als Käufer von US-Staatsanleihen
zurück. Vor diesem Hintergrund haben die meisten Beobachter steigende Renditen und fallende Anleihenkurse erwartet, das Gegenteil trat aber ein. Die 10-jährige US-Rendite fiel von rund drei Prozent zu Jahresbeginn auf unter 2,5 Prozent Mitte Mai. Gleichzeitig laufen aber auch die Aktienmärkte nicht schlecht, es gibt sogar gelegentlich neue Rekorde. Somit herrscht hier eigentlich ein Widerspruch. Der Rentenmarkt läuft gut, sprich, die Investoren haben keine Angst vor einer baldigen Zinsanhebung. Sie erwarten offenbar keine zu robuste US-Konjunktur. Der Aktienmarkt zeigt eigentlich das Gegenteil, denn neue Rekorde sind nur gerechtfertigt, wenn auch das konjunkturelle Umfeld mitspielt.
Bleibt die Frage, wer am Ende recht hat? Die Prognose wird durch die US-Notenbank selbst erschwert. Sie hält die Leitzinsen bereits seit 2008 nahe null Prozent. Damit unterstützt sie selbst die Nachfrage nach Aktien, denn die tiefen Zinsen machen andere Anlageformen wenig attraktiv. Was am Markt wirklich passiert, wenn die Geldpolitik weiter normalisiert, sprich die erste Zinsanhebung durchgeführt wird, das erscheint aus heutiger Sicht keineswegs ausgemacht.

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Mag. Monika Rosen,
Chefanalystin, Bank Austria Private Banking