„Optimismus ist Teil der Grundeinstellung“

Feldkirch. Herwig Bauer ist seit 21 Jahren der Kopf des Poolbar-Festivals. Wie er den Spagat zwischen Kultur und Wirtschaftlichkeit schafft, wie wichtig Sponsoren sind, und wie er immer am Puls der Zeit bleibt, verrät er im Gespräch mit den VN.
Sie sind vor 21 Jahren mit einer Kursreihe gestartet. Heute ist die Poolbar eine der größten Kulturveranstaltungen im Land. War der Erfolg absehbar?
Bauer: Es steckte damals eigentlich eine egoistische Ambition dahinter. Ich habe mich selbst künstlerisch betätigt und an verschiedenen Kursen teilgenommen. Da habe ich gedacht, so etwas könnte ich selber auch organisieren. Zum Festival hat es sich dann im Laufe der Zeit gewandelt. Bei vielen Dingen haben wir aus dem Bauch heraus agiert und das hat nach wie vor hohe Priorität. Man spürt, dass wir nicht im Auftrag der Gewinnmaximierung arbeiten. Wir machen Dinge, die uns selber auch gefallen.
Inwieweit hat sich das Festival über die Jahre verändert?
BAuer: Im ersten Jahr gab es eine Abendveranstaltung und in Folge ein Konzert. Da hat sich herausgestellt, dass das mehr Spaß macht als die Workshop-Sache. Wir haben verschiedene Varianten ausprobiert, wie man die Workshops anders gestalten kann und sind dann bei den Wettbewerben gelandet. Denn wir wollten das klassische Schüler-Lehrer-System durchbrechen und stattdessen Leute einladen, mitzugestalten. Diese Wettbewerbe sind nun die Methode, wie man das ursprüngliche Gedankengut der Workshops in eine passendere Variante umwandeln kann.
Bei der Poolbar gibt es einen Architekturwettbewerb, Musik, Kino und einen Ableger in Wien. Verzettelt man sich da nicht?
BAuer: Eigentlich überhaupt nicht. Dass wir eine ganz große Bandbreite anbieten, war immer das Spezielle an der Poolbar. Wenn man zu uns kommt, wird man programmtechnisch mit viel Unerwartetem konfrontiert und auch beim Ambiente stößt man auf gute Gestaltung.
Verliert man bei der Planung nicht mit den Jahren das Gespür dafür, was ein junges Publikum will?
Bauer: Wir haben das große Glück, dass wir nicht nur für das junge Publikum interessant sind, sondern auch junge Menschen im Team haben, mit denen wir uns absprechen. Man kann natürlich auch über die Medien selber verfolgen, was gerade angesagt ist, aber es ist immer gut und wichtig, dass man mit den Jungen direkt Kontakt hat und sich austauscht. Wir stimmen uns also mit dem personifizierten Puls der Zeit in Form von jungen Menschen ab.
Wie viel Zeit nimmt das Festival in Anspruch?
BAuer: Jede verfügbare Sekunde. Parallel arbeite ich für einen Verlag in Wien, das ist allerdings eine sehr flexible Geschichte. In Zeiten wie jetzt ist der Anteil am Wien-Job quasi nicht vorhanden. Unterm Strich habe ich aber immer zu wenig Zeit.
Beim Festival treten Stars auf, überhaupt muss ein mehrwöchiges Festival finanziert werden. Welche Rolle spielen dabei Sponsorengelder?
Bauer: 18 Prozent sind öffentliche Förderungen, 32 Prozent Sponsoren, 30 Prozent Gastronomie-Einnahmen und 20 Prozent Ticket-Verkäufe. Wir haben das Glück, dass wir mittlerweile einen großen Namen haben. Wenn österreichweit agierende Unternehmen im Westen etwas suchen, stoßen sie auf uns, wenn es um ein junges Publikum geht. Das macht es leichter, aber dennoch ist es eine Wahnsinns-Arbeit. Denn der Leistung der Sponsoren muss eine zählbare Gegenleistung gegenüberstehen, sonst finden wir niemanden.
Sie sind inzwischen einer der größten Kulturveranstalter Vorarlbergs. Wie gehen Sie persönlich mit der wirtschaftlichen Verantwortung um?
Bauer: Es ist immer das große Zittern, wenn der Steuerberater die Bilanz übermittelt, und man steht mächtig unter Druck. Momentan sind wir finanziell etwas ins Eck gedrängt, aber der Optimismus war und ist immer Teil unserer Grundeinstellung. Dieser ist nach wie vor ungebrochen und ich denke, dass wir auf einem guten Weg sind, um uns finanziell auf soliden Füßen zu halten.
Müssen Sie künstlerisch Kompromisse eingehen um dem Anspruch an Wirtschaftlichkeit gerecht zu werden?
Bauer: Definitiv. Es wäre naiv zu glauben, es wäre nicht so. Es gibt viele Dinge, die wir gern hätten, aber die nicht leistbar sind. Gerade heuer haben wir ein Jahr, in dem wir das machen, was wir uns leisten können. Das bedeutet auch, dass wir anstelle von zwei Vorgruppen nur eine haben. Dabei geht es aber nicht nur um die Wirtschaftlichkeit, sondern auch darum, die Belastbarkeit des Teams in Grenzen zu halten.
Es ist jedes Jahr immer eine riesen Würgerei. Sponsoren zu finden ist nicht einfach.

Kennzahlen
Poolbar Festival GmbH
» Gegründet: 1993
» Festival 2014: vom 4. Juli bis
17. August, rund 70 Bands
» Architektur: Umsetzung durch die HTL Rankweil, Unterstützung durch folgende Firmen und Institutionen: Betonwerk Rieder, HOLCIM, Solidian, Betonmarketing Österreich, BertschEnergy, Architekturinstitut, Wirtschaftskammer Vorarlberg, Vorarlberger Holzindustrie, Würth, Zumtobel Lighting
Zur Person
Herwig Bauer
Geschäftsführer und 75-Prozent-Gesellschafter der poolbar Festival GmbH
Geboren: 3. Februar 1973 in Feldkirch
Ausbildung: Gymnasium in Feldkirch, Studium der Architektur in Innsbruck, an der TU Wien und in Mexiko
Laufbahn: seit 21 Jahren Organisation des Poolbar-Festivals (zusammen mit GF Heike Kaufmann, die 25 Prozent hält); dazu Tätigkeit für einen Verlag in Wien, Moderator der Pecha Kucha Night im Designforum, Organisation von Konzerten für das Wiener Burgtheater
Familie: verheiratet mit Daniela, Sohn Moritz