“Den Regionalbanker wird es immer brauchen”

Markt / 24.10.2014 • 19:22 Uhr
Wilfried Hopfner, hier vor den Schließfächern der Raiffeisenlandesbank stellte sich im Gespräch mit den VN zahlreichen Fragen. Fotos: VN/Paulitsch
Wilfried Hopfner, hier vor den Schließfächern der Raiffeisenlandesbank stellte sich im Gespräch mit den VN zahlreichen Fragen. Fotos: VN/Paulitsch

Bregenz. Just in der schwierigsten Zeit, dem Ausbruch der Finanzkrise 2008, hat Wilfried Hopfner den obersten Sitz bei der Raiffeisenlandesbank übernommen. Warum er das nie bereut hat und mit welchen Problemen die Regionalbanken derzeit kämpfen, erzählte er im Gespräch mit den VN.

Sie wurden genau zum Zeitpunkt der Lehmann-Pleite Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank. Haben Sie den Schritt nie bereut?

Hopfner (lacht): Das stimmt. Als Lehmann passierte, war bereits klar, dass ich 2009 diesen Posten übernehme. Ich habe mir das reiflich überlegt und bin zum Entschluss gekommen, dass ich das will und kann. An dieser Tatsache hat sich auch durch die schwierige Zeit nichts geändert.

Experten zufolge, werden nur drei Bankenmodelle überleben. Die globale Universalbank, die Spezialbank und die Regionalbank. Wird sich Ihre Situation jemals wieder entspannen?

Hopfner: Die Facebooks, Googles oder Amazons regieren die Welt. Diese börsenotierten Unternehmen haben nur Profit im Sinn, lösen aber gesellschaftspolitisch eine Revolution aus. Da ist plötzlich nicht Solidarität und Zusammenleben im Staat gefragt, dennoch beeinflussen sie mit ihren neuen Instrumenten das Zusammenleben. Für uns Banken bringen diese neuen Technologien eine irrsinnige Herausforderung. Aber wir Regionalbank sind da wenn es einen Banker zum Angreifen braucht und nicht nur zum Anklicken. Den Regionalbanker wird es immer brauchen.

Druck gibt es aber auch von anderer Seite: In der Vergangenheit resultierte der Hauptgewinn aus dem Zinsgeschäft, das nahezu weggebrochen ist. Müssen sich Regionalbanken gar nach einem neuen Geschäftsmodellen umschauen?

Hopfner: Das konventionelle Geschäftsmodell ist eindeutig stark unter Druck geraten, weil wie Sie richtig sagen, das Zinsgeschäft die Haupteinnahmequelle ist. Es ist de facto so, dass wir als Bank nichts aus dem Einlagengeschäft verdienen. Auf Kreditseite ist die Marge auch nicht so besonders. Als Gruppe versuchen wir die Aufgaben so zu verteilen, damit wir ein schlankes Kostengerüst zusammenbekommen. Die Niedrigzinsphase wird uns noch lange begleiten. Als Genossenschaft sind wir glücklicherweise nicht zur Gewinnmaximierung verdammt, sondern müssen so verdienen, damit wir die Risiken, aus unserem Geschäft resultierend, tragen können.

Gibt es angesichts des Kostendrucks überhaupt eine andere Lösung, als über kurz oder lang Filialen zu schließen?

Hopfner: Wir müssen als regionale Bank mit dem Auftrag, den Lebensraum mitzugestalten, für unsere Kunden da sein und die Nähe wahren. Wobei Nähe heute nicht unbedingt in Kilometern von Kunde zu Bankstelle gemessen wird. Nähe ist heute vielmehr eine Sache der persönlichen Beziehung zum Kunden. Aber wir werden natürlich prüfen, wo es heute betriebswirtschaftlich sinnvoll und die Frequenz ausreichend ist, also wo es eine Bankstelle braucht.

Also wird es eher keine Kosteneinsparung durch Filialschließungen geben als viel mehr Strukturverschlankungen in Form von Raiffeisenbanken-Zusammenlegungen?

Hopfner: Das kann man noch nicht so sagen. Wichtig ist, dass die Bank größenmäßig zu den ortsansässigen Unternehmen passt, daher hat die letzte Fusion von Dornbirn und Lustenau zur Raiffeisenbank im Rheintal Sinn gemacht. Ob es weitere Fusionen geben wird, ist aktuell Gegenstand von Diskussionen.

Heute wird viel über Crowdfunding diskutiert. Wie stehen Sie zu diesen Finanzierungen ohne Banken?

Hopfner: Crowdfunding ist vom Prinzip her ein grundgenossenschaftliches Thema. Deswegen sehen wir das konstruktiv kritisch. Wenn es um Crowdinvesting geht, muss man sich im Klaren sein, dass man jemandem Geld gibt, der es als Eigenkapital verwendet. Und Eigenkapital ist etwas anderes wie Fremdkapital. Will heißen, wenn sich der Unternehmenserfolg nicht einstellt, ist das Geld weg. Mir ist wichtig, dass die Chancen und Risiken immer klar aufgezeigt werden. Dieses Instrument hat in gewissen Situationen sicher seine Berechtigung, die Banken als Geldgeber wird es aber immer brauchen. Denn wir sind in einem Land, in dem es keinen entwickelten Kapitalmarkt für mittelständische Unternehmen gibt. KMU brauchen immer eine Fremdfinanzierung. Man darf nicht glauben, man habe die Eierlegende Wollmilch-Sau gefunden, die Schwimmen und fliegen kann.

Nun steht der Weltspartag vor der Türe. Wie hat sich dieser im Laufe der Zeit gewandelt?

Hopfner: Ich kann mich noch an meine Kindheit erinnern, da war das ein richtiger Feiertag. Es war ein Erlebnis auf die Bank zu gehen und sein Kässele zu lehren. Dann gab es eine Zeit, in der sich das Ganze verlangsamt hat. Da war Sparen unsexy. Spare in der Zeit, dann hast du in der Not. Dieser Spruch galt in dieser Phase der 80er-Jahre nicht. Ich bin sehr glücklich darüber, dass heute die Kinder und ihre Eltern das Thema Sparen wieder etwas ernster nehmen. Der Weltspartag ist heute immer noch schön – da ist einmal im Jahr die Hölle los bei uns.

Wir sind da, wenn es einen Banker zum Angreifen braucht und nicht nur zum Anklicken.

Die VN besuchten Wilfried Hopfner zum Gespräch in seinem Büro.
Die VN besuchten Wilfried Hopfner zum Gespräch in seinem Büro.

Kennzahlen

Raiffeisen Bankengruppe Vorarlberg 2013

» Bilanzsumme: 11,19 Mrd. Euro
» Eigenmittelquote: 15,8 %
» Verw. Kundenvermögen 10,4 Mrd.
» Ergebnis nach Risiko (EGT): 81,3 Mill. Euro
» Mitarbeiter 1589

1. Halbjahr 2014

» Ergebnis nach Risiko (EGT): 10,7 Mill. Euro

» Bilanzsumme: 6,7 Mrd. Euro

Zur Person

Wilfried Hopfner betr. oec.

Seit 2009 Vorstandsvorsitzende der Raiffeisenlandesbank Vorarlberg Waren- und Revisionsverband sowie seit 2012 Bankensprecher der Vorarlberger Banken

Geboren: 25. 6. 1957

Ausbildung: HAK, Universitätslehrgang angewandte Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Informatik und Organisation an der Universität St. Gallen

Laufbahn: Nach der Matura, arbeitete Hopfner in einem Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberaterbüro. Anschließend Eintritt in die Raiffeisenbank Wolfurt.

Familie: verheiratet, zwei Töchter