Erst nach 35 Prüfungen beginnt die Arbeit

Schwarzach. „Wir wollen den bürokratischen Aufwand deutlich verringern und die Abwicklung von Prüfungen effizienter gestalten. Davon profitieren Staat, Unternehmen und Konsumenten“, sagt Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Landeshauptmann Markus Wallner will ebenfalls aktiv werden: „Wir müssen das Monster Bürokratie endlich zähmen. Der Abbau der Zentralbürokratie würde den Unternehmen wieder mehr Luft zum Atmen verschaffen.“ Und Wirtschaftskammer-Präsident Manfred Rein hat bei der Vollversammlung vergangene Woche den Bürokratieabbau zu einem der Arbeitsschwerpunkte der Interessenvertretung erklärt: „Wir fordern auch vom Land Vorarlberg eine Deregulierung und eine Überprüfung neuer Regelungsvorschläge auf ihre Praxistauglichkeit.“ Der Ärger der Unternehmer hat einen teuren Hintergrund: Rund 200 Millionen Euro kostet die Bürokratie Vorarlbergs Unternehmer und Bürger jährlich.

Wie notwendig das ist, zeigt eine Liste jener Vorschriften, die ein Tischler erfüllen muss, bevor er in seiner Betriebsstätte damit beginnen kann, Möbel zu bauen: 35 Vorschriften müssen einmalig, mehrmalig oder regelmäßig erfüllt werden. Das reicht vom „Wandhydrant überprüfen“ über Lärmpegelmessung, das Installieren einer Sicherheitsfachkraft bis zur Einforderung und Archivierung von Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumenten. Aber auch statistische Daten sind verpflichtend weiterzureichen. Kleinere Unternehmen sind mit der Flut an Vorschriften zunehmend überfordert, größere Unternehmen haben einen großen finanziellen Aufwand. Dazu kommen Unwägbarkeiten, die mit hohen Summen bestraft werden können (siehe Factbox).

Am Beispiel der verbindlichen Richtlinien des Österreichischen Instituts für Bautechnik (OIB) für den Bau zeigt sich aber, wie schwierig es ist, einmal eingeführte Normen und Vorschriften wieder rückgängig zu machen. Land und Bauinnung haben bereits vor einem Jahr 54 Vereinfachungsmaßnahmen an das Institut geschickt und um Umsetzung gebeten, andernfalls haben sie als Rute ins Fenster gestellt, im Land eigene Baurichtlinien einzuführen. Das hat das Institut wenig beeindruckt, denn bis heute wartet man im Land auf Nachricht über die Umsetzung. Marco Tittler von der Wirtschaftskammer: „Die neuen Richtlinien sollen uns noch diesen Monat übermittelt werden. Erst dann kann man über die weitere Vorgangsweise reden.“

Krasse Beispiele

Die Wirtschaftskammer Vorarlberg habe nun mit dem Sammeln besonders krasser Beispiele begonnen und fordert die Betriebe auf, sich daran zu beteiligen. Die Fälle werden direkt an die zuständigen Politiker, sprich Wirtschaftsminister und Landeshauptmann, weitergeleitet, so Rein. Gleichzeitig fordert die Interessenvertretung eine Kommission für Deregulierung und Bürokratieabbau auf Landesebene, die eine Überprüfung neuer Regelungsvorschläge auf ihre Praxistauglichkeit vornimmt.

Alle Regelungen und Vorschriften richtig und rechtskonform umzusetzen, wird immer schwieriger.

Manfred Rein, Präsident WKV