“Vorarlberg hat keine weiße Weste mehr”

Markt / 11.06.2015 • 20:53 Uhr
Josef Muchitsch (l.) mit Landesvorsitzendem Gerd Oprießnig und Landesgeschäftsführer Gerhard Flatz.  Foto: VN
Josef Muchitsch (l.) mit Landesvorsitzendem Gerd Oprießnig und Landesgeschäftsführer Gerhard Flatz. Foto: VN

Lohn- und Sozialdumping ist im Land angekommen, sagt Gewerkschaftsboss Muchitsch.

Schwarzach. „Ich rate den Herren der Industriellenvereinigung, selbst zwölf Stunden auf einer Baustelle zu arbeiten, dann setze ich mich gerne mit ihnen an den Verhandlungstisch“, findet Josef Muchitsch, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Bau-Holz, klare Worte zum Vorschlag, die tägliche maximale Arbeitszeit von zehn auf zwölf Stunden auszuweiten. Österreich habe die flexibelsten Arbeitszeiten in Europa und die Menschen in Österreich würden ohnehin schon 44 Stunden in der Woche arbeiten und 270 Millionen Überstunden im Jahr produzieren. Der Überstunden-Euro sei dabei ein Weg, um die Arbeitslosigkeit zu verringern, aber keine Gesamtlösung. Derzeit habe man die Situation, dass die Beschäftigung am Bau steige, allerdings auch die Arbeitslosigkeit.

Warum? „Weil immer mehr Menschen über Arbeitsvermittler und dubiose Firmen aus dem Ausland auf den Arbeitsmarkt drängen und die Beschäftigten in nicht qualifizierten Bereichen verdrängen. Dadurch steigt das Lohn- und Sozialdumping“, erklärt der Gewerkschaftschef. Und Vorarlberg sei keine Insel der Seligen mehr. Man habe hier im Land zwar lange Zeit eine weiße Weste gehabt, das sei aber nun vorbei. Das zeigen aktuelle Kontrollen auf den Baustellen. Heuer habe es bereits gegen sechs ausländische Firmen, die hier arbeiten, Anzeigen wegen Unterentlohnung gegeben.

Wettbewerb wird schärfer

Dadurch, dass immer mehr ausländische Firmen auf den Markt drängen, werde der Wettbewerb auf den Vorarlberger Baustellen immer schärfer, bestätigen auch Gerd Oprießnig, Landesvorsitzender der Gewerkschaft Bau-Holz, und selbst bei Rhomberg Bau tätig sowie Landesgeschäftsführer Gerhard Flatz im Gespräch mit den VN. Der Druck nimmt zu. „Nicht nur Vorarlberg hat tolle Exporte, auch Europa versucht das Glück in Vorarlberg zu finden“, bringt Mu­chitsch das Problem des Lohn- und Sozialdumpings auf den Punkt. Besonders betroffen davon sei das Baunebengewerbe. „Ein Stanley-Messer und ein Maßband – und man ist selbstständiger Trockenbauer, der 16 Stunden am Tag arbeiten kann, weil er keinem Arbeitszeitgesetz unterliegt.“ Diesem Zustand müsse dringend Einhalt geboten werden. „Die Situation ist Wasser auf die Mühlen jener, die mit Ausländerparolen auf Stimmenfang gehen. Deshalb ist jetzt die Politik gefordert, für einen fairen Wettbewerb zu sorgen“, sagt Muchitsch und hat schon Rezepte parat.

Betriebe röntgen

Zum einen müsse die Wohnbauoffensive kommen. Die Politik hat angekündigt, durch zusätzliche Haftungsübernahmen in der Größenordnung von 500 Millionen Euro ein Volumen von 5,75 Milliarden Euro auszulösen. Das bringe, so Muchitsch, mehr Beschäftigung und eine bessere Auslastung am Bau. Das funktioniere allerdings nur, wenn die öffentlichen Aufträge auch tatsächlich im Land vergeben werden können. Und hier kommt das geplante Bundesvergabegesetz ins Spiel. „Dadurch bekommen nur jene Firmen Aufträge, die eine weiße Weste haben“, betont der Gewerkschafter.

Das soll kontrolliert werden. Zum einen werde es eine Art Röntgengerät geben, das die Betriebe auf Lohn- und Sozialdumping hin unter die Lupe nimmt. Maximal zwei Verfehlungen darf sich ein Unternehmen leisten. Dazu ist ein Bestbieter- anstatt eines Billigbieterprinzips vorgesehen. Und: Subvergaben werden zum Problem. Heißt, alle Anbieter sind nennungs-, prüf- und genehmigungspflichtig. „Wir planen auch noch eine verpflichtende Baustellenmeldepflicht, im Zuge derer alle tätigen Firmen, die Auftragssumme, der Baubeginn und die Dauer einer Baustelle gemeldet werden müssen“, ergänzt Muchitsch seine Wünsche. Letztlich sollen es soziale und regionalwirtschaftliche Kriterien sein, die über einen Auftrag entscheiden, und nicht allein der Preis.

Der Bau in Vorarlberg

» Betriebe: 456 (- 1 %)

» Beschäftigte: 5136 (+ 3,54 %)

» Arbeitslose: 702 (+ 8,3 %)

Baustellenkontrollen
(1.1.2015-31.5.2015)

» 5 inländische Firmen
kontrolliert – 0 Anzeigen

» 7 inländische Arbeitnehmer
kontrolliert – 0 Anzeigen

» 8 ausländische Firmen
kontrolliert – 6 Anzeigen

» 29 ausländische Arbeitnehmer kontrolliert – 23 Anzeigen