Spektrum der Handwerkskunst lernen

Kreativität kommt bei jungen Tischlern im Holzbaubetrieb zum Zug.
Seit 47 Jahren werden in Ihrem Betrieb Lehrlinge ausgebildet. Sie übernehmen diese Aufgabe seit 2007. Wie wohl fühlen Sie sich dabei?
Bereuter: In unserem Handwerksbetrieb liegt die Gesamtverantwortung bei mir und die Lehrlingsausbildung ist ein Teil davon. Das kann man nicht als isoliert betrachten. Vor allem braucht es für eine fundierte Ausbildung den gesamten Betrieb mit seinen Mitarbeitern, um das breite Spektrum an handwerklichem Tun weiterzugeben. Ich sehe eine meiner wesentlichen Aufgaben darin, ein Umfeld zu schaffen, in dem ein erfülltes und produktives Arbeiten möglich ist.
Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Bereuter: Grundsätzlich geht es um ein gegenseitiges Verstehen. Wenn man sich die Zeit nimmt, den Lehrlingen unsere Arbeit verständlich zu machen, ist für mich die Zusammenarbeit mit Jugendlichen nicht schwieriger als mit Erwachsenen.
Mit welchen Eigenschaften geht es noch besser?
Bereuter: Man muss selbst wissen, was man vom Lehrling will, um es ihm beibringen zu können. Und man muss erinnern, wie viel Zeit man selbst für den geforderten Erkenntnisgewinn in Anspruch genommen hat. Zuhören sollte man können, denn nur wenn Fragen gestellt werden dürfen, wird ein kommunikatives Klima entstehen.
Wie kommen Sie an gute Auszubildende heran?
Bereuter: Wir sind grundsätzlich an jeder Bewerbung interessiert, suchen das Gespräch mit allen. Das Interesse an unserer Arbeit bringt auch immer mehr Quereinsteiger, ältere Interessenten mit Abschlüssen an Höheren Schulen, aber auch weibliche Bewerbungen. Mit Mädchen haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht. Es gibt die Möglichkeit von Schnuppertagen bei uns. Wir präsentieren uns auf unserer Website, die besonders bei jungen Menschen eine beliebte Informationsplattform ist.
Was wünschen Sie sich von Ihren Lehrlingen?
Bereuter: Er muss diesen Beruf wirklich erlernen wollen, und der eingeschlagene Weg sollte zur Person passen. Ich habe erfahren, dass junge Menschen, welche nicht direkt nach dem 9. Schuljahr mit der Lehre beginnen, ihr Mehr an Lebenserfahrung als einen Bonus mitbringen. Lebenserfahrung und Selbstständigkeit neben all den technischen Qualitäten, wie räumliches Vorstellungsvermögen mitzubringen, sind hilfreich.
Was wünscht sich der Nachwuchs?
Bereuter: Sie wollen Erfolgserlebnisse. Jede Seite muss grundsätzlich wissen, was sie will, und dann sollte man regelmäßig miteinander darüber reden.
Was wird den jungen Lehrlingen in Ihrem Unternehmen geboten?
Bereuter: Wir bieten spannende Projekte, Entwicklung von speziellen Lösungen, ein sehr persönliches Arbeitsklima, individuelle Arbeitsmodelle wie Teilzeitmodelle, flexible Arbeitszeiten. Ich sehe eine gewisse Problematik, was die Treue zum Lehrbetrieb betrifft.
Warum?
Bereuter: Betriebswirtschaftlich mag die Annahme stimmen, gute Lehrlinge möglichst lange im Betrieb zu halten. In puncto persönlicher Entwicklung kann dies auf lange Sicht jedoch unter bestimmten Umständen auch hinderlich sein. Bei jungen Menschen sollte ihre naturgemäße Neugierde nicht durch allzu stark vorgegebene Strukturen eingeschränkt werden.
Wie gut kennen Sie Ihre jungen Mitarbeiter, um auf sie eingehen zu können?
Bereuter: Ich gehe dann auf sie ein und nehme mir Zeit für ihre Anliegen, wenn sie mit konkreten Fragen auf mich zukommen. Es kann sein, dass diese Art einem ausgebildeten Fachmann zu wenig ist. Für mich ist sie authentisch.
Zur Person
Martin Bereuter
Ausbildung: Fachschule für Tischlerei und Innenausbau an der HTL Imst, Höhere Abteilung für Tischlerei und Innenausbau an der HTL Imst, Architekturstudium an der Hochschule Liechtenstein
Laufbahn: Aufenthalt USA, Zivildienst Caritas, Betreuer Lebenshilfe, Architekturbüro Spagolla, Mitarbeit und dann Übernahme Tischlerei Bereuter
Alter: 42
Familie: verheiratet, vier Kinder
Hobbys: Faltboot-Fahren, Werkraum