“Mein Jakobsweg war immer meine Bank”

Die berufliche Karriere von Peter Gaugg hat 1977 in der Filiale in Wolfurt begonnen. Sie befand sich damals noch gegenüber des heutigen Gebäudes. Fotos: VN/Hofmeister
Wolfurt. Es sind die letzten Tage von Peter Gaugg als Vorstandssprecher der BTV. Im Interview spricht er über die eindrücklichsten Momente seiner Karriere und was er nun noch alles vorhat.
Vor einem Jahr haben Sie Ihren Ausstieg bekannt gegeben. Wie geht es Ihnen jetzt, wo der Tag immer näher rückt?
Gaugg: Goethe hat gesagt: „Die Unsterblichkeit ist nicht jedermanns Sache.“ Meine auch nicht, also habe ich schon vor drei Jahren begonnen, mich mit dem Thema zu beschäftigen. Natürlich auch aus der Erfahrung, weil ich viele Nachfolgeregelungen betreut habe. Da habe ich einige sehr schwierige Situationen gesehen und gelernt, es geht zwar auch um einen selber, aber viel mehr geht es um den Betrieb. Die 40 Jahre BTV waren für mich Lebenselixier, die 20 Jahre im Vorstand eine Berufung. Ich habe viele Lebenswerke gesehen, die binnen weniger Jahre zerstört wurden, weil man zu spät entschieden hat und dann kein Nachfolger da war. Am Ende des Tages geht es darum, dass man loslassen kann, mutig bleibt und dankbar ist.
Sie haben immer gesagt: „Ich habe die BTV immer so geführt, als ob sie mir gehört.“ War das auch die Bedingung an den Nachfolger, dass er das auch so sieht?
Gaugg: Gerhard Burtscher kommt aus einer Unternehmerfamilie wie ich und ich spüre bei ihm dieses Unternehmertum. Und es geht darum, dass man es will. Ich hab gesehen, dass er entscheidet, dass er sich traut, die Verantwortung zu übernehmen. Das ist die ideale Kombination. Wer hingetrieben wird, wird nie wirklich gut. Deshalb konnte ich mich auch lösen.
Sie haben heuer Hunderte Kunden besucht. Was nehmen Sie mit aus den Gesprächen?
Gaugg: Mit dem Tag der Entscheidung haben mir die Menschen, die mir nah sind, gratuliert. Das hätte ich nie erwartet. Sie haben gesagt, das ist die Chance deines Lebens, noch einmal einen anderen Schritt zu machen. Das war für mich die größte Überraschung. Es war also insgesamt ein tolles Jahr.
Sie bleiben der BTV weiterhin in anderen Funktionen erhalten. Ganz loslassen wollten Sie nicht?
Gaugg: Ich bleibe der Bank erhalten. Ich kümmere mich um die Beteiligungen wie die Silvretta Montafon. Der mehrheitliche Wunsch der Aktionäre der BTV ist es, dass ich in den Aufsichtsrat gehe und später das Präsidium übernehme. Das würde ich auch gerne machen. Es ist gut, eine völlig andere Aufgabe zu übernehmen, weil es nichts mit dem operativen Geschäft zu tun hat.
Was sind für Sie rückblickend die eindrücklichsten Momente Ihrer Karriere?
Gaugg: Die eindrücklichsten Momente in meinem Leben haben nichts mit dem Beruf zu tun. Das waren die Geburt meiner Söhne und der Tod meiner Eltern. Beruflich waren es oft ganz kleine Dinge, die etwas Besonderes auslösen. Es waren nicht die ganz großen Entscheidungen, sondern menschliche emotionale Erfahrungen. Den Menschen Hoffnung geben, sie spüren lassen, dass alles ernst und kein Selbstzweck ist. Ich war oft unbändig, habe von morgens bis abends gearbeitet, bin Tausende Kilometer gefahren. Aber es war mein Leben und das hat die Leute mitgezogen. Ich hab sie gefördert, aber auch gefordert.
Wie gelingt es, Mitarbeiter in Zeiten von Krisen mitzuziehen?
Gaugg: Ich hab den Leuten erklärt, dass es schwarze Schwäne gibt. Sie kommen zwar selten vor, aber es gibt sie. Das ist das Restrisiko, das bleibt. Wenn man ehrlich mit den Menschen umgeht, sind sie unglaublich bereit zu leisten und Verantwortung zu übernehmen. Ich glaube, das motiviert. Aber nur in dem Ausmaß, dass man ihnen die Sicherheit gibt, dass es ein Auffangbecken gibt.
Wie sind Sie mit schwierigen Situationen umgegangen, zum Beispiel beim Einstieg bei der Silvretta Montafon?
Gaugg: Ich hatte viel Widerstand im Montafon. Am Anfang wurde ich belächelt, daraus wurde ein Ignorieren und dann wurde ich bekämpft. Wenn man die drei Stufen durch hat, kann man danach die Menschen über Leistung gewinnen. Da sind wir auf einem guten Weg. Die Menschen sehen, dass es ehrlich gemeint ist.
Was haben Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg gegeben?
Gaugg: Er weiß, Wachstum ohne Gewinn geht nicht und umgekehrt auch nicht. Und er weiß, dass man kämpfen muss. Das Bankgeschäft hat Gerhard Burtscher im kleinen Finger. Er wird seinen Weg gehen und ich werde mich zurückhalten. Das wäre ein schwerer Fehler, wenn ich das störe.
Was tun Sie nun mit der dazugewonnenen Freizeit?
Gaugg: Ich habe mir nicht vorgenommen, gleich Urlaub zu nehmen und zu flüchten. Mein Jakobsweg war meine Bank. Es geht jetzt darum, an einem Dorf anzukommen. Das kann auch in mir sein, also innehalten und schauen, wo geht es hin. Ich möchte keine operative Funktion mehr. Aber ich möchte unternehmerisch bleiben, das Gelernte weitergeben.
Die größte Herausforderung für uns ist es, Mitarbeiter zu finden, die bereit sind, zu dienen und zu leisten.



asdf Foto: ???
Kennzahlen
BTV – Hochrechnung 31. 12. 2015
» finanzielle Vermögenswerte:
2,05 Mrd. Euro (-21,3 %)
» Eigenkapital: 1,15 Mrd. (+14,4 %)
» Bilanzsumme: 9,28 Mrd. (-3,3 %)
» betreute Kundengelder: 12,45 Mrd.
(+2,5 %)
» Jahresüberschuss vor Steuern:
167,7 Mill. Euro (+78,7 %)
» 37 Standorte in Tirol, Vorarlberg, Wien, der Schweiz und in Deutschland
» 770 Mitarbeiter
Zur Person
Peter Gaugg
Vorstandssprecher der BTV – Bank für Tirol und Vorarlberg
Geboren: 15.07.1960
Ausbildung: 1977 Bankausbildung in der BTV Wolfurt
Laufbahn: anschließende BTV-Stationen: BTV Bregenz, Revision, Filialleiter-Stellvertreter, Filialleiter, stellvertretendes Vorstandsmitglied (1994), Vorstandsmitglied (1996), Vorstandssprecher (1997); Vorstand verschiedener Privatstiftungen, Aufsichtsrat u. a. Moser Holding Aktiengesellschaft, Silvretta Montafon GmbH
Familie: Vater von drei Söhnen