„Ulmer-Übernahme war Riesenherausforderung“

Wolfurt. Wolfgang Blum ist seit 40 Jahren bei Haberkorn, seit zwölf Jahren als Vorstandsvorsitzender. Im Interview spricht er über die Ulmer-Übernahme und welche Herausforderungen noch warten.
Sie sind seit 40 Jahren bei Haberkorn, kennen den Betrieb in- und auswendig. Was waren für Sie die größten Veränderungen, die das Unternehmen in der Zeit durchgemacht hat?
Blum: Die größte Veränderung war sicher damals, als wir die Firma Ulmer übernommen haben. Haberkorn war ein mittelständischer technischer Händler mit 80 Millionen Euro Umsatz und 400 Mitarbeitern. Im Zuge der Akquisition im Jahr 2003 haben wir ein Unternehmen in derselben Größenordnung übernommen. Das war eine riesige Herausforderung und hat uns in eine andere Liga katapultiert. Die Integration war für Haberkorn der bedeutendste Meilenstein.
Hatten Sie in dieser Zeit jemals Zweifel daran, ob das klappen würde?
Blum: Ich war sehr optimistisch und positiv gestimmt. Aber ein gewisses Restrisiko ist in jedem Geschäft dabei. Die Frage ist immer, gelingt es, die Unternehmenskultur einzubinden und die Mitarbeiter abzuholen. Zweifel hatte ich nie, aber einen großen Respekt vor der Sache. Haberkorn hat zuvor immer kleinere Firmen übernommen, so ein großes Unternehmen wie Ulmer noch nie. 50 Prozent der Akquisitionen erfüllen nicht die Ziele, die man sich erwartet. Die Ulmer-Übernahme ist aber mehr als gelungen. Von den Menschen bis zu den betriebswirtschaftlichen Zahlen ist es eine einzige Erfolgsstory.
Sie haben in der Vergangenheit viele Firmen erfolgreich integriert – große wie kleine. Was ist bei einer Übernahme besonders wichtig?
Blum: Besonders wichtig ist, dass die Unternehmen zusammenpassen, dass die Übernahme das Kerngeschäft stärkt und dass eine Substanz da ist, von der aus man etwas entwickeln kann.
Haberkorn wurde durch Sie von einem inhaber- zu einem fremdgeführten Unternehmen. Trotzdem konnten Sie den Charakter eines Familienunternehmens bewahren. Wie ist Ihnen das gelungen?
Blum: Ich bin seit 40 Jahren dabei und mein Vater war ebenfalls bei Haberkorn. Dadurch kenne ich die Familie Haberkorn und bin mit der Firma aufgewachsen. Ich habe die Werte und Grundsätze des Unternehmens kennengelernt und transportiere diese mit meinem Führungsteam weiter. Das heißt: solide Finanzen, bescheiden bleiben und den Menschen als einen ganz wichtigen Faktor sehen. Die Ertragssituation ist zwar ein Kriterium, aber wenn sich zudem die Mitarbeiter wohlfühlen, hilft das allen.
Ist diese Wertehaltung auch der Grund, wieso Haberkorn regelmäßig Preise und Auszeichnungen erhält?
Blum: Nachhaltiges Handeln ist ein wichtiger Wert, genauso wie der bewusste Umgang mit Mitarbeitern und Ressourcen. Das haben wir immer sehr gepflegt und weiterentwickelt. Durch „Great Place to Work“ können wir schauen, ob unsere Botschaften bei den Mitarbeitern ankommen. Das lassen wir uns gerne bestätigen, aber genauso werden wir dadurch darauf hingewiesen, wo unsere Schwachstellen sind.
Wo sehen Sie künftig die Herausforderungen für Sie als technischen Händler?
Blum: Das eine ist die Digitalisierung. Amazon möchte auch in den technischen Handel. In den USA haben sie bereits damit begonnen, in das B2B-Geschäft einzusteigen. In Europa wird auch eine Schiene aufgebaut. Sich dem zu stellen, ist eine wesentliche Herausforderung. Um das meistern zu können, braucht es eine gewisse Unternehmensgröße. Das ist auch der Grund, wieso wir uns ständig weiterentwickeln. Bis 2018 möchten wir 500 Millionen Euro Umsatz haben, um das Unternehmen langfristig abzusichern. Das zweite ist das Thema Personal. Die richtigen Mitarbeiter zu finden, ist nicht leicht, weil der Kampf um die Talente immer größer wird. Darum ist es wichtig, sich als Arbeitgeber gut zu positionieren. Zudem haben wir ein breites, komplexes Sortiment. Die Produkte so zu managen, dass am Ende des Tages noch Geld übrigbleibt, ist eine große Herausforderung für uns.
Sie haben nach dem Studium bei Haberkorn begonnen, sind seit zwölf Jahren Vorstandsvorsitzender. Hatten Sie nie das Bedürfnis, in einer anderen Firma zu arbeiten?
Blum: Am Anfang wollte ich eigentlich zu einem großen internationalen Konzern. Ich habe eine Möglichkeit gesucht, neben meinem Doktorat, Praxiserfahrung zu sammeln und da hat mir Haberkorn das attraktivste Angebot gemacht. Über die Jahre habe ich dann immer spannende Aufgaben bekommen, sodass ich hier hängen geblieben bin. Natürlich mit Höhen und Tiefen, denn es ist nicht immer nur nach oben gegangen. Es gab auch harte Zeiten, in denen ich mir überlegt habe, mich am Arbeitsmarkt umzuschauen. Aber es haben sich dann immer interessante Perspektiven ergeben.
Bis 2018 möchten wir 500 Millionen Umsatz haben, um das Unternehmen langfristig abzusichern.

Kennzahlen
» Gegründet: 1932
» Umsatz 2014: 288 Millionen Euro, Hochrechnung 2015: 327 Millionen Euro
» Mitarbeiter: 1300 (gesamt), Österreich 800, Vorarlberg 330
» Lehrlinge: 42
» Internationale Märkte: Bulgarien, Deutschland, Kroatien, Polen, Schweiz, Serbien, Slowenien, Slowakei, Tschechien, Ungarn
Zur Person
Dr. Wolfgang Blum
Vorstandsvorsitzender der Haberkorn Holding AG in Wolfurt
Geboren: 6. 7. 1952
Ausbildung: Studium Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule für Welthandel in Wien: 1975 Magister, 1977 Doktorat
Laufbahn: 1975: Eintritt bei Haberkorn als Trainee in Wien; ab 1978 Wechsel nach Bregenz (Marktaufbau Schweiz, Produktgruppenmanager, regionaler Verkaufsleiter Tirol/Vorarlberg, Geschäftsführer diverser Tochtergesellschaften); 2000: Vorstand Haberkorn Holding AG; 2003: Vorstandsvorsitzender
Familie: verheiratet, zwei Kinder