„Zu wenig Beamte für Kontrolle“

Markt / 27.01.2016 • 19:43 Uhr
Martin Bösch und Hans Roth: Wenn schon Vorschriften, dann auch entsprechende Kontrollen. Foto: VN/sca
Martin Bösch und Hans Roth: Wenn schon Vorschriften, dann auch entsprechende Kontrollen. Foto: VN/sca

Die Entsorgungswirtschaft klagt über immer mehr Gesetze. Positive Signale in Vorarlberg.

Schwarzach. (VN-sca) Niedrige Rohstoffpreise, viele Vorschriften: Die Entsorgungswirtschaft kämpft derzeit an mehreren Fronten. Die Rohstoffpreise sind schwer zu beeinflussen, auf die Gesetzgebung will man durch Verhandlungen mit den entsprechenden Regierungsmitgliedern Einfluss nehmen, so Präsident Hans Roth und Regionalobmann Martin Bösch vom Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VÖB) bei ihrem Besuch in der VN-Redaktion.

Best- statt Billigstbieter

Als Erfolg wertet es Roth, dass man zusammen mit dem Österreichischen Gemeindebund einen Musterkatalog für die Auftragsvergabe in der kommunalen Entsorgung entwickelt habe, der die Qualitätskriterien besser berücksichtige. „Der Preis wird in Zukunft mit maximal 70 Prozent bewertet, die Qualität erhält mehr Gewicht.“ Dabei gehe es um die technische Ausstattung der Bieter, um nachhaltiges Recycling, um ökologische und soziale Standards, so Roth. Vorarlberg habe die Empfehlungen des Gemeindebundes getoppt, spricht Bösch dem Umweltverband im Lande Lob aus: Statt 70/30 folgt man in Vorarlberg der Empfehlung 40/60. Berücksichtigt seien, so der Entsorgungsfachmann, die Minimierung der Transportkilometer, die Technologien und sogar die Entlohnung der Mitarbeiter. „Das ist eine echte Kehrtwende vom Billigstbieterprinzip, eine große Chance für die Betriebe in der Region“, so Bösch.

Gar keine Freude haben die Entsorger mit der Bauschuttverordnung, die seit Jahresbeginn in Kraft ist. Österreich habe schon bisher eine außerordentlich hohe Recyclingleistung erbracht. Durch die neuen Vorschriften sei aber die gesamte Verwertung infrage gestellt.

Deponietourismus

Der Schutt soll nach Bearbeitung wieder in den Kreislauf gelangen, doch die Auflagen, die nun zu erfüllen sind, führen dazu, dass das recycelte Material teurer ist als das Naturmaterial. Das könne dazu führen, dass manche Firmen schummeln, vermuten die beiden Entsorger. Ganz abgesehen davon, dass ausländische Marktteilnehmer den Bauschutt mitnehmen. „Und dann weiß man nicht, was sie damit machen.“ Die Stichworte Deponietourismus und -dumping stehen im Raum. Zurück an den Start, verlangt deshalb Roth. Außerdem: „Für die Kontrolle der neuen Gesetze fehlen die entsprechenden Beamten.“

Überhaupt verschwinden Unmengen an Müll jedes Jahr irgendwo im Ausland. Roth spricht von 25.000 Tonnen Elektroschrott und 150.000 Autos. Deshalb sei das europäische Abfallkreislaufgesetz so wichtig. „Es kann nicht sein, dass nur ganz wenige Staaten höchste Standards haben“, betont der Interessenvertreter. Ein solches Gesetz wäre für die Entsorgungswirtschaft auch deshalb eine große Chance, weil sie ihr Know-how exportieren könnte. Derzeit landet aber noch jede dritte Tonne Abfall in Europa auf der Deponie. So lange die Gesetzeslage so ist und die Rohstoffpreise am Boden bleiben, werde es in Sachen Wiederverwertung schwierig bleiben. Derzeit ist Stahl aus China billiger als das recycelte Material aus Europa.

„Rekommunalisierung“

In der Branche gibt es außerdem Befürchtungen angesichts einer Rekommunalisierung der Entsorgung. Man habe bewiesen, dass man effizient entsorge. Lieber solle man über Kooperationen nachdenken, wie sie z. B. Lustenau mit der Firma Häusle getroffen habe. „Hier wird die Infrastruktur des Entsorgers genutzt und die Gemeindekasse geschont.“