Ein Ausblick mit Fragezeichen

Markt / 29.01.2016 • 22:17 Uhr
IV-Geschäftsführer Mathias Burtscher (r.) und WKV-Spartengeschäftsführer Michael Amann. VN/hartinger
IV-Geschäftsführer Mathias Burtscher (r.) und WKV-Spartengeschäftsführer Michael Amann. VN/hartinger

Vorarlberger Industrie zeigt sich aktuell stabil. Für das nächste halbe Jahr ist allerdings Zurückhaltung angesagt.

Dornbirn. (VN-reh) 47 Vorarlberger Industriebetriebe mit insgesamt 23.348 Beschäftigten sind sich einig: Die aktuelle Geschäftslage und die Ertragssituation sind stabil. Der Grund für den leichten Optimismus ist neben den günstigeren Rohstoffpreisen bei Stahl oder Öl vor allem der Export. 69 Prozent der Betriebe freuen sich derzeit über eine gute Auftragslage aus dem Ausland. Das ist der beste Wert der letzten fünf Jahre. Heuer soll bei den Auslandsgeschäften erstmals die 9-Milliarden-Euro-Marke überschritten werden. Wichtig wird dabei vor allem eines sein – breit aufgestellt zu sein. Denn die Turbulenzen in China und die Sanktionen in Russland bringen deutliche Einbußen mit sich.

Hauptträger der aktuell guten Konjunktur ist die Maschinen- und Metallindustrie. Auch die Elektro- und Elektronikindustrie befindet sich auf hohem Niveau. In den Betrieben der Lebensmittelindustrie sorgt die hohe Konzentration im Lebensmittelhandel für eine negative Ertragssituation. Die Textiler sind solide aufgestellt, allerdings auf niedrigerem Niveau.

Verhaltener werden die Unternehmen allerdings, wenn sie an die nächsten sechs Monate denken. Grund sind die Belastungen aus dem politischen und wirtschaftlichen Umfeld. Die Verkaufspreise stehen weiterhin unter Druck, eine hohe Exporttätigkeit bedeutet einen höheren Wettbewerb. Jeder Dritte erwartet deshalb fallende Preise. Denn die gestiegenen Kosten können nicht zur Gänze an die Kunden weitergegeben werden. Man muss also noch produktiver werden als ohnehin schon.

Wettbewerbsfähigkeit hinkt

Michael Amann von der Wirtschaftskammer und Mathias Burtscher von der Industriellenvereinigung sehen also in vielerlei Hinsicht Handlungsbedarf. Auch wenn sich die Lage aktuell als stabil darstelle, belasten steigende Gebühren, bürokratische Auflagen, die nach wie vor hohe Steuerbelastung und die immer noch mangelnde Flexibilität beim Arbeitszeitgesetz, die Unternehmen ganz enorm. Die gesunkene Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Vorarlberg muss wieder gesteigert, weitere Belastungen für die Betriebe abgewendet werden, so die Forderung. Denn diese führen letztlich zu einer sinkenden Produktivität. Ein deutlicher Nachteil, wenn man sich als exportierendes Unternehmen täglich dem internationalen Wettbewerb stellen muss.

Bürokratiemonster

Und natürlich heißt die Lösung Bürokratieabbau. So oft wie das Wort mittlerweile gebraucht wird, könnte man doch meinen, dass die Politiker es noch im Schlaf hören. Aber es ist noch ein weiter Weg. Dabei hätten Amann und Burtscher eine einfache Maßnahme mit großer Wirkung auf Lager, um zumindest der andauernden Zurückhaltung bei den Investitionen entgegenzuwirken. Die schrittweise Senkung der Körperschaftssteuer von derzeit 25 auf 20 Prozent. Denn wo keine Investitionen stattfinden, da sei auch kein technischer Fortschritt. Letztlich sei die mit einer Milliarde Euro höchste Lohnnebenkostensenkung seit Jahrzehnten nur eine erste Stufe, der weitere Maßnahmen folgen müssen.

HTL-Ausbildung wichtig

Weniger werde auch das finanzielle Engagement des Bundes für die HTL-Ausbildung im Land, kritisieren Amann und Burtscher. Die meisten Investitionen würden heute von Industrie und Land getätigt. Entscheidend sei nun, dass sich die drei Vorarlberger HTL-Standorte gemeinsam und nicht nebeneinander entwickeln, da die Technologien immer stärker miteinander verwoben sein werden. In der HTL Dornbirn sei man mittlerweile auf einem guten Weg in Richtung technische Textilausbildung. Das entspreche auch der marktökonomischen Realität. Man könne schließlich nicht ausbilden wie vor 30 Jahren.

Die Russland-Sanktionen müssen neu bewertet werden.

Mathias Burtscher

Ein Senkung der KÖSt wäre eine Maßnahme mit starker Wirkung.

Michael Amann