„Es gibt keine Intention, in Quartalen zu denken“

Feldkirch. Bernhard Zangerl ist Geschäftsführer von Bachmann electronic. Im Interview spricht er darüber, wieso heute ein gutes Produkt allein zu wenig ist und wie sich interne und öffentliche Wahrnehmung oft unterscheiden.
2015 gab es viel Rückenwind für Bachmann, der Umsatz stieg um 13 Prozent auf 68 Millionen. War angesichts der weltweiten konjunkturellen und politischen Lage damit zu rechnen?
Zangerl: Wir waren über unserem eigenen Plan, wir haben mit zehn Prozent Plus gerechnet. Innerhalb des Maschinenbaus wachsen die Hightech-Anlagen überproportional. Tendenziell wird viel automatisiert. Unter dem Begriff Industrie 4.0 kommen so Schlagworte wie Vernetzung zum Tragen. Insofern war es nicht so überraschend. In den beiden Energiesparten sind die politischen Rahmenbedingungen so, dass mittel- und langfristig weiteres Wachstum zu erwarten ist. Die Energiewende wird stattfinden. In der Sparte Maritim sind wir völlig gegen den Trend gewachsen. Denn die Schiffsbranche ist im Moment ziemlich im Keller. Wir punkten dort mit neuartigen Lösungen und bringen viel Innovation in eine eigentlich konservative Branche. Insofern war das Gesamtergebnis nicht überraschend.
Das heißt, Sie gehen auf die Kunden mit Lösungen zu?
Zangerl: Zum einen versuchen wir, genau hinzuhören, wo der Schuh drückt und Lösungen zu entwickeln. Zum anderen haben wir innovative Produkte, die wir potenziellen Kunden vorstellen. Man sollte das langfristige Strategieziel nicht aus den Augen verlieren, kurzfristig sollte man aber eine gewisse Flexibilität haben. Traditionell hat man versucht, gute Produkte zu verkaufen. Heute geht es stark in Richtung Lösungen und Dienstleistung. Das haben wir in den letzten Jahren ganz gezielt ausgebaut. Es ist zu wenig, nur ein tolles Produkt zu haben. Man braucht heute ein Gesamtpaket.
Im Bereich Wind konnte die führende Marktposition in China und Indien weiter ausgebaut werden. Hat sich das temporäre Sorgenkind China also wieder gut erholt?
Zangerl: Das hat sich komplett stabilisiert. 2012 haben sich zwei Effekte kumuliert. Der Markt in China ist etwas in die Knie gegangen. Man hat wahnsinnig viele Windturbinen aufgebaut, aber die Infrastruktur hat gefehlt. Da hat die Regierung die Bremse angezogen. Das war aber vorhersehbar. Das ist zusammengekommen mit einem Konflikt eines unserer größten Kunden mit seinem Endkunden. Bei ihm ist die Kurve von 15 Millionen Euro auf Null gefahren. Diese zwei Effekte haben das Geschäftsjahr 2012 vermiest. Aber ab Mitte 2013 ist es wieder nach oben gegangen. Für heuer rechnen wir mit zehn Prozent Plus. Die letzten zehn Jahre waren, bis auf den Ausreißer nach unten, die erfolgreichsten in der Firmengeschichte.
Wird also die Marke des Rekordumsatzes 2010 mit 70,4 Millionen heuer fallen?
ZAngerl: Heuer werden wir ihn knacken. Wachsen wollen wir in allen Branchen, dabei sind die Energiesparten durch die Energiewende etwas bevorzugt. Das Rekordjahr 2010 war ein Ausreißer nach oben. Der eben angesprochene Kunde hat Bestellungen platziert, wo wir kaum wussten, wie wir das produzieren sollen. Das hat das Jahr maßgeblich beeinflusst. Wenn es Ausreißer nach unten gibt wie 2012, ist das zwar nicht schön, aber kurzfristig nicht so wichtig, wenn es insgesamt in die richtige Richtung geht. Wir sind finanztechnisch stabil aufgestellt, es gibt also keine Intention, in Quartalen zu denken. Wir haben den Luxus, dass wir längerfristig agieren können.
Mit dieser extremen Fokussierung auf Forschung & Entwicklung brauchen Sie auch hoch spezialisierte Fachkräfte. Wahrscheinlich kein leichtes Unterfangen, oder?
ZAngerl: Wir investieren viel Geld in Forschung und Entwicklung, zwischen 15 und 20 Prozent des Umsatzes. In der Anwendungsentwicklung in Feldkirch sitzen 90 Mitarbeiter, zusätzlich zehn Applikationsentwickler in Österreich. Weltweit kommen noch einmal 50 dazu. Die üblichen Probleme, erfahrenes Personal zu finden, haben wir natürlich auch. Wir haben im Jahr rund 1000 Bewerber. Nichtsdestotrotz: Hoch spezialisierte Spezialisten finden wir schon, aber wir tun uns tendenziell schwer. Die will jeder haben. Es wird also gefühlt nicht leichter.
Inwieweit schweben heute noch die schwierigen Jahre, speziell 2012, als Kurzarbeit angemeldet wurde, in der Betriebsluft?
ZAngerl: Bei uns im Unternehmen definitiv nicht, hausintern ist das kein Thema mehr, die Stimmung ist super. Wir haben in der Zwischenzeit wieder super Geschäftsjahre hingelegt. Wir haben damals auch fast alle Mitarbeiter gehalten, es gab nur keine Neueinstellungen und Nachbesetzungen. In der Wahrnehmung von außen halten negative Meldungen aber unheimlich lange an. Im Vergleich zu dem, was intern passiert ist, war das öffentliche Bild ungleich größer.
Wachsen wollen wir in allen Branchen. Die Energiesparten sind durch die Energiewende bevorzugt.

Kennzahlen
» Gegründet: 1970
» Gesellschafter: Gerhard Bachmann
» Geschäftsführung: Bernhard Zangerl, Werner Elender
» Umsatz 2015: 68,3 Millionen Euro (+13 %)
» Investitionen: 1,5 Mill. Euro
» Export: 98 %
» Beschäftigte in Vbg.: 314, an anderen Standorten 122
» Niederlassungen in anderen Ländern: 7
Zur Person
Bernhard Zangerl
Geschäftsführer Bachmann electronic GmbH, Feldkirch
Geboren: 24. Mai 1966
Ausbildung: Ausbildung zum Nachrichtentechniker
Laufbahn: Tätigkeit bei Hirschmann (Entwicklung, Projektleitung, Abteilungs- und Entwicklungsleitung); drei Jahre bei einem Start-up-Unternehmen in Dornbirn; zurück zu Hirschmann (die Multimedia-Sparte wurde an US-Konzern Harris verkauft), dort Entwicklungsleiter und Geschäftsführer, zuständig für europäische Standorte; im Jahr 2006 zu Bachmann electronic, seit 2008 Geschäftsführer