„Ich mag diese ständige Bevormundung nicht“

Markt / 26.02.2016 • 19:31 Uhr
Ursula Uecker vertritt seit vielen Jahren mit Leib und Seele die Interessen der Vorarlberger Tabaktrafikanten.  Fotos: VN/Paulitsch
Ursula Uecker vertritt seit vielen Jahren mit Leib und Seele die Interessen der Vorarlberger Tabaktrafikanten. Fotos: VN/Paulitsch

Hard. Ursula Uecker vertritt die Interessen der Vorarlberger Trafikanten. Im Interview spricht sie über die Herausforderungen, mit denen die Branche zu kämpfen hat, über die Sinnhaftigkeit von Rauchverboten und wieso Trafiken nach wie vor nach sozialen Kriterien vergeben werden.

Sie arbeiten in einer Branche, der es die Politik in den letzten Jahren sehr schwer gemacht hat. Fühlen Sie sich eigentlich als Spielball der Interessen?

Uecker: Manchmal empfinde ich es so wie beim Schach spielen. Es kommt ein Gesetzesentwurf oder eine Idee der EU, die man im Land umsetzen muss. Österreich muss dann aber immer der Musterschüler sein und setzt noch eine Schaufel drauf. Oft ist es zu perfektionistisch. Es sind Maßnahmen, bei denen nicht fertig gedacht wird, was das für Konsequenzen hat. Wir sind die letzten in der Kette und müssen das tun, was die anderen sagen. Wir an der Basis fragen uns schon oft auch, ob wir so weiterbestehen können und wohin unser Weg führt.

Ist es eigentlich schwerer, in der Öffentlichkeit für die Sache der Raucher einzutreten, wenn man selbst gar nicht raucht?

Uecker: Nein, überhaupt nicht. Ich habe nie geraucht, aber es ist eine Entscheidung, die jeder Mensch selbst treffen muss. Ich mag diese ständige Bevormundung nicht, weil ich denke, dass das dann auch immer mehr in andere Lebensbereiche überschwappt.

Inwieweit wirken sich Rauchverbote in der Gastronomie auf die Geschäfte der Trafikanten aus?

Uecker: Wir merken das eigentlich nicht. In der Vergangenheit war es immer so, dass trotzdem weiter geraucht wurde. Die Gastronomen trifft das sicher mehr als uns. Ich glaube, es wird eine Verlagerung geben. Man wird mehr zu Hause bleiben. Dass in Speiselokalen nicht geraucht wird, ist gut, aber in Bars oder Diskotheken ist das für die Stimmung nicht positiv. Für mich ist das sehr gesellschaftsfeindlich.

Die Erweiterung der Lotto-Annahmestellen auf Tankstellen hat die Branche erzürnt. Vor allem, weil die Trafiken durch das Öffnungszeitengesetz gebunden sind. Haben Sie dadurch an Geschäft eingebüßt?

Uecker: Natürlich, der Kuchen ist neu aufgeteilt worden. Die Lotterien sind ein Unternehmen, das Gewinne erwirtschaften will. Und Tankstellen haben oft 24 Stunden und sieben Tage die Woche geöffnet. Wir Trafikanten haben aber über viele Jahre das Lotto mit aufgebaut und mitgetragen und wir waren immer der wichtigste Partner. In Hard gab es früher drei Annahmestellen, heute sind es sechs. Es wird aber insgesamt nicht mehr Umsatz lukriert.

Was kommt mit der EU-Tabakrichtlinie, bei der es unter anderem um die Vereinheitlichung von Zigarettenverpackungen geht, auf die Trafiken zu?

Uecker: Seit 1. Jänner gibt es nur noch zwei Verpackungsgrößen, also Packungen mit 20 oder 25 Stück. Es ist alles ganz genau definiert und reglementiert. Das Nächste ist, dass gewisse Inhaltsstoffe wie Menthol verboten werden. Ab Mitte des Jahres kommen dann die Schockbilder. Wahrscheinlich wird hier aber mit der Zeit ein Gewohnheitseffekt eintreten.

In Vorarlberg ist das Führen einer Tabaktrafik an strenge Vergabekriterien gebunden. Früher wurden Kriegsinvalide bevorzugt, heute Menschen mit einer Behinderung oder enge Verwandte mit langjähriger Berufspraxis. Würde es ohne diese sozial motivierten Richtlinien nicht funktionieren?

Uecker: Es ist eher die Tendenz, dass diese Richtlinien künftig noch strenger gehandhabt werden. Es gibt zwei Möglichkeiten, eine Trafik zu bekommen. Entweder in der Familiennachfolge, so wie es bei mir war. Da muss man aber viele gesetzliche Auflagen erfüllen. Das dauert fünf Jahre, in denen man einen ganzen Katalog abarbeiten muss. Oder es wird eine Trafik ausgeschrieben, bei einer Nachfolge oder einer Neuerrichtung. Da können sich behinderte Menschen bewerben. Seit ich Obfrau bin, haben wir einige Trafiken neu vergeben und das ist ein Aspekt in meinem Job, der mir sehr gefällt. Es ist unglaublich, mitzuerleben, wie ein Mensch nach einem Motorradunfall oder einem Schlaganfall dadurch neuen Lebensmut bekommt, eine unglaubliche Energie entwickelt und das Geschäft toll führt. Der Grundgedanke ist wirklich gut und ist mit ein Grund, wieso ich mich gerne für die Tabaktrafikanten einsetze.

Sie versuchen seit Jahren auch vermehrt, junge Menschen für den Beruf zu begeistern. Wie ist das Interesse am Lehrberuf?

Uecker: Es gibt Interesse am Beruf und das Feedback der Lehrlinge ist sehr positiv. Bei uns ist es irrsinnig abwechslungsreich. Wir sind Nahversorger und manchmal auch wie ein Kummerkasten. Bei uns findet sehr viel sozialer Kontakt statt. Das gefällt den jungen Menschen. Das Manko bei uns ist nur, dass nach der Ausbildung keine Karriere möglich ist. Durch die Vergabekriterien gibt es quasi keine Aufstiegsmöglichkeiten. Gleichzeitig ist es für viele Jugendliche aber ein guter Start ins Berufsleben.

Uns Trafikanten ist der Jugendschutz extrem wichtig. Da sind wir fast schon wie Polizisten.

„Viele Menschen wissen gar nicht, wie groß eigentlich das Sortiment der Trafiken ist“, so die Fachgruppenobfrau im VN-Gespräch.
„Viele Menschen wissen gar nicht, wie groß eigentlich das Sortiment der Trafiken ist“, so die Fachgruppenobfrau im VN-Gespräch.

Kennzahlen

Trafiken in Vorarlberg

» Fachgeschäfte:
74 (Österreich: 2483)

» Verkaufsstellen:
185 (Österreich: 3653)

» Mitarbeiter: ca. 250

» Durchschnittsumsatz: 1,2 Mill. € für Fachgeschäfte, knapp 400.000.-€ für Verkaufsstellen an Tankstellen und im Gastgewerbe

Zur Person

Ursula Uecker

Selbstständige Trafikantin und Obfrau der Fachgruppe der Tabaktrafikanten in Vorarlberg

Geboren: 9. April 1968

Ausbildung/Laufbahn: Nach der Handelsakademie Tätigkeit bei einer Bank; 1998 Einstieg in die Trafik ihrer Mutter in Hard, am 1.1.2003 konnte sie das Geschäft offiziell übernehmen; seit 2002 auch im Ausschuss der Fachgruppe der Tabaktrafikanten, seit 2008 deren Obfrau; im Bundesgremium zudem zuständig für den Bereich Glücksspiel

Familie: zwei Kinder, in einer Partnerschaft