Absage an teureren Diesel

Umweltminister will Ende des Steuervorteils für Diesel. Verkehrs- und Energiebranche sieht große Probleme.
Schwarzach. (VN-reh) Steuererhöhungen sorgen traditionell für Unmut. Wenn es dann noch die breite Masse der Bevölkerung betrifft, umso mehr. So wie aktuell die Forderung von Umweltminister Andrä Rupprechter nach einem Ende des Steuervorteils für Dieselfahrzeuge. Schließlich verfügen 57 Prozent aller in Österreich zugelassenen Autos über einen Dieselantrieb. Während viele in der Diskussion den Umweltgedanken im Vordergrund sehen, orten verschiedene Interessenvertreter große Probleme in einer Mineralölsteuererhöhung.
„Österreich hat beim Pkw auf Kilometer gerechnet bereits jetzt die zweithöchste Abgabenquote in der EU. Es wäre unverantwortlich, in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation noch weiter an der Steuerschraube zu drehen“, kritisiert Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung, und sieht auch soziale Probleme in einer Erhöhung der Mineralölsteuer auf Diesel. Über 90 Prozent der Haushalte mit Kindern und beinahe 95 Prozent der Haushalte in Orten unter 10.000 Einwohnern haben ein Auto. Die Erhöhung von Dieselkosten sei daher eine Massensteuer. Für Tausende Österreicher mit geringem Einkommen, die oft gebrauchte Dieselfahrzeuge fahren, sei es kein Angebot, wenn man ihnen sage, sie sollen sich einen Elektro-Kleinwagen um 20.000 Euro kaufen, weil dieser mit 3000 Euro gefördert wird.
Kritik kommt auch vom Obmann der Bundessparte Transport und Verkehr, Alexander Klacska. Er sieht in der Verteuerung von Diesel an der Zapfsäule ebenfalls eine Massenbesteuerung. Das betreffe nicht nur die Durchschnittsfamilie, sondern auch die Transporteure. Schließlich seien alternative Antriebe in Lkw und Bussen anstatt des Dieselmotors derzeit nicht in der Breite einsetzbar. Höhere Steuern auf Diesel wären letztlich nur höhere Kosten für die Steuerzahler, ohne Lenkungseffekte.
Große Probleme würde eine Dieselverteuerung auch den Tankstellen bereiten. In Anbetracht der anhaltend niedrigen Zapfsäulen-Margen, die zu den niedrigsten in Europa zählen, würde
eine Mineralölsteuererhöhung eine weitere Belastung und für einige Tankstellen im Land sogar das Aus bedeuten. Besonders gefährdet seien Standorte in Grenznähe sowie privat geführte Tankstellen, erklärt Egon Reiner, Obmann des Vorarlberger Energiehandels, im VN-Gespräch. Denn vor allem die Tanktouristen aus Deutschland und der Schweiz würden dann ausbleiben. Immerhin nimmt der österreichische Staat derzeit rund eine Milliarde Euro durch ausländische Tankkunden ein. Die Branche fürchtet, dass eine Steuererhöhung die knappen Verdienstmöglichkeiten der Tankstellen zusätzlich schmälern würde. Denn mit einer Steuererhöhung würde sich die Diesel-Absatzmenge reduzieren, so Reiner, wodurch der Staat letztlich auch nicht mehr einnehme.
„Melkkühe der Nation“
Ebenso betroffen von der Diskussion ist der Fahrzeughandel. Dieser fordert statt der Erhöhung der Mineralölsteuer die Wiedereinführung der Ökoprämie, mit der neben Steuereinnahmen und einer Ankurbelung der Wirtschaft gleichzeitig ein Beitrag zu Umweltschutz, Sicherheit und Komfort geleistet werden könne. Jedenfalls, so Jürgen Roth, Vizepräsident der Wirtschaftskammer Österreich, dürfe es bei allem Verständnis für Visionen, Österreich noch klimafreundlicher zu machen, nicht zu „kontraproduktiven Hüftschüssen“ kommen. „Eine Erhöhung der Mineralölsteuer bei den Melkkühen der Nation – den Autofahrern bzw. dem Verkehr – ist da keine Lösung.“
Eine Mineralölsteuererhöhung wäre eine große Belastung.
Egon Reiner
Margen
Branchenvertreter verweisen seit Jahren auf die kritische Situation bei den Tankstellen-Margen. Laut dem jüngstem Europavergleich von Wood Mackenzie weist Österreich bei Eurosuper die zweitniedrigste Marge auf, bei Diesel die viertniedrigste. Im 1. Halbjahr sank die durchschnittliche Bruttomarge bei Eurosuper in Österreich auf 9,48 Cent pro Liter, bei Diesel auf 9,44 Cent. Von der Bruttomarge müssen Kosten für Transport, Investitionen, Betrieb, Instandhaltung und Pächterprovision beglichen werden.