Betriebe sind Lehrlingen “treu”

Markt / 01.09.2016 • 22:18 Uhr
Die Neuen bei Rhomberg Bau: Ibrahim Düzgen, Manuel Ivanovic, Muchammad Soltamuradov, Patricia Rist, Leon Achberger, Baris Yildiz-Schmid.
Die Neuen bei Rhomberg Bau: Ibrahim Düzgen, Manuel Ivanovic, Muchammad Soltamuradov, Patricia Rist, Leon Achberger, Baris Yildiz-Schmid.

Ausbildungsbetriebe halten an Lehrverträgen fest. Das zeigt die Statistik der Lehrlingsstellen.

Schwarzach, Wien. (VN-sca) Der Arbeitsmarkt ist angespannt, die Arbeitslosenzahlen sind auf hohem Stand, auch wenn sie mit Ende August merkbar zurückgegangen sind (siehe unten). Doch nach qualifizierten Fachleute, so betonen  Arbeitsmarktservice (AMS) und Firmen, ist die Nachfrage nach wie vor groß. Aber es kommen weniger Fachkräfte nach, als gebraucht werden, denn die Zahl der Lehrlinge ist seit 2009 auch im Vorzeige-Ausbildungsland Vorarlberg zurückgegangen: Von 8147 im Jahr 2009 auf 7225 im Jahr 2015. Österreichweit ging die Zahl von 131.676 auf 109.963 zurück.

Zu wenige Lehrlinge

Mit 1. September wurden 1172 Lehrverträge bestätigt, es könnten aber noch einige mehr werden, so die Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer. Zahlreiche Betriebe haben heuer aber keine Auszubildenden gefunden, so Stellenleiter Christoph Jenny. Er führt dies zu einem guten Teil auf die Demographie zurück, denn es gibt einfach weniger Jugendliche und viele ziehen die Schule der dualen Ausbildung vor. Da half auch der im vergangenen Herbst abgehaltende Lehrlingsgipfel nicht wirklich. Der sollte dazu dienen, das Image der Lehre zu stärken und qualitätssteigernde Maßnahmen zu setzen.

Zugenommen hat in den vergangenen Jahren die Zahl der Lehrabbrüche: In Vorarlberg haben in den Jahren 2009 bis Mitte 2016 12.087 junge Menschen eine Lehre begonnen, aber nur 8190 haben sie auch im selben Betrieb oder überhaupt beendet, das sind rund zwei Drittel aller Lehrlinge. Abgebrochen wurde die Ausbildung in fast 100 Prozent der Fälle von den Jugendlichen selbst und nicht, wie von Arbeitnehmer-Vertretern befürchtet, von den Unternehmen. Diese stehen treu zu den ihnen anbefohlenen Lehrlingen, wie die amtlichen Zahlen zeigen.

Mit der Änderung des Berufsausbildungsgesetzes im Jahr 2008 wurde nämlich die Möglichkeit zu außerordentlichen Auflösungen von Lehrverhältnissen geschaffen. Die Regierung wolle damit ausdrücklich „keinen Spielraum für Willkür öffnen“, aber das Vertrauen der Betriebe in die Möglichkeit stärken, nachteilige Entwicklungen in der Ausbildung korrigieren zu können, hieß es damals. „Die Auflösung eines Lehrverhältnisses soll nur zu bestimmten Zeitpunkten und nach einem Mediationsverfahren möglich sein.“

Das Gesetz ist seit acht Jahren in Kraft, nun lässt sich seriös feststellen, ob die Möglichkeit zur Auflösung eines Lehrverhältnisses von den Betrieben über Gebühr in Anspruch genommen wurde. Um es kurz zu machen: Sie tun es nicht, wie die Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Dornbirner Neos-Abgeordneten Gerald Loacker im Nationalrat zeigt. In Vorarlberg ist das seit 2010 nicht mehr als zweimal (bei Zahlen unter drei wird der Wert nicht ausgewiesen) der Fall gewesen. Die vom Ministerium genannten Zahlen stammen von den Lehrlingsstellen der Wirtschaftskammern, die in einer halbamtlichen Funktion das Lehrlingswesen regeln.

Sorgfältige Auswahl

Für Loacker ist klar, warum: „Die Betriebe haben ein Interesse, die Lehrlinge gut auszubilden und zum erfolgreichen Abschluss zu bringen. Sie wählen daher sehr sorgfältig aus.“ Außerdem sei die Regelung zu bürokratisch. „Wenn es im Lehrverhältnis trotzdem nicht klappt, kann die Auflösung nur mit Ende des 12. oder des 24. Lehrmonats erfolgen“, spricht der ehemalige Personalchef auch aus eigener Erfahrung.

Selbst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, gibt es Hemmnisse, die eine Trennung schwierig machen. Die Auflösung muss dem Lehrling mindestens drei Monate vorher bekannt gegeben werden. Danach muss ein Mediationsverfahren folgen. Und den Mediator muss ebenfalls das Unternehmen bezahlen. Ob die Jugendlichen einen Mediator anfordern, geht aus der Anfragebeantwortung nicht hervor.

Einfach ein Foto der Lehrlinge mit einer kurzen Beschreibung an hanna.reiner@vorarlbergernachrichten.at