Das „Warum“ verstehen
Ali Mahlodji hat eine Plattform gegründet, in der Menschen ihre berufliche Geschichte erzählen.
BLUDENZ. (cro) Als Ali Mahlodji mit 18 die Schule abbrach, dachte er wohl selbst nicht daran, einmal ein Unternehmen mit über 50 Mitarbeitern zu leiten. Leicht hatte er es auch tatsächlich nicht, der gebürtige Iraner, der im Alter von zwei Jahren ins Flüchtlingslager Traiskirchen kam. Jahrelang verdiente er sich mit unterschiedlichsten Tätigkeiten seinen Lebensunterhalt. „Ich hatte sicherlich 40 verschiedene Jobs“, sagt der Mittdreißiger, der vergangene Woche auf Einladung der Industriellenvereinigung Vorarlberg und der „Wirtschaft im Walgau“ seine ungewöhnliche Vita in der Firma Tschabrun in Bludenz erzählte.
Mit der Gründung der Internet-Plattform Watchado (Anm.: amerikanischer Slang für „What do you do?“) hat er schließlich vor fünf Jahren seine Berufung gefunden. Die Idee, anderen Leuten ihre berufliche Geschichte per Video zu erzählen, fand großen Anklang. Rund 5200 solcher Lebensstory sind mittlerweile auf der Plattform zu finden. Jene von „ganz normalen Menschen“ genauso wie von bekannten Personen. So gibt etwa auch Alt-Bundespräsident Heinz Fischer einen Einblick, was es heißt, oberster Bürger eines Staates zu sein. Als das Video gedreht wurde, war Fischer noch im Amt. Der Gründer und seine stets gewachsene Zahl an Mitarbeitern stellen dabei jedem Interviewten dieselben sieben Fragen. „Wie schaut dein Werdegang aus?“, „Was ist das Coolste an deinem Job?“ oder „Welche Einschränkungen bringt er mit sich?“ sind drei davon. Jeden Monat kommen 100 bis 120 neue Protagonisten dazu.
Auf die Jugend hören
Mahlodji geht es nicht darum, den Erfolg anderen Menschen in den Vordergrund zu stellen. Vielmehr ist er der Überzeugung, dass jede einzelne Story und jeder unterschiedliche berufliche Werdegang anderen helfen kann, sein eigenes Berufsziel zu finden. Und er will junge und junggebliebene Personen animieren, ihren eigenen Weg zu gehen und auf sich selbst zu hören. „Als ich noch zur Schule ging, wurde mir immer gesagt, du musst wissen, was du danach tun willst. Aber wie konnte ich das, wenn ich nicht einmal wusste, was es da draußen alles gibt.“ Den Jugendlichen von heute ergeht es nicht anders. „Der Wust an Jobtiteln, die zudem meist in Englisch formuliert sind, verwirrt. Oder wer weiß schon tatsächlich, was ein District Manager, ein GMB Compliance oder ein Plan-Ingenieur bedeutet und was er macht. Da brauchen sich die Unternehmen nicht wundern, wenn sie keine Mitarbeiter finden.“
Mahlodji, mittlerweile zum europäischen Jugendbotschafter gekürt, rät Firmen vielmehr, mit der Generation von morgen auf Augenhöhe zu kommunizieren. „Junge Menschen und Jobsuchende müssen den Sinn – also das ‚Warum‘ – hinter ihren Jobs verstehen, um sich begeistern und in Teams zur Innovation beitragen zu können.“ Seine Plattform soll dabei eine Hilfestellung sein, die auch von Firmen genutzt werden kann.