Der Fachkräftemangel kostet Firmen Millionen
Der ausgetrocknete Fachkräftemarkt trifft Vorarlbergs Mittelständler ins Mark.
Wien, schwarzach. 93 Prozent der mittelständischen Unternehmen in Vorarlberg bewerten die aktuelle Geschäftslage positiv. Doch damit hat es sich auch schon, denn die Vorarlberger Unternehmer schauen nicht wirklich optimistisch in die Zukunft, so die Ergebnisse des von EY (früher Ernst & Young) erstellten Mittelstandsbarometers. Nur 37 Prozent erwarten sich in den kommenden sechs Monaten ein Umsatzplus. „In keinem anderen Bundesland sind die Unternehmer so pessimistisch“, so der Auftraggeber der Studie, Erich Lehner, verantwortlicher Partner für die Agenda Mittelstand bei EY Österreich.
Großes Handicap
Die Vorarlberger Wirtschaft ist durch den Mangel an Facharbeitern stark gehandicapt. 60,2 Prozent der befragten Unternehmer im Land beklagen Umsatzeinbußen, weil sie infolge des Fachkräftemangels Aufträge nicht annehmen können. Dadurch gehen den Unternehmen Aufträge in Millionenhöhe verloren. Vorarlberg leidet im Österreich-Vergleich am stärksten unter fehlenden Fachkräften. 78 Prozent fällt es „eher schwer“ und „sehr schwer“, geeignete Fachkräfte zu finden. Fast die Hälfte der Vorarlberger mittelständischen Unternehmen kann derzeit freie Stellen nicht besetzen.
Alarmzeichen für die Politik
Für Erich Lehner ist das ein Alarmzeichen: „Nun ist die Politik gefordert, um für die Bildung und Ausbildung ein Zeichen zu setzen. Da müssen jetzt die richtigen Maßnahmen gesetzt werden. Sowohl Technik als auch Wirtschaftsfreundlichkeit wird an österreichischen Schulen nicht gelehrt, das muss schnellstens anders werden.“ Weil aber bildungs- und gesellschaftspolitische Maßnahmen allenfalls mittelfristig greifen werden, brauche es auch Sofortmaßnahmen, um Fachkräfte zu generieren. Statt zu diskutieren und Asylanten zum Nichtstun zu verdammen, „müssen wir das Potenzial der Flüchtlinge nutzen und jene finden, die eine gute Ausbildung haben“. Da passiere seitens der Politik strukturell gar nichts, beklagt Lehner im Gespräch mit den VN.
Eine Ursache für das Defizit an Fachkräften ist die positive Entwicklung der Vorarlberger Wirtschaft, die in den vergangenen drei Jahren besonders stark zugelegt hat. 66 Prozent der befragten Firmen konnten ihren Umsatz steigern. „Weil die Vorarlberger ein so hohes Niveau erreicht haben, ist auch der Arbeitsmarkt bei Fachkräften ausgetrocknet, und es muss insgesamt damit gerechnet werden, dass es keine riesigen Veränderungen nach oben gibt“, sagt Lehner.
Es bleibt ein Restoptimismus. Denn nur so erklärt sich, dass die Mittelständler im Land weiterhin investieren. 27,8 Prozent, so das Ergebnis der EY-Studie, planen, ihre Investitionen zu erhöhen, nur 7,2 Prozent wollen ihre Investitionen zurückfahren.
Die Politik ist gefordert, endlich Bildungsmaßnahmen zu setzen.
Erich Lehner, EY
Mittelstandsstudie
» Befragte Unternehmen: 900 österreichweit im August 2016
» Profil: nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen mit 30 bis 2000 Mitarbeitern
» EY, früher Ernst & Young, ist einer der globalen Marktführer in der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung und Managementberatung (212.000 Mitarbeiter an 700 Standorten in 150 Ländern), vier Standorte in Österreich