“Geld verdienen nicht unmoralisch”

Markt / 14.10.2016 • 18:41 Uhr
Abt Henckel-Donnersmarck und Raiffeisen-Vorstandschef Wilfried Hopfner im VN-Gespräch.  Foto: VN/Hofmeister
Abt Henckel-Donnersmarck und Raiffeisen-Vorstandschef Wilfried Hopfner im VN-Gespräch. Foto: VN/Hofmeister

Altabt Gregor Henckel-Donnersmarck über die moralische Seite des Geldverdienens.

Hohenems. (VN-sca) Die katholische Kirche hat ein gespaltenes Verhältnis zum Geldverdienen. Jesu’ Vertreibung der Geldmacher im Jerusalemer Tempelbezirk hat jeder Gläubige im Ohr, die südamerikanischen Befreiungstheologen fordern eine radikale Umverteilung von Vermögen, und Franz von Assisi, der sein Luxusleben aufgab, um in völliger Enthaltsamheit zu leben, ist vielen ein Vorbild. Die Pracht des Vatikans, mit Gold ausgekleidete Kirchen und die Bank Ambrosiana sind die andere Seite. Ebenso wie Dunkelmänner im Talar, die wegen Geldwäscherei keinen Schritt mehr aus dem Vatikan wagen.

Wie also soll man sich verhalten in Geldgeschäften und als Unternehmer? Diese Frage wollten Hunderte Kunden der Vorarlberger Raiffeisenbanken von einem beantwortet wissen, der beides kennt: mönchische Askese und hartes Business. Altabt Gregor Henckel-Donnersmarck war in seinem ersten Leben Manager bei der Spedition DB Schenker. Er leitete die Geschäfte in Spanien und sattelte um, weil das Geschäft überhand nahm und der Glaube zu kurz kam.

Manager für das Kloster

Ganz entkam er dem Geschäftsleben nicht. Er übernahm auch in der Kirche Managementaufgaben, etwa als Nationaldirektor von Missio, den Päpstlichen Missionswerken in Österreich, und erst recht als Abt des Zisterzienserstiftes Heiligenkreuz, dessen Wirtschaftsbetriebe ein bedeutender Standortfaktor in Niederösterreich sind. Seit 2011 ist er Altabt, und als solcher macht er sich auch Gedanken, etwa über das „Reich werden auf die gute Art“.

Gutes Zeugnis für Unternehmer

„Wir leben alle von der Wirtschaftskraft“, stellt er im Gespräch mit den VN klar. Es gehe aber darum, die Bestrebungen in die richtige Richtung zu lenken, auch die Enzyklika „Laudato si“, die sich schwerpunktmäßig mit dem Umwelt- und Klimaschutz befasst, muss berücksichtigt werden. Und: „Der Mensch muss bei allem Tun im Mittelpunkt stehen. Wenn das alles gelingt und auch noch Profit bringt, dann ist es gut“, so der Geistliche, der den Unternehmern insgesamt ein gutes Zeugnis ausstellt und feststellt: „Geld zu verdienen, ist nicht unmoralisch.“ Von einigen schwarzen Schafen dürfe man nicht auf die Wirtschaft insgesamt rückschließen, die Arbeitsplätze und Werte schaffe und Steuern beschaffe.

Beim Anlegen sieht er den Trend in die richtige Richtung weisend: „Immer mehr Menschen legen Wert auf ethisch einwandfreie Investments.“ Das Anlageuniversum sei groß genug, um das Richtige zu finden. Auch der Genossenschaftsursprung seines Gastgebers Raiffeisen und die Aktivitäten in Sachen Gemeinwirtschaft seien gute Beispiele für sinnstiftende Wirtschaftsaktivitäten. Begrüßt werden vom Abt auch die Stiftungen und Spenden von Microsoft-Boss Bill Gates und Starinvestor Warren Buffett, „auch wenn ich nicht mit allen Ideen von Gates einverstanden bin“.

Im Gespräch mit den VN nimmt der adelige Geistliche, der nach dem Zweiten Weltkrieg aus Schlesien nach Österreich flüchten musste, Stellung zur Causa Prima der europäischen Politik, zur Flüchtlingsfrage. „Das Prinzip der Solidarität ist richtig. Ich finde, dass Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel sich moralisch richtig verhält.“

Gregor Henckel-Donnersmarck: „Reich werden auf die gute Art“, Herder, erhältlich bei „Das Buch“