Bedienung war gestern, Gastgeber sollen es sein

Markt / 02.12.2016 • 22:13 Uhr
Kevin Micheli hat eine tolle Karriere im Tourismus gestartet. Foto: VN
Kevin Micheli hat eine tolle Karriere im Tourismus gestartet. Foto: VN

Neue Schule für Tourismusberufe startet 2017 und stellt Gewohntes auf den Kopf.

Schwarzach. Berufe verändern sich. Alte Berufsbilder existieren nicht mehr, dafür entstehen neue. Darauf kann man als Branche reagieren, oder nicht. Der Vorarlberger Tourismus hat. Auch weil man gegen Fachkräftemangel und sinkendes Image der Lehre etwas tun wollte. Das Resultat nach drei Jahren intensiver Arbeit ist eine neue Ausbildung, die sich weit weg vom Gewohnten bewegt. Konkret gibt es ab 2017 keine Hotelfachschulen mehr im Land, dafür die „Gascht“, die „Gastgeber Schule für Tourismusberufe“.

Und diese soll alles verkörpern, wofür die Vorarlberger Gastronomie und Hotellerie steht. Die Verantwortlichen, Nicole Okhowat-Lehner, Harald Furtner und Elmar Herburger (Sparte Tourismus) sowie die beiden Direktoren Andreas Kappaurer (Bezauer Wirtschaftsschulen) und Klaus Mähr (Tourismusschulen Bludenz), sehen die „Gascht“ aber weder als reine Schule noch als Konkurrenz zur Lehre, die künftig weiterhin bestehen bleibt. Denn die touristische Ausbildungsstätte setzt auf ein völlig neues Konzept.

Alles beginnt mit dem Orientierungsjahr im neunten Schuljahr, in dem die Jugendlichen zusammen mit Bildungscoaches den insgesamt vierjährigen, persönlich zugeschnittenen Ausbildungspfad planen. Ab dem zweiten Jahr beginnt die duale Ausbildung in der Schule und in den Tourismusbetrieben. Dabei entscheidet man sich entweder für den praxisorientierten Pfad (zwei Drittel Praxis, ein Drittel Theorie), der mit Gastgeberdiplom und Lehrabschluss abschließt, oder den theorieorientierten Pfad (50:50) mit Lehr- und Hotelfachschulabschluss. Fix ist ein Schwerpunkt, den man wählt. Entweder Küche/Kulinarik, Service/Gastgeberkompetenz oder Rezeption/Hotelmanagement. Der Rest wird nach den persönlichen Interessen des Einzelnen zusammengestellt. Das heißt, die Module finden je nach Wunsch auch in Sennereien, auf Weingütern, im Theater oder bei Barristas statt.

Triale Ausbildung

Deshalb sei die Ausbildung eigentlich auch vielmehr trial, sagen die Verantwortlichen. Eine Trennung zwischen Theorie und Praxis funktioniere auch nicht, sind sie sich sicher. Genauso wie, dass es ein ähnliches Konzept in keiner anderen Ausbildungsform gebe.

Bei den Praktikumsbetrieben sind nahezu alle ausgezeichneten Tourismus-Lehrbetriebe des Landes an Bord, ist Elmar Herburger stolz. Diese sollen mit den Schulen eine ganz neue Einheit bilden. Deshalb bedeutet die neue Ausbildung auch Mehrarbeit für alle Beteiligten. Klar, dass nicht alle Lehrer von Anfang an erfreut waren über das neue Konzept, das Wert darauf legt, offen zu denken, ganz weit weg vom Einheitsbrei. „Es braucht auf beiden Seiten ein neues Denken von Ausbildung“, sagen die Direktoren. Also interaktiv und erlebnisorientiert, ohne dabei auf die notwendigen Grundfertigkeiten zu vergessen.

Herausforderung für alle

Auch für die Betriebe wächst die Herausforderung. Denn die Jugendlichen haben die freie Wahl bei den Betrieben und können jederzeit wechseln. Da könne man sich als Betrieb keine negativen Seiten leisten, sagt Herburger. Insgesamt steige dadurch aber die Qualität. Und am Ende bekomme der Tourismus in Vorarlberg Mitarbeiter, die viel erfahrener sind und mit verschiedenen Situationen besser umgehen können. Dafür sorgen auch die Schulungen in Sozialkompetenz, Persönlichkeitsentwicklung sowie im Konflikt- und Stressmanagement, die im Rahmen der Ausbildung vorgesehen sind.

Die „Gascht“ gibt es an den drei Standorten Bezau, Bludenz und Hohenems, und sie ist trotz Privatschulstatus kostenlos, weil das Schulgeld die Branche bezahlt, genauso wie das Schulmanagement. Zudem ist sie offen für alle, vom Jugendlichen bis zum Quereinsteiger. Die Liste der Interessenten ist jedenfalls lang. Zwar spielt auch das Zeugnis eine Rolle, vielmehr soll die Auswahl aber auf der Basis persönlicher Gespräche getroffen werden, sagt Nicole Okhowat-Lehner. Entscheidend sei, dass man gut mit Menschen kann. Denn am Ende der Ausbildung sollen die Absolventen nicht einfach nur Koch oder Kellner sein, sondern Gastgeber. „In ein paar Jahren gibt es dann eine ganz neue Generation, die dem Gast auf Augenhöhe begegnet“, formuliert Elmar Herburger das erklärte Ziel.

„Gascht“-Wegbereiter: Andreas Kappaurer, Nicole Okhowat-Lehner, Klaus Mähr, Elmar Herburger und Harald Furtner. Foto: VN/Hofmeister
„Gascht“-Wegbereiter: Andreas Kappaurer, Nicole Okhowat-Lehner, Klaus Mähr, Elmar Herburger und Harald Furtner. Foto: VN/Hofmeister

Fakten zur ,,Gascht“

» Standorte: Wifi Hohenems, Bezauer Wirtschaftsschulen, Tourismusschule Bludenz (Schulträger: Marienberg)

» Abschlüsse: Gastgeberdiplom, Hotelfachschulabschluss, Lehrabschluss, Berufsreife, Zertifikate

» Ausbildungsbereiche: Küche & Kulinarik, Service & Gastgeberkompetenz, Rezeption & Hotelmanagement

» Privatschule (kostenlos und offen für alle), Start im Herbst 2017 mit 80 Plätzen; Anmeldung im Februar 2017 (Halbjahreszeugnis)

» Informationen auf www.gascht.at oder beim Schulmanagement Nicole Okhowat-Lehner (T 05522/305-399), am 13. Jänner beim Infonachmittag in verschiedenen Qualitäts- und Ausbildungsbetrieben der Gascht sowie beim Tag der offenen Tür an der Tourismusschule Bludenz (20. Jänner 2017).