Hannes Androsch

Kommentar

Hannes Androsch

Alarm: Exportrückgang

Markt / 24.03.2017 • 18:54 Uhr

In seinem jüngsten Bericht über Österreich bescheinigt uns der Internationale Währungsfonds: „Das Land ist wohlhabend und stabil, die Ungleichheit und Armut ist gering, der Lebensstandard hoch.“ Dieser Befund darf uns freuen. Er spiegelt die außerordentliche Entwicklung von einem der einkommensschwächsten zu einem der einkommensstärksten westeuropäischen Länder wider. Dies ist maßgeblich unserer erfolgreichen Exporttätigkeit und der Leistungsstärke unseres Tourismus, gerade auch in Vorarlberg, geschuldet. Umso alarmierender, wenn 2016 unsere Exporte rückläufig waren, umso unverständlicher, wenn unserer Fremdenverkehrswirtschaft mit Vorschriftenwahnwitz sowie der Steuer- und Arbeitsmarktpolitik immer mehr Prügel vor die Füße geworfen werden. Deswegen ist nicht verwunderlich, dass dank der verbesserten Weltkonjunktur auch überall in der Eurozone die Arbeitslosigkeit zurückgegangen ist, nur nicht bei uns, und dennoch in allen Bereichen Arbeitskräftemangel besteht. Während in der Schweiz, den Niederlanden, Deutschland, Tschechien oder der Slowakei Vollbeschäftigung erreicht wurde, haben wir Rekordarbeitslosigkeit. Das ist selbstverschuldet, weil seit Langem keine konsistente Wirtschaftspolitik betrieben und die aufwendige Arbeitspolitik gescheitert ist. Seit Jahren erzielen wir nur unterdurchschnittliches, anämisches Wachstum. Die Investitionstätigkeit schwächelt, die öffentlichen Investitionen liegen deutlich über dem EU-Durchschnitt, die Innovationsdynamik hat nachgelassen, während die ohnehin überdurchschnittliche Sozialquote mit 30,2 Prozent der Wirtschaftsleistung einen neuen Rekord aufgestellt hat. Durch Regulierungswut, Vorschriftenwahn und Überbürokratisierung sowie Reformverweigerung und damit Vernachlässigung der Zukunftsaufgaben bei Bildung, Universitäten und Forschung haben wir an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt und an Standortattraktivität verloren. Der immer größer werdende Schuldenberg wird für konsumbezogene Umverteilung ausgegeben, aber zukunftsorientierte Leistungsförderung vernachlässigt. Auf diese Weise sind wir von der Überholspur auf die Kriechspur gelangt und drohen am Pannenstreifen liegenzubleiben. Wir haben heute nur Verteilungsparteien, aber keine Schaffensparteien. „Soziale Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Erfolg aber sind zwei Seiten derselben Medaille.“ Noch immer gilt: Leistung, Aufstieg, Sicherheit.

Es bedarf dringend und überfällig einer Umkehr. Es ist eine konsistente Wirtschaftspolitik notwendig. Eine solche ist zugleich die beste Arbeitsbeschaffungs- und Sozialpolitik. Höchste Zeit, sich entschlossen und mit Schulterschluss an diese Aufgaben zu machen!

Seit Jahren erzielen wir nur unterdurchschnittliches, anämisches Wachstum.

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Dr. Hannes Androsch ist Finanzminister i. R. und Unternehmer.