Tabus brechen und Neues probieren

Lizenz zum Experimentieren, Aufbrechen alter Muster: neue Wege der Unternehmensführung.
Lustenau. (ha) Ein Unternehmen erfolgreich zu führen, ist alles andere als einfach. Davon können viele Chefs ein Lied singen. Es kann helfen, wenn sie Tabus brechen, Neues ausprobieren und ihrer Mannschaft mehr Freiheiten lassen. Das allerdings erfordert Mut und den Willen zum Experiment.
Wie so etwas funktionieren könnte, erfuhren Unternehmer aus dem ganzen Land im Rahmen der Innovation Night im CC Rheintal von Prof. Dr. Hans A. Wüthrich. Der Inhaber des Lehrstuhls für Internationales Management an der Universität der Bundeswehr in München und Lehrbeauftragte an der Uni St. Gallen beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema Unternehmensführung. Seine Erkenntnis: Vorurteile, Dogmen und unreflektierte Regeln sollen nicht länger die Art prägen, wie Organisationen und Mitarbeitende geführt werden.
Eine Voraussetzung, neue Wege einzuschlagen, ist für ihn das gute Verhältnis zwischen Belegschaft und den Chefs. Dabei spielt das gegenseitige Vertrauen die wohl wichtigste Rolle. Von einem sturen Kontrollfetischismus durch die Firmenleitung warnt er deshalb ebenso wie vor der ständigen Formulierung von Tageszielen, die unnötigen Druck verursachen. Chancen für eine Verbesserung der Produktivität sieht der Experte unter anderem im Verzicht auf Bevormundung, die alles eher als gut für das Betriebsklima ist. Viel lieber sollten die Führungskräfte mehr auf die Qualitäten der Mitarbeiter setzen und auf ihre Vorschläge hören. Aus Erfahrung weiß er, dass der allergrößte Teil der Belegschaft dies zu schätzen weiß und besonderes Engagement für die Firma zeigt, wenn Freiräume zum selbstständigen Handeln gewährt werden.
Dass vielen Führungskräften der Mut fehlt, sich von starren Organisationsformen zu verabschieden, radikale Entrümpelungen vorzunehmen oder Experimente zuzulassen, ist nichts Neues. Denn nach wie vor setzen Unternehmer bei ihren Entscheidungen auf jahrelange Erfahrung. Die Lizenz zum Experimentieren ist für den Experten aus München aber eine Voraussetzung für notwendige Veränderungen. Das könne sogar so bis zum Tausch von Führungsrollen gehen. Dann müssten Führungskräfte ohne fachliche Kompetenz im neuen Bereich ihre Qualitäten unter Beweis stellen. „Bei der Rückkehr auf ihren alten Posten können sie die neuen Erfahrungen dann nicht mehr ausblenden.“ Den größten Mut würde ein kompletter Rückzug aus der Chefetage für eine bestimmte Zeit erfordern. Es gibt solche mutigen Unternehmer, weiß Wüthrich: Ein Chef, der sich dazu entschlossen hat, stellte nach einigen Monaten selbstgewählter Absenz fest, dass der Laden auch ohne ihn perfekt gelaufen ist. Nach seiner Rückkehr widmete er sich deshalb wichtigen Dingen, um die er sich vorher nicht kümmern konnte.
Hans A. Wüthrich ist bewusst, dass seine Vorschläge manchem Unternehmer die Haare zu Berge stehen lassen, denn sich von alten Mustern zu trennen, ist nicht einfach und erfordert den Mut, sich von Überorganisation und Regulierungswut zu verabschieden. Als Utopie wurden die Anregungen und Vorschläge des Referenten jedenfalls nicht gesehen, wie der lang anhaltende Applaus zeigte.









Lustenau. „Change The Management“ war das Thema der 42. Innovation Night, zu der die Projektpartner Prisma Unternehmensgruppe, Wirtschaftsstandort Vorarlberg (Wisto), FH Vorarlberg, Industriellenvereinigung Vorarlberg und Vorarlberger Nachrichten ins Competence Center Rheintal im Lustenauer Millennium Park geladen hatten.
Gastvortrag
In einer Welt, in der Arbeitsschritte, Prozesse und Entscheidungen immer effizienter werden, Kennzahlen und Messbarkeit immer wichtiger, stellte sich der Gastreferent Univ-Prof. Dr. Hans A. Wüthrich die Frage, wo Leidenschaft und Ambition bleiben, wenn Effizienz die höchste Priorität hat. Der Inhaber des Lehrstuhls für Internationales Management an der Universität der Bundeswehr München und Lehrbeauftragter an der Universität St. Gallen bietet mit seinem Ansatz „Change THE Management“ musterbrechende Denkangebote, wie Führung neu verstanden und gelebt werden kann.
Dass alternative Führungsansätze eine spannende Idee sein können, bewies das große Interesse der zahlreich erschienenen Vertreter aus der Wirtschaft und Industrie. Die Gäste nutzten den anschließenden Ausklang bei Imbiss und Getränken noch ausgiebig, um so manche Diskussion fortzuführen.