„Bei einer Übergabe wird Energie frei“

Markt / 09.06.2017 • 22:40 Uhr
Prügl ist Inhaber des Lehrstuhls für Innovation und Entrepreneurship.
Prügl ist Inhaber des Lehrstuhls für Innovation und Entrepreneurship.

Im Spagat zwischen Tradition und Innovation liegen für Familienunternehmen Chancen.

Friedrichshafen. Unternehmen und Familie gehören zusammen wie der Wind und das Meer. Denn Familien dominieren die Unternehmerlandschaft im deutschsprachigen Raum. Rund 90 Prozent aller Betriebe sind in Familienhand. Aber wie ticken sie und wie meistern sie den Spannungsbogen zwischen Tradition und Innovation? Professor Reinhard Prügl, wissenschaftlicher Leiter des Friedrichshafener Instituts für Familienunternehmen (FIF) an der Zeppelin Universität, erforscht genau diese Themen und weiß, dass Unternehmen aus diesem Spannungsfeld, Bestehendes weiterzuentwickeln und Neues zu erproben, viel Positives gewinnen können.

Spannend sei dabei die Übergangsphase von einer Generation zur nächsten, sagt Prügl, der am Mittwoch beim Vorarlberger Tourismusforum referiert. In einem Übergabeprozess werde nämlich viel Energie frei. „Wenn Bestehendes hinterfragt wird, bringt das beiden Generationen einen Energieschub. Vieles ist im Fluss. Das ist also eine gute Zeit für Veränderungen.“ Früher hingegen habe man in der Forschung das Thema Nachfolge oft als Problem gesehen. Heute sei es vielmehr eine Chance, die sich meist nur einmal in 30 Jahren bietet. Eine Chance sei es aber nur dann, wenn sich die Auseinandersetzung der beiden Generationen auf die Aufgaben im Betrieb beschränkt und es nicht auf die Beziehungsebene geht. „Pflegt man einen offenen Umgang, kann das einen unglaublichen Schub auslösen“, ist Prügl im VN-Gespräch überzeugt.

Chance für Innovation

Der „Status“ Familienunternehmen wird von der Mehrheit als zentraler Wettbewerbsvorteil gesehen, wie eine empirische Untersuchung des FIF zeigt. Diesen Aspekt könne man als positive Ressource nutzen. Was Familienunternehmen in der Außenwahrnehmung besonders bescheinigt wird, ist die Qualität. „Das ist ein Markenbestandteil dieser Betriebe. Die Menschen haben ein höheres Vertrauen in die Marke“, erklärt Prügl. Auch Regionalität und Mitarbeiter-Fairness seien positive Merkmale, die man besonders mit familiengeführten Unternehmen verbindet. Gleichzeitig sehe man in der Forschung aber auch, dass man diesen Betrieben oft eine weniger hohe Innovationsfähigkeit attestiert.

Dabei dürfe man Innovation nicht ausschließlich mit Forschung und neuen Produkten gleichsetzen. Oft übersehe man die Prozess­ebene. Man könne genauso in Bezug auf Abläufe oder Geschäftsmodelle innovativ sein. Zum Beispiel im Tourismus. Dort reiche die Innovationspalette von der Verbesserung interner Prozesse bis hin zu neuen Gastronomiekonzepten, einer eigenen Kosmetiklinie oder speziellen Gesundheitsprogrammen. Denn die Anforderungen im Tourismus seien ohnehin schon gewaltig. „Die deutschen Stammkunden, die im Skiurlaub bereits für die nächste Saison buchen, werden weniger. Die Buchungen werden immer kurzfristiger. Vieles passiert auf Online-Buchungsportalen und über soziale Medien. Der Konkurrenzdruck wird größer und auch Stammgäste mögen zwar Gewohntes, wollen aber dennoch immer etwas Neues“, sagt Prügl.

Erfinderisch als Vorteil

Der Vorteil von Familienunternehmen sei aber eben auch, dass sie besonders erfinderisch sind und man als familiengeführter Betrieb ganz anders agieren kann als in einer Konzernstruktur. Dabei sei das Anpassen von Strukturen etwas, was den Nachfolgern oft mehr liege als der Gründergeneration. „Wenn die nächste Generation etwas neu aufstellt, kann sich vieles bewegen.“

Reinhard Prügl spricht beim Tourismusforum (13. Juni, Schwarzenberg) über die Zukunft von Familienbetrieben. Anmeldungen: www.vorarlberg.travel/tourismusforum