„Die weißen Flecken werden weniger“

Hard. Günther Lehner leitet mit Alpla ein weltweit führendes Unternehmen im Bereich Verpackungslösungen mit 163 Niederlassungen und 17.300 Mitarbeitern. Im Interview spricht er über Expansionspläne, umweltfreundliche Verpackungen und wie man solch ein Unternehmen steuert.
Sie haben gerade in den USA und in Italien zugekauft und einen Standort in Ägypten eröffnet. Geht die Expansion weiter?
Lehner: Die Expansion geht weiter. Ein paar weiße Flecken gibt es immer, aber sie werden weniger. Wir sind momentan mehr mit Übernahmen beschäftigt, die wir aber nicht aktiv betreiben, sondern die auf uns zukommen. Da sind oft interessante Firmen dabei, die strategisch gut zu uns passen.
Sie sind fast auf der ganzen Welt tätig. Ihr erster Überseemarkt Venezuela versinkt gerade im Chaos. Wie geht man als Firma mit solchen politischen Situationen um?
Lehner: Venezuela beschäftigt uns sehr, weil wir dort über 500 Mitarbeiter haben und die Situation im Land wöchentlich schlechter wird. Wir haben dort eine lange Tradition, sind fast 50 Jahre vor Ort. Dass wir diesen Sprung 1968 gewagt haben, hat uns als Unternehmen stark geprägt. Venezuela war lange ein Vorzeigeland für uns. Jetzt kämpfen wir ums Überleben und müssen von Monat zu Monat schauen, wie es weitergeht. Wir wollen aber die Leute nicht im Stich lassen und versuchen deshalb, das Ganze über Wasser zu halten.
Inwieweit kann man solche Krisen mit anderen Märkten ausgleichen?
Lehner: Natürlich haben wir oft Länder, die politisch oder wirtschaftlich durch eine Talsohle gehen, wie zum Beispiel auch Brasilien. Wir sind mit dem Konsum zwar nicht derjenige, der zuerst betroffen ist, aber natürlich merken wir das. Dadurch, dass wir global präsent sind, können wir das aber ausgleichen. Das ist unser großer Vorteil.
Welche Märkte bereiten Ihnen im Gegenzug zurzeit besonders Freude?
Lehner: Derzeit ist die USA sicher ein Land, in dem wir viele Möglichkeiten haben und in dem die positive Stimmung wieder da ist. Wir haben dort viele Chancen, weil wir noch relativ klein sind. Auch in Asien läuft es gut und wir sehen Möglichkeiten zu wachsen. Genauso können wir uns in Europa nicht beklagen. West- und Osteuropa ist ein stabiler und sicherer Markt. Letztlich möchten wir auch in Afrika künftig stärker werden. Wir machen aber ebenso viele kleinere Sachen. Zum Beispiel die In-House-Produktion direkt beim Kunden. So sparen wir Logistik- und Verpackungskosten. Das wollen wir in Zukunft noch aktiver betreiben, indem wir uns noch besser in die Lieferkette einbetten.
Welche Steuerungsinstrumente braucht man bei 163 Niederlassungen und über 17.000 Mitarbeitern?
Lehner: Das Wichtigste sind die Mitarbeiter und Teams, die weltweit dafür sorgen, dass alles koordiniert funktioniert. Wir haben übergreifende Funktionen, die global für alle Unternehmen Dinge vorgeben. Genauso sind die Regionen autark, was den Markt anbelangt. Denn vor Ort muss man das Gespür und das Verständnis für den Markt haben. So versuchen wir einen optimalen Mix an Verantwortung zu haben. Natürlich braucht es dazu ein starkes Controlling. So können wir gleich mit den Betrieben in Diskussion gehen, wenn einmal etwas nicht so funktioniert. Dadurch, dass wir viele ähnliche Betriebe haben, haben wir auch tolle Benchmarks. Dadurch versuchen wir, gegenseitig voneinander zu lernen und besser zu werden. Aber natürlich ist es eine Herausforderung, denn der Kunde erwartet von uns auf der ganzen Welt den gleichen Service und die gleiche Qualität. Es ist nicht einfach, dasselbe, was wir in Europa schon Jahrzehnte machen, in China einfach als gegeben anzusehen.
Sie zählen zu den größten Unternehmen in Ihrer Branche, was macht Ihr Mitbewerb?
Lehner: Dass wir für die großen Unternehmen Hauptlieferant sind, liegt hauptsächlich an unserer globalen Aufstellung. Wir können Dinge einmal entwickeln und dann weltweit ausrollen. Das ist ein großer Vorteil. Das ist auch der größte Unterschied zu unseren Mitbewerbern. Zudem sind wir das einzige Unternehmen in dieser Größenordnung, das noch privat und eigentümergeführt ist. Aber wir sind natürlich nicht die Einzigen am Markt und agieren in einem engen Segment. Daher ist es wichtig, bei der Technologie vorne mit dabei zu sein. Unsere Vision ist, dass wir Technologieführer sind. Hier investieren wir viel Geld. Das ist auch ein Grund, weshalb wir hier in Vorarlberg so groß sind: Weil wir hier die Dinge von morgen entwickeln.
Wie sieht die Zukunft am Verpackungsmarkt aus?
Lehner: Der Verpackungsmarkt ist insgesamt noch am Wachsen, weil die Bevölkerung wächst. Wenn der Wohlstand steigt, ist auch die Erwartung an die Produkte höher. Es gibt viele Veränderungen. Man darf zum Beispiel die Umweltthematik nicht ausblenden und muss immer auf der Hut sein, um bei den neuesten Trends dabei zu sein. Wie wir es gerade beim biobasierten Kunststoff PEF machen. Derzeit ist es noch ein Preisthema, aber das war damals der Umstieg von PVC auf PET auch. Deshalb bin ich optimistisch, dass PEF eine Chance hat. Auch Recycling ist heute ein Muss in der Kunststoffbranche. Unsere großen Kunden folgen diesem Trend.
Machen Sie sich bereits Gedanken über die Nachfolge?
Lehner: Es ist wichtig, dass wir uns für die nächste Generation vorbereiten. Jetzt müssen die Weichen gestellt werden, denn unser Ziel ist es, dass es in der Familie weitergeht. Da sind wir auch gut unterwegs. Mein Sohn leitet das Geschäft in Amerika. Wenn er zurückkommt, wird es für mich eng (lacht). Aber das ist ja das Ziel. Ein Familienunternehmen zu sein, das ist schon ein Wert, den unsere Kunden schätzen.
Ein großer Vorteil ist, dass wir eine gute Balance zwischen In-House- und Basisbetrieben haben.

Kennzahlen
Alpla Werke Alwin Lehner GmbH & Co KG
» Gegründet: 1955
» Umsatz 2016: 3,25 Milliarden Euro
» Werke: 163 in 43 Ländern
» Mitarbeiter: 17.300 weltweit, 1281 in Österreich, davon 964 in Vorarlberg
» Portfolio: Kunststoffverpackungen (gesamte Wertschöpfungskette)
» Lehrlinge: 230 weltweit, 79 in Vorarlberg
Zur Person
Günther Lehner
Geboren: 19. August 1959, Hard
Ausbildung: Volks- und Hauptschule Hard; HTL Bregenz Maschinenbau; HTL Wien Kunststofftechnik
Laufbahn: Verschiedene Abteilungen bei Alpla; ein Jahr bei General Electrics USA; 2,5 Jahre Betriebsleitung Lübecker Kunststoffwerke; ab 1989 Leitung des Bereichs Technik, Einstieg in die Geschäftsleitung; seit 2006 Alpla-CEO
Familie: verheiratet, vier Kinder