“Wohnen ist heute ein Luxusprodukt”

Markt / 15.09.2017 • 18:27 Uhr
Viele Wohnbau- und Gewerbeprojekte sind derzeit in der Pipeline.
Viele Wohnbau- und Gewerbeprojekte sind derzeit in der Pipeline.

Alexander Nußbaumer, Vorstand und Inhaber der Zima Unternehmensgruppe, im Interview.

Dornbirn Die Nachfrage nach Wohnungen ist groß. Allerdings sind auch Grundstücke so teuer wie nie. „Was wir mit Sorge beobachten, ist die Spekulation“, sagt Alexander Nußbaumer, Vorstand des Immobilienentwicklers Zima.

Der Immobilienmarkt boomt, das beflügelt auch das Geschäft der Projektentwickler. Hält der Trend an oder ist der Markt derzeit überhitzt?

Nußbaumer Der Markt ist nicht heiß, aber sehr warm. Wir gehen davon aus, dass das anhalten wird. Die Anzeichen, die wir laufend beobachten, lassen keinen anderen Schluss zu, als dass das die kommenden drei bis vier Jahre auf diesem Niveau bleiben wird. Wir sehen nicht, dass sich die Zinslandschaft ändern wird, dass sich bei den Veranlagungen eine sinnvolle Alternative abzeichnet und alles was gebaut wird, wird auch bewohnt. Unsere Leerstandsquote geht momentan gegen null. Schwierig ist unsere Branche nur dann, wenn wir auf Vorrat produzieren.

Wenn man Wohn- und Gewerbebauten entwickelt, braucht man auch Grundstücke. Wird das irgendwann nicht zum Problem?

Nussbaumer Die Marktsituation hat zwar die angenehme Seite, dass der Vertrieb von Wohnungen einfach und flüssig funktioniert. Auf der anderen Seite zahlen wir aber drauf, wenn wir Grundstücke ankaufen. Was wir mit Sorge beobachten, ist die Spekulation. Wir haben kein Problem, wenn Mitbewerber Grundstücke kaufen und wieder dem Markt zuführen, aber damit, wenn vermögende Personen diese kaufen und liegen lassen. So wird das Angebot zusätzlich verknappt. Wir finden es auch nicht gut, dass der Gesetzgeber das Thema nicht angreift. Wohnen ist schließlich ein Grundbedürfnis und die Leistbarkeit entscheidend für die Qualität des Wirtschaftsraumes.

Gibt es Tendenzen, dass durch die höheren Preise die Ansprüche der Käufer zurückgehen?

Nussbaumer Wohnen hat sich zu einem Luxusprodukt entwickelt. Zwischen 1970 und heute hat sich die Wohnfläche pro Person verdoppelt. In heißen Ballungsräumen wie München oder Wien zeigt sich, dass die Menschen wieder mit weniger Wohnnutzfläche zufrieden sind. Bei Bau und Ausstattung sehen wir aber kaum eine Differenzierbarkeit. Hier ist das Korsett durch den Gesetzgeber eng. Wir haben in Österreich neun Baugesetze und neun Wohnbauförderungen. Jeder einzelne Landtag denkt, dass er das bessere Gesetz hat. In Südtirol, München oder der Schweiz haben wir dieselbe Situation. Das hindert uns an der Industrialisierung von Wohnbau.

Was verstehen Sie darunter?

Nussbaumer Wenn Wohnbau leistbar sein soll, dann brauchen wir höhere Stückzahlen. Das heißt aber nicht, dass wir zu einer Einheitsarchitektur kommen. VW beispielsweise produziert einen Golf und Apple ein Smartphone für die gesamte Welt. Wieso wird Wohnen also regional so kleinteilig hergestellt, dass wir alle Vorteile, die uns eine Industrialisierung bieten würde, abschneiden? Würde man einen VW Golf ohne Fließband produzieren, würde er heute wahrscheinlich eine Million Euro kosten.

Wer ist hier gefordert?

Nussbaumer Uns wäre am liebsten eine Harmonisierung der Bauverfahren und -vorschriften seitens der EU, um Wohnen wieder leistbarer zu machen.

Sie haben kürzlich eine Dependance in Wien eröffnet. Wo sehen Sie dort die Chancen für die Zima?

Nussbaumer Egal, wo wir hinkommen, niemand hat auf die Zima gewartet. Wir haben da keine illusorischen Vorstellungen. Wir wollen Zuhause für Menschen schaffen und wir setzen Projekte schnell zu fairen Kosten um. Das ist unser wesentliches Know-how und auch unser Zugang in Wien. Eine gute Projektentwicklung heißt, man muss wissen, was der Kunde haben will. Wir verfolgen da also keinen missionarischen Ansatz, sondern verstehen uns als Kundenanwalt.

In Ihrer Projektpipeline stehen über 3300 Wohneinheiten, das entspricht inkl. Gewerbe rund 1,17 Milliarden Euro: Werden Sie bei diesen Summen nicht manchmal nervös?

Nussbaumer Nervös muss man dann werden, wenn man kein gutes Produkt hat. Wir bauen das, was der Kunde nachfragt, und unser Produkt kann auch kein Mitbewerber aus China ersetzen. Es wird immer lokal vor Ort entwickelt und umgesetzt. Somit sehen wir für unser Geschäftsmodell keine Bedrohung, die extern auftauchen kann.

Ein relativ neuer Zweig ist die Bauherrenpartnerschaft. Wie entwickelt sich der Bereich?

Nussbaumer Wir haben mit Doppelmayr und Z-Werkzeugbau bereits zwei Projekte umgesetzt. Hier agieren wir wie eine Leihmutter. Wir stellen unser Bau-Know-how gegen ein Honorar zur Verfügung. Wir übernehmen ab der ersten Idee und rechnen nach effektiven Kosten ab. Beim klassischen Generalunternehmer ist es oft so: Was der eine gewinnt, verliert der andere. Es gibt zwar Beispiele, wo das gut funktioniert, aber dafür brauche ich schon ein genehmigtes Projekt. Wir wollen aufzeigen, wie man gemeinsam bauen und sich am Schluss trotzdem noch liebhaben kann.

Sie haben Zima 1999 in einem Management-Buy-out übernommen. Würden Sie diesen Schritt heute wieder machen?

Nussbaumer Ich würde das wieder tun. Mein Vater war Briefträger, meine Mutter Hausfrau. Mein Weg ist deshalb auch ein Beispiel dafür, dass man dennoch den Sprung zum Unternehmer schaffen kann. Dazu möchte ich junge Menschen motivieren. Es muss sich aber eine Kultur entwickeln, dass man probieren und auch scheitern darf. Und ich kämpfe für die Durchlässigkeit zwischen sozialen Schichten. Arm geboren und arm sterben, das darf nicht sein. Das ist schlecht für den Wirtschaftsstandort.

„Uns geht es nicht um Highlight-Projekte. Wir wollen Zuhause für Menschen schaffen.“

Alexander Nußbaumer hat Zima 1999 übernommen. „Eine gute Projektentwicklung heißt, man muss wissen, was der Kunde haben will. Wir verfolgen da also keinen missionarischen Ansatz“, sagt er. VN/Lerch
Alexander Nußbaumer hat Zima 1999 übernommen. „Eine gute Projektentwicklung heißt, man muss wissen, was der Kunde haben will. Wir verfolgen da also keinen missionarischen Ansatz“, sagt er. VN/Lerch

Kennzahlen

Gesamtleistung 2016 174 Millionen Euro

Entwicklung 2011-2016 +18 % pro Jahr im Durchschnitt

Mitarbeiter 183, davon 128 in Vorarlberg; 9 Lehrlinge

Realisierte Bauvorhaben mehr als 6500 Wohnungen

Projektpipeline 3300 Wohneinheiten, 1,17 Mrd.Euro gesamt (inkl. Gewerbe)

Privat

Alexander Nussbaumer

Alleineigentümer und Geschäftsführer Zima Unternehmensgruppe

Geboren 20. Mai 1967

Ausbildung Volksschule Langenegg, Marianum Bregenz, 1986 bis 1990 Studium an der Universität Innsbruck

Laufbahn Seit 1991 bei Zima, 1999 Management-Buy-out und Übernahme des Unternehmens, Geschäftsführer Zima

Familie verheiratet, zwei Kinder

 

Alexander Nussbaumers große Leidenschaft ist der Fußballsport. Und das aus gutem Grund. Beim Fußballspielen, so der Manager, lerne man fürs Leben: Teamfähigkeit, Bescheidenheit, Ehrgeiz, Ziele. Er selbst hat alle Stationen eines Fußballclubs passiert: vom Spieler über den Funktionär bis zum Sponsor und jetzt als Fußballervater. „Das macht mich besonders stolz.“ Seine zweite Leidenschaft bietet viele Plätze, denn er liebt alles Schöne, von der Architektur über Landschaften bis zur bildenden Kunst. Er ist zudem in der glücklichen Lage, dass für ihn sein Beruf nicht Pflicht, sondern Kür ist.