Das falsche Pferd

Banken raten Sparern vom Sparbuch ab. Die Kunden zögern.
SChwarzach Von wegen Weltspartag. Im Vorfeld des bis anhin populären Tages versucht die Finanzwirtschaft, die Sparer auf neue Anlageformen einzuschwören. „In den letzten zehn Jahren entstand den Sparern durch ihr Beharren auf klassischen Anlagen wie dem Sparbuch ein jährlicher Verlust in Höhe von 2,2 Milliarden Euro“, so Bank-Austria-Chefvolkswirt Stefan Bruckbauer. In Vorarlberg sind das rund 110 Millionen Euro, die Jahr für Jahr verbrennen. Die Rechnung ist einfach: Die Sparzinsen für auf ein Jahr gebundenes Geld liegen bei 0,2 Prozent, während für heuer bereits eine Inflationsrate von rund zwei Prozent prognostiziert wird.
Obwohl das Sparbuch also das sprichwörtliche falsche Pferd ist, setzen die Vorarlberger zu über 50 Prozent auf Spareinlagen und nur zu 25 Prozent auf Wertpapiere. Die Angst der Konsumenten ist offenbar übermächtig. Praktisch jede Bank im Land kämpft gegen die Macht der jahrzehntelangen Gewohnheit an. D
as zeigen auch die Erste und die Sparkassen in ihrem aktuellen Sparreport auf. Erste-Bank-Privatkunden-Vorstand Thomas Schaufler empfiehlt, „unbedingt über das Sparbuch hinauszudenken“. Und Martin Bruckner, CIO der Allianz Versicherung, wird noch drastischer: „Wer sein Geld unter das Kopfpolster oder auf das Sparbuch legt, verliert bei drei Prozent Inflation in zwanzig Jahren die Hälfte seines Geldes.“
Dass die Finanzwirtschaft gegensteuert, ist klar. Man wolle, dass die Kunden aus ihrem Sparguthaben auch Zinsen lukrieren, sagt BA-Privatkunden-Vorstand Christian Noisternig im VN-Gespräch. Seine Bank versucht es nun mit einem völlig neuen Instrument, das den Kunden in Charts und konkreten Zahlen vor Augen führt, wie sich ihr Vermögen entwickeln könnte. Auch Nichtkunden können mittels Download ihre Anlagen auf Ausgewogenheit und Rendite überprüfen. Anhand dieser Analyse können verschiedenen Szenarien und Risiken mit einem Mix an Anlageformen (Berechnungen im Acht-Jahre-Zyklus) durchgerechnet werden. „Acht Jahre, weil das ein realistischer Zeitraum ist“, erläutert BA-Anlageexperte Franz Taicsich. Wichtig sei, so Vorstand Noisternig, dass die Kunden volle Transparenz haben, dann würden sie auch vom derzeit „falschen Pferd“ Sparbuch lassen. Und worauf setzen nun die Kinder am Weltspartag? VN-sca
„Sparer können nur überzeugt werden, wenn sie zuverlässige Informationen erhalten.“

Sparen in Zahlen
2017 beträgt der prognostizierte Verlust wegen ungünstiger Anlageformen, z. B. Sparbuch, 4,5 Mrd. Euro.
110 Millionen Euro verloren allein die Vorarlberger Sparer aufgrund der Zinssituation und Inflation.
265 Euro sparen die Vorarlberger monatlich, 239 Euro die Österreicher im Durchschnitt.
IMAS/Erste, Bank Austria