“Es braucht flexible Kraftwerke”

Illwerke-VKW-Vorstand Helmut Mennel über die Zukunft der Energie.
Bregenz Helmut Mennel, technischer Vorstand der Illwerke VKW, über Elektromobilität, Strompreise und die Zukunft des Energieversorgers.
Die Illwerke VKW stehen stark in der Öffentlichkeit. Denn fast jeder ist Kunde und somit von Ihren Entscheidungen betroffen. Wie geht man mit dieser Verantwortung um?
Mennel Energie ist eine Grundlage unserer Gesellschaft und die Verantwortung fürs Land ist deshalb eine besondere. Wir haben gezeigt, dass wir diese wahrnehmen. Wir denken aber auch in die Zukunft. Die Verantwortung im Bereich Infrastruktur ist stark Richtung Zukunft gerichtet. Es ist wichtig, die Entwicklungen zu verfolgen, vorzubereiten und aktiv anzugehen. Zum Beispiel bei der Elektromobilität. Hier haben wir schon 2008 mit dem ersten Projekt begonnen.
Wird der Durchbruch beim Umstieg von Verbrennungsmotoren auf die E-Mobilität gelingen?
Mennel Dabei ist es immer wichtig, wie die Automobilhersteller agieren. 2008 hätte man wahrscheinlich keinen Vorstand eines Herstellers gefunden, der erklärt, dass er in Zukunft einen nennenswerten Anteil an Elektroautos produziert. Eine Serienfertigung war da noch kein Thema. Heute gibt es Aussagen großer Hersteller, dass im Jahr 2025 40 Prozent ihrer Produktion batterieelektrisch sein wird. Das ist eine Veränderung, die meiner Meinung nach schon sehr signifikant ist.
Sind die Illwerke VKW dafür gerüstet? Stichwort: Ladeinfrastruktur.
Mennel Wir haben damit sehr früh angefangen und haben mittlerweile in Vorarlberg eine Infrastruktur mit 15 Schnellladestationen und 240 Ladestellen. Wir sind also für den heutigen Bedarf mit öffentlicher Infrastruktur sehr gut ausgerüstet. Wir verfolgen den Bedarf aber genau, und dort, wo es eine erhöhte Ladetätigkeit gibt, wird natürlich nachgerüstet. Ein Thema wird sicherlich auch das Laden zu Hause, beim Arbeitgeber, im Einkaufszentrum oder im Hotel und Restaurant. Wir unterstützen Unternehmen dabei, hier Infrastruktur aufzubauen, denn das wird immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Der Energiesektor ist seit dem Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie unruhiger geworden. Wie beeinflusst das die Versorgungssicherheit im Land?
Mennel In Vorarlberg ist die Stromerzeugung rein regenerativ, also stark auf Wasser basierend. Wir müssen die Stromerzeugung aber in einem größeren Zusammenhang sehen. Wenn wir nach Deutschland schauen, stellen wir fest, dass da noch einiges in Richtung rein regenerativer Stromerzeugung passieren muss. Derzeit hat die Kernkraft noch einen Anteil von 13 Prozent. Dieser wird bis 2022 auf null zurückgehen. Der nächste Schritt ist die Dekarbonisierung. Das bedeutet, Kohlekraftwerke durch regenerative Erzeugung zu ersetzen. Derzeit erfolgen noch 50 Prozent der Stromerzeugung auf rein fossiler Basis, also durch Kohle und Gas. Es gibt zwar große Projekte zum weiteren Ausbau von Wind und Photovoltaik, aber Wind und Sonne sind nicht immer da. Das heißt, wir haben in der Zukunft eine zunehmend schwankende Erzeugung. In einem Stromversorgungssystem muss man aber jederzeit so viel erzeugen, wie verbraucht wird. Wenn der Anteil der Erzeugung, die schwankt, also groß ist, brauche ich im Gegenzug Verbraucher, die abschalten können oder eine Erzeugung, die dann liefern kann, wenn es benötigt wird. Die Wasserkraftwerke sind dazu in der Lage.
Muss man sich im Land also um die Versorgungssicherheit keine Sorgen machen?
Mennel Wenn man sich keine Sorgen machen würde, wäre das sicher der falsche Ansatz. Denn die Sorge um die Versorgungssicherheit ist wichtig. Kommt es zu einem „black out“ und die Versorgung bricht zusammen, gibt es wenige Kraftwerke, die von null auf die Versorgung aufbauen können. Wasserkraftwerke können das. Wir machen uns also sehr wohl Sorgen in dem Sinne, dass wir jedes Jahr Übungen abhalten für solche Fälle. Darauf muss man sich vorbereiten und das machen wir sehr gewissenhaft.
In den letzten Jahren kam der Bau neuer Kraftwerke in vielen Ländern zum Erliegen. Sie investieren in neue Kraftwerke. Rechnet sich das?
Mennel Wenn man die letzten zehn Jahre betrachtet, gab es bei den Preisen ein Hoch im Jahr 2008, seither sind die Preise gefallen. Damals, 2008, sind viele Entscheidungen für Kraftwerke in Deutschland gefallen, aber für Kohle- und Gaskraftwerke. Die kamen ans Netz, der Bedarf ist aber nicht in dem Maße gestiegen, wie erwartet. Zudem erfolgte ein stark geförderter Ausbau von Wind- und Sonnenenergie. Damit haben sich Angebot und Nachfrage verschoben und die Großhandelspreise sind gesunken. Somit gab es keinen Anlass für Investitionen in Anlagen, die nicht gefördert sind. Wir sind aber überzeugt, dass der Bedarf an flexiblen Kraftwerken mit Speicher auch in Zukunft zunehmen wird. Denn mit der Dekarbonisierung kommen die Schwankungen, die diese Flexibilität benötigen. Und alles, was im Markt benötigt wird, wird künftig auch vergütet werden.
Zuletzt mussten Sie von Aktionären wegen des Squeeze-out scharfe Kritik einstecken. Wie geht es weiter?
Mennel Der Abfindungsbetrag ist über ein Gutachten ermittelt worden, das wiederum von einem gerichtlich bestellten Gutachter überprüft wurde. Es ist aber das Recht eines jeden, die Höhe der Abfindung überprüfen zu lassen. Es sind mehrere Anträge bei Gericht eingegangen. Dieses ist jetzt am Zug. Die Aktionäre haben aber auch die Möglichkeit zu bleiben. Sie können über unsere Tochter Vorarlberger Energienetze als Genossenschafter weiter dabei sein, mit einer garantierten Verzinsung. Wir glauben, dass das ein sehr gutes Angebot ist.
„Bei Wind sind wir im Vergleich zu Ostösterreich oder Norddeutschland wenig begünstigt.“

Kennzahlen
Eigentümer Land Vorarlberg, Streubesitz
Gegründet 1914
Geschäftsführung Christof Germann, Helmut Mennel
Mitarbeiter 1243, Lehrlinge 103
Investitionen 2016 216 Mill. Euro
Konzernergebnis vor Steuern 50 Millionen Euro
Stromumsatz 4615,8 Mill. kWh
Stromhandel 1375,2 Mill. kWh
Privat
Helmut Mennel
Geboren 16. 6.1960
Ausbildung Studium Elektrotechnik in Graz, MBA an der Wirtschaftsuniversität Wien
Laufbahn 1987 Eintritt in die VKW Netzbereich und Infrastruktur, Projektleiter, 2001 Aufbau des Großkundenbereichs, 2008 Wechsel zu Illwerke AG, ab 1. Juli 2013 Vorstand VKW und Illwerke
Familie verheiratet, zwei Töchter
Über den Wolken, da ist für den Energiemanager Helmut Mennel, der in Kennelbach wohnt, die Freiheit grenzenlos. Seit 35 Jahren ist Mennel begeisterter Segelflieger. Er nutzt seine freie Zeit, um über die Alpen zu fliegen, genießt aber auch im Frühjahr die ersten Flüge in den französischen Seealpen, erzählt er. Bis zu 500 Kilometer legt er in seinem Flugzeug zurück. Dieser Leidenschaft gehört ganz klar seine Liebe. Doch im Winter schnallt er sich schon mal die Skier an, im Sommer trifft man ihn außerdem ab und zu am Klettersteig. Seine Frau ist Volksschullehrerin, die beiden Töchter studieren in Schottland bzw. in Innsbruck.