Gute Geschäfte unter gewissen Umständen

Iran und Türkei sind keine einfachen Märkte, bieten aber Chancen.
Dornbirn Als das Atomabkommen mit dem Iran abgeschlossen wurde, war die Erwartungshaltung für gute Geschäfte zunächst hoch. In Wirklichkeit wurde diese aber nicht ganz erfüllt, sagt Christoph Grabmayr, der österreichische Wirtschaftsdelegierte in Teheran, im VN-Gespräch. Man habe sich eine schnelle Öffnung und Normalität erwartet. „So schnell gehen Sachen aber nicht“, resümiert Grabmayr, der mit Kollegen verschiedener Länder bei einer Außenwirtschaftstagung der Wirtschaftskammer weilt. Die Grundvoraussetzungen wären gut. 80 Millionen Einwohner, jung, konsumfreudig und gut ausgebildet, eine starke, aber veraltete industrielle Basis sowie ein großer Nachholbedarf aufgrund der Sanktionen, da keine durchgehende Investitionstätigkeit möglich war. „Auch technische Berufe stehen im Iran hoch im Kurs. Die Iraner haben den Kontakt zum Fortschritt nie verloren“, erklärt der Wirtschaftsdelegierte. Aber die Iraner seien auch kompliziert. Es gebe keine Ja- oder Nein-Haltung, sondern „sowohl als auch und dann doch nicht“. Herausfordernd bleibt indes auch die politische Situation. Der Konflikt mit den USA erschwert die laufende Planung. Dazu kommt, dass die Finanzierung von iranischer Seite oftmals ein Problem darstellt. „Ein Projektpartner braucht immer einen Finanzier aus dem Ausland.“
Alles außer Eisbrecher
Und dennoch: Chancen für heimische Unternehmen sieht Grabmayr in allen Bereichen. „Es gibt Berge, Meer, Wüste und Skigebiete. Das Einzige, was der Iran nicht braucht sind Eisbrecher.“ Sowieso stünden europäische Produkte hoch im Kurs und die Österreicher sind aufgrund humanitärer Hilfe in der Vergangenheit und neutraler Haltung in Konflikten sehr beliebt. Zudem fehlt die Konkurrenz aus den USA. Erleichternd kommt nun hinzu, dass es seit September erstmals ein Finanzierungsrahmenabkommen der Oberbank mit der iranischen Zentralbank gibt. Das ermöglicht neue Möglichkeiten der Projektfinanzierung. Das sei ein ausgezeichneter Schritt nach vorne, sagt Grabmayr, dem hoffentlich viele weitere folgen.
Georg Karabaczek, der österreichische Wirtschaftsdelegierte in Istanbul, spricht ebenfalls von Chancen. Die werden aber oft vom öffentlichen Bild der Türkei, das zuletzt schwer erschüttert wurde, überdeckt. Er weist aber darauf hin, zu differenzieren. „Die Türkei weist beachtliche Wachstumszahlen auf. Man muss die Wirtschaft abgekoppelt von der Politik betrachten“, rät Karabaczek Unternehmen dazu, sich vor Ort ein Bild zu machen. Die Zahl der Wirtschaftsdelegationen habe zuletzt stark abgenommen. Von jenen Unternehmen, die schon vor Ort sind, hätten aber viele reinvestiert. Das Wachstum in der Türkei kommt dabei stark von der öffentlichen Hand. Aufgrund des Referendums wurden viele Versprechungen in Form von Infrastrukturgroßprojekten umgesetzt. Branchen wie Automotive sind derzeit stark. Genauso wie der Bau oder Textil und Bekleidung. Zudem fließe viel Geld in Forschung und Entwicklung. Auch im Bereich Verpackung und Papier hätten österreichische Unternehmen hohe Summen investiert. Nur der Tourismus ist schwer angeschlagen. Momentan beobachte man eine Erholung, allerdings ausgehend von einem niedrigen Niveau.
Genauer hinschauen
Insgesamt, so Karabaczek, sind die mittel- und langfristigen Chancen gut. Auch weil es eine junge, lernwillige Bevölkerung mit unternehmerisch denkenden Menschen gibt, die gut ausgebildet ist. Probleme bereitet Exporteuren derzeit allerdings die Abwertung der türkischen Lira. „Wenn man Betrieben zuliefert, die selber exportieren, kann man das aber relativieren“, so der Wirtschaftsdelegierte. Die Regierung sei derzeit sehr bemüht, die Wirtschaft am Laufen zu halten. Auch weil sich die Türkei mitten im Wahlkampf befinde. Jedenfalls sei die Türkei „ein Markt, den man als Exporteuer nicht aus den Augen verlieren darf. Es lohnt sich, genauer hinzuschauen“. VN-reh
