Aus der Seestadt wird Bregenz Mitte

Initiative präsentiert Zehn-Punkte-Programm für Stadtentwicklung.
Bregenz Vor einem Jahr sorgte eine Initiative aus Künstlern und Architekten in der jahrzehntelangen Geschichte der Seestadt-Entwicklung für einen Knalleffekt. Kurz vor Abschluss der Behördenverfahren forderten die Baugestalter einen Stopp des Bauvorhabens, einen Neustart der Planungen. Knapp zwei Monate später, am 13. Jänner 2017, ging ihre Forderung in Erfüllung, wenn auch aus anderen Gründen, wie die Betreiber des 150-Millionen-Projektes betonten. Ihnen ging nicht etwa die Geduld aus, so der Sprecher der Bauherren, Bernhard Ölz, sondern der Bau rechnete sich nicht mehr. Dass die Initiative, die sich den Namen „See und Stadt und Bregenz“ gegeben hat, sich nicht mit dieser Zäsur, wie Mitinitiant Günther Prechter den 13. Jänner nannte, zufrieden gab, zeigen die Aktivitäten seither. 17 öffentliche Stadtspaziergänge fanden seit vergangenem Herbst statt, neun Veranstaltungen mit internationalen Städteplanern, Historikern, Sozialarbeitern und Architekten wurden von der Initiative durchgeführt. Ziel des Unterfangens: eine breite Diskussion zur Gestaltung des öffentlichen Raumes, zur Entwicklung der Stadt.
Eine selbst gestellte Aufgabe, die auch Architekturprofessor Roland Gnaiger Respekt abnötigt, wie er bei der Präsentation eines Zehn-Punkte-Programms für die Bregenzer Stadtentwicklung am Mittwoch im Vorarlberg Museum betonte. Das Projekt werde an seiner Hochschule und in ganz Österreich mit großem Interesse verfolgt, „so was Substanzielles gibt es sonst noch nicht“.
Öffentlicher Raum im Fokus
Für die Moderatorin des Abends, Architektur-Instituts-Direktorin Verena Konrad, die für die Architektur-Biennale in Venedig das Thema Öffentlicher Raum in den Fokus stellte, ist die Arbeit der Bregenzer Initiative „ein Glücksfall zivilgesellschaftlichen Engagements“, ein „Prozess, wie es ihn in Vorarlberg noch nie gegeben hat“.
Die zehn Punkte sind eine Handlungsanleitung, noch nicht ein fertiges Projekt für „Bregenz Mitte“, wie die weiter brachliegende Fläche der verblichenen Seestadt von „See und Stadt und Bregenz“ neu getauft wurde. „Städtebau ist sichtbar gemachte Politik“, ist der erste Punkt, der das Sichern strategisch wichtiger Grundstücke durch die Stadt fordert, um Gestaltungsspielraum zu haben. Es wird festgestellt, dass eine „Stadt Quartiere braucht“ als Lebens- und Erlebnisraum, einen eigenen Maßstab, der in Bregenz kleinteilig sein sollte. Die künftige Mobilität soll mitgedacht und der See nicht vergessen werden, was mit Sichtachsen und Durchblicken realisiert werden könnte. Und natürlich sollen die Bürger einbezogen werden. Oder konkreter: Die Bürger werden aufgefordert sich einzubringen. „Das ist nicht so weit weg von unseren Richtlinien“, stellte nach der Präsentation der Bregenzer Stadtplaner Bernhard Fink fest.
Das Programm gibt es in gedruckter Form. Neben den Interessenten werde es auch ungefragt an die Politiker in Land und Stadt gesendet, auf dass nun nochmals von vorne begonnen wird, denn „Ziel ist nicht mehr zu verhindern, sondern gute Ideen für die Stadtentwicklung einzubringen“, wie Konrad zu Beginn der Präsentation betonte. VN-sca
„Ziel ist nicht zu verhindern, sondern gute Ideen für die Stadtentwicklung einzubringen.“
Das Zehn-Punkte-Programm zum Nachlesen auf
see-und-stadt-und-bregenz.at