Flüssige Mittel und gutes Rating

Markt / 05.12.2017 • 20:09 Uhr
Factorbank-Chef Claudio Chini: „Eine Ergänzung des Finanzmixes“. BA

Factorbank-Chef Claudio Chini: „Eine Ergänzung des Finanzmixes“. BA

Factoring: Ein Mauerblümchen, das ans Licht geholt werden sollte, sagt Claudio Chini.

Bregenz Die Finanzierungsform Factoring wird in der Wirtschaft zwar immer öfter angewendet, dennoch üben die Firmen bei diesem Instrument Zurückhaltung. „Zu unrecht“, betont Claudio Chini, CEO des Marktführers Factor Bank, im Gespräch mit den VN. Der zweifelhafte Ruf hat seinen Grund darin, dass Firmen und Banken Factoring bei Einführung vor rund 40 Jahren vor allem dann nutzten, wenn es schlecht um die jeweilige Firma stand. Diesen Beigeschmack hat die Finanzierungsform bis heute, obwohl sich auch in Österreich und Vorarlberg die Sicht der Dinge langsam ändert.

Mehr Liquidität

Factoring, das ist der Ankauf von kurzfristigen Forderungen aus Warenlieferungen und Dienstleistungen. Das erhöht die Liquidität eines Unternehmens. „Die Firmen brauchen keine Sicherheiten, die Forderungen werden verkauft und sind Grundlage der Finanzierung“, so Chini. Er verweist weiters darauf, dass durch den Verkauf der Forderungen der finanzielle Spielraum in Zeiten der Expansion größer wird.

Beim Verkauf der Forderungen an ein Factoringinstitut verkürzt sich außerdem die Bilanzsumme des Unternehmens, was wiederum in fast allen Fällen zu einer Ratingverbesserung führt. Ratings, die nicht nur von Banken, sondern auch von Auskunfteien und vor allem von Warenkreditversicherern genau beobachtet werden. Dies könne sowohl bei Banken wie auch bei Lieferanten zu besseren Konditionen führen, gibt Chini an.

Volumen verdreifacht

Das Umdenken in Österreichs Wirtschaft lässt sich in Zahlen fassen. Der Factoringmarkt hat sich von 2010 bis 2016 auf rund 20 Milliarden Euro Finanzierungsvolumen verdreifacht, in Vorarlberg gehen Branchenkenner von einem genutzen Finanzierungsvolumen in diesem Zeitraum von rund 900 Millionen Euro aus. Die Attraktivität des Factorings wächst auch deshalb, weil das Geschäftsmodell geändert wurde. Die Factoringbanken versenden die Rechnungen nicht wie früher unter ihrem Namen, sondern das geschieht heute mit Name und Briefpapier des jeweiligen Unternehmens. Sie müssen sich auch nicht mehr um den Zahlungseingang kümmern, das tun die Banken. Neben der Factorbank, die dem Bank-Austria-Konzern zuzurechnen ist und in Österreich auf einen Marktanteil von 40 Prozent kommt, sind die Raiffeisen Factor Bank, Intermarket (Erste) und ABS Factoring die wichtigsten Anbieter in der Branche.

Schließlich komme dem Factoring auch die Digitalisierung zupass, so Chini, denn die Abwicklung erfolge vollautomatisch über einen internetbasierten SFTP-Server. Der Bank-Austria-Landesdirektor Firmenkunden Hans Winter ist jedenfalls überzeugt, dass das Produkt als Ergänzung in den Finanzmix der Vorarlberger Unternehmen mit über zehn Millionen Euro Umsatz passe und deshalb „weiter an Bedeutung gewinnt“. VN-sca