Einkaufstourismus: Kein Rezept

Kanton St. Gallen blitzt mit Forderung nach Streichung der 300-Franken-Freigrenze ab.
BErn, Schwarzach Der Vorarlberger Handel kann aufatmen, für die Kunden aus der Schweiz gilt auch weiterhin die 300-Franken-Freigrenze. Die Schweizer Grenzkantone, darunter an vorderster Front der Kanton St. Gallen, sind mit ihrer Forderung nach einschränkenden Maßnahmen für die weiter überbordenden Einkaufstourismus im Schweizer Bundeshaus in Bern abgeblitzt. Der Korrespondent des St. Galler Tagblattes, Adrian Vögele, bezeichnet das Gutachten, das der Bund auf Druck der Grenzkantone anfertigen ließ, und das von Maßnahmen abrät, als „33 Seiten Lustlosigkeit“.
Kampf vor Gericht
Der Buchser Optiker Walter Meier, der den Kampf um Chancengleichheit seit Jahren führt und den Kunden seiner Firma Federer Augenoptik auch die Mehrwertsteuer nachlässt, kämpft vor Gericht weiter (die VN berichteten), gegen die aus seiner Sicht „staatlichen Subventionierung von Einkäufen über der Grenze“. Trotz des Rückschlages gibt er nicht auf: „Je länger und je mehr ich mich damit befasse wird mir klar, dass diese bundesrätliche Verordnung völlig quer in der Landschaft steht und die von uns gerügten Punkte mit normalem Menschenverstand nicht nachvollziehbar sind“, ätzt er.
Für den Handel in Vorarlberg und anderen Grenzgebieten sind die Eidgenossen wichtig wie ein Bissen Brot. Dank ihnen wuchs in Vorarlberg der Einzelhandel auch dann noch, als in allen Bundesländern die Umsätze zurückgingen. Eine Studie der Universität St. Gallen, die im Jahr 2017 durchgeführt wurden, geht davon aus, dass 9,1 Mrd. Franken von den Schweizern ins Ausland getragen werden, 7,9 Milliarden davon in den stationären Handel. Auch wenn der Umsatz, der mit Schweizer und Liechtensteiner Kunden in Vorarlberg erzielt wird, im vergangenen Jahr leicht zurückgegangen ist, leiden die Schweizer Mitbewerber in der Grenzregion massiv unter dem Einkaufstourismus. In einigen Gemeinden überm Rhein ist die Nahversorgung nicht mehr existent.
Bundesrat hat kein Rezept
Der Schweizer Bundesrat sieht aber – um auf das Gutachten zurückzukommen – kein Rezept, um dem Treiben Einhalt zu gebieten. Finanzminister Ueli Maurer von der sich sonst immer protektionistsch gebährdenden SVP, betont zwar, dass intensiv er an einer Lösung interessiert sei, doch Massnahmen an der Grenze seien nicht zielführend. Selbst wenn eine tiefere Freigrenze eingezogen werde, sei die Preisdifferenz immer noch attraktiv. Eine Senkung der Freigrenze auf Null kommt schon gar nicht in Frage für den Schweizer Bundesrat. Der Verzollungsaufwand stünde nicht dafür, so das Gutachten. Bei einer Reduzierung rechnen die Gutachter mit einer Verstärkung des Einkaufstourismus, weil die Schweizer dann noch öfter in Messe- und andere Parks fahren.Vorgeschlagen wird indes ein Abbau der Handelshemmnisse in der Schweiz selbst. Von Verhandlungen mit der EU wird ebenfalls abgeraten: „Das Interesse unserer Nachbarstaaten dürfte gering sein“, steht im Gutachten. Die Initiativen in den Kantonen kündigen an, am Ball zu bleiben.
Doch bis Maßnahmen ergriffen werden (wenn überhaupt), dürfen Vorarlbergs Händler weiter auf Kundschaft aus der Schweiz zählen.
„Die 300-Franken-Freigrenze ist staatliche Subventionierung von Einkäufen im Ausland.“
