Glas Marte hat Plastik den Kampf angesagt

Für Geschäftsführer Bernhard Feigl ist der Austausch mit Kunden und Architekten ein wichtiger Wegweiser für die Zukunft.
Bregenz Glas Marte ist ein Familienbetrieb mit neunzigjähriger Geschichte. Gegründet als Ein-Mann-Betrieb hat sich das Unternehmen seither enorm entwickelt. Geschäftsführer Bernhard Feigl spricht im Interview über die Innovation, den Nachhaltigkeitsaspekt und wieso Glas vermehrt andere Baustoffe ersetzt.
Glas Marte bietet eine breite Produktpalette, inwieweit hilft Ihnen diese Vielseitigkeit?
Das zeichnet uns aus und ist ein Alleinstellungsmerkmal. Diese Vielseitigkeit bringt uns eine Vollauslastung, trotz der Tatsache, dass im Fensterbau im Winter und Frühjahr weniger los ist. Leider gibt es viele Hersteller, die nur das produzieren, was ein Kunde bestellt. Dadurch ist man von jeder Innovation ausgeschlossen. Man braucht den Kontakt zu den Architekten und muss die Probleme am Bau selbst erleben, damit man besonders gute Produkte entwickeln kann. Wir halten unser Know-how im Hause und können deshalb besonders gut auf Kundenanforderungen reagieren.
Welche Innovationen liegen im Glasbereich?
Die erste Innovation ist die Größe. Durch die verbesserte Glasqualität sind größere Formate möglich. Auch im Farbbereich gibt es mit den verschiedenen Emaillierungen viele Entwicklungen. Zudem bringen hauchdünne Beschichtungen auf dem Glas den gleichen Wärmedämmwert wie eine 20 Zentimeter dicke Styroporfassade. Wir sind froh, dass uns der Umweltgedanke dabei in die Karten spielt. Weiters produzieren wir seit wenigen Wochen ein spezielles Verbundsicherheitsglas, bei dem die Gläser durch eine extrem starke Zwischenschicht sehr widerstandsfähig verbunden werden.
Glas hat zum einen mit einem Lebensgefühl der Offenheit und Transparenz zu tun und andererseits steigt das Sicherheitsbedürfnis. Beides spielt Ihnen in die Karten.
Abgesehen vom Geschäft wäre es mir lieber, wenn der Sicherheitsgedanke nicht so massiv vorhanden wäre. Tatsache ist, dass im Sicherheitsbereich tatsächlich sehr viel getan werden kann, ohne dass das mit gravierenden Mehrkosten verbunden wäre. Offen und transparent zu bauen geht heute nicht mehr auf Kosten der Sicherheit.
Wie wird eine Entwicklung letztlich zum Produkt?
Die Ideengeber sind die gestaltende Baubranche und oft auch innovative, mutige Kunden. Die meisten unserer Produkte haben ein starkes Startprojekt. Ein Beispiel sind die emaillierten WC-Trennwände aus Glas. Mit einem Auftrag über 400 Kabinen in München haben wir das Produkt entwickelt und ins Portfolio aufgenommen.
Welche Trends sehen Sie im Glasbau?
Die Nachhaltigkeit ist ein großes Thema. Glas ist nachhaltig und natürlich, weil es aus Sand, Kalk und Soda besteht. Der Trend wird sicher in Richtung Großflächigkeit und Sicherheit gehen. Zudem geht es in der Highclass-Anwendung immer mehr darum, dass man zwar die Funktion will, das Bauteil aber nicht sehen will. Man baut also transparent, hat den Wärme- und Schallschutz und die Absturzsicherung, aber ohne dass man ein starres Stahlgeländer sieht.
Wie wirkt sich der Umweltgedanke in Ihrer Produktion aus?
Wir verzichten weitgehend auf Plastik, Kunststoff und viele Verpackungsmaterialien. Dadurch ersparen wir uns pro Jahr 110.000 Quadratmeter Plastikfolie.
Ihr Unternehmen hat Aufträge in ganz Europa, bekommt regelmäßig Preise wie den begehrten German Design-Award. Mit welchen Produkten oder Fertigkeiten punkten Sie am internationalen Markt?
Wir sind seit 90 Jahren unterwegs und seit vielen Jahrzehnten auf allen relevanten Baumessen. Unser Name ist deshalb gut bekannt und wenn jemand eine besondere Anwendung hat, kommt er zu uns. Geschäftlich leben wir natürlich von unseren Kunden in der Umgebung, aber solche besonderen Projekte sind quasi das Sahnehäubchen. Im Land fehlen uns leider die Leuchtturmprojekte. Man kann über das Kunsthaus sagen, was man will, aber als wir das vor 22 Jahren gebaut haben, hatten wir im Anschluss mehrere Folgeprojekte.
Die Bauwirtschaft hat seit Jahren Hochkonjunktur. Geht das in absehbarer Zeit so weiter oder wird der Boom abflachen?
Wir sehen schon, dass der Zenit überschritten ist. In Deutschland noch mehr als in Österreich. Wir haben den Vorteil, dass Glas andere Baustoffe verdrängt und verdrängen kann. Aber es wird insgesamt weniger werden. Genauso findet ein Rückbau von Firmen statt. Die Branche lichtet sich. Man muss entweder den nächsten Schritt machen oder man fällt zurück.
Darum auch die Übernahme des Betriebes in Tirol?
Wir sind hier in Bregenz platzmäßig an unsere Grenzen gestoßen. Das hat uns in unserer Entwicklung über Jahre gebremst. Mit der Firma in Tirol haben wir das Problem lösen können. Dort produzieren wir Verbundsicherheitsglas. Es ist aber ein reiner Produktionsbetrieb, der hoch automatisiert ist. Nachdem das Projekt im Allgäu nicht zustande kam, war die Übernahme der logische Schritt.
Wann begann Ihre Begeisterung für das Material Glas?
Die gab es immer schon. Mein Großvater hat sich viel Zeit für mich genommen, somit wurde mir das quasi in die Wiege gelegt.
Was reizt Sie an der Aufgabe als Spartenobmann für das Handwerk und Gewerbe?
Wenn man Werte schaffen will und nachhaltig was entwickeln will, ist jeder gefordert, sich einzubringen. Aber für die Aufgabe braucht es ein gutes Zeitmanagement.