Das fordert die Industrie von der Landespolitik

Markt / 10.09.2020 • 16:45 Uhr
Das fordert die Industrie von der Landespolitik
Industrie-Spartenobmann Markus Comploj (li.) und IV-Präsident Martin Ohneberg: “Schluss mit Klein-Klein.” FA

Mut und Aktivität in Standortfragen statt Klein-Klein und Parteiengeplänkel.

Dornbirn Die Spitzenvertreter der Industrie, Industriellenvereinigungspräsident Martin Ohneberg und Sparten-Obmann Markus Comploj, zeigen schon mit der Wahl der Location Selbstbewusstsein: Ganz oben, nämlich im elften Stock des Dornbirner Panoramahauses, formulierten sie ihre Statements dazu, wie es nach dem Lockdown und überhaupt weitergehen soll mit dem Wirtschaftsstandort Vorarlberg. Dass ihre Stimme Gewicht hat, wurde mit Zahlen unterfüttert: Die Industrie leistet mit fast 40 Prozent zur Bruttowertschöpfung den größten Anteil aller Wirtschaftszweige im Land, der Anteil der Erwerbstätigen in der Industrie beträgt 35 Prozent und ist damit weit über dem österreichischen Durchschnitt mit 25 Prozent, 70 Prozent der Exporte kommen aus der Industrie. Für die weitere wirtschaftliche Entwicklung signalisieren Comploj und Ohneberg Optimismus.

Schwachstellen aufgezeigt

„Es zeigen sich zwar große Unterschiede innerhalb der Branchen und auch bei den Unternehmen, aber erfreulicherweise überwiegt der Optimismus“, so Comploj und er doppelt nach: Wer, wenn nicht die Industrie, muss jetzt vorangehen und Perspektiven aufzeigen.“ Und die richten sich vor allem an die politische Spitze des Landes. Durch Corona seien die Herausforderungen für die künftige Entwicklung nicht verschwunden, im Gegenteil, es wurden weitere Schwachstellen aufgezeigt, so Ohneberg. „Wir brauchen eine flächendeckende und flexible Kinderbetreuung, auch die Digitalisierung der öffentlichen Systeme muss vorangetrieben werden.“ Ungelöst seien auch die Themen Verkehrspolitik und Raumplanung. Man könne nicht an einer Raumplanung, die vor 40 Jahren beschlossen wurde, festhalten, während sich rundum alles ändere. Die Projekte müssen jetzt umgesetzt werden, fordert er und zeigt sich „verwundert“, dass man seit Jahren über S 18 oder die Elektrifizierung der Bahn immer noch diskutiert. „Da braucht es jetzt Geschwindigkeit.“

Kein PR-Instrument

Auch das Lieblingsprojekt der Landespolitik, die Marke Vorarlberg, nimmt er ins Visier. „Die Marke Vorarlberg und ihre Positionierung, dass Vorarlberg 2035 der chancenreichste Lebensraum für Kinder ist, darf nicht zum PR-Instrument werden.“ Jetzt sei der Zeitpunkt gut, um die Dinge anzugehen. „Die nächsten vier Jahre gibt es keine Wahlen, das ist eine gute Zeit, gemeinsam die Dinge voranzubringen, es gibt keine Ausreden mehr.“

„Sparte Industrie und IV lassen sich bei Standortthemen nicht auseinanderdividieren.“

Markus Comploj, Obmann Sparte Industrie WKV

Comploj nimmt den Ball auf, der fordert, dass sowohl die Lehrausbildung weiterentwickelt werden muss, aber sich auch das öffentliche Bildungssystem insgesamt an allen Schulen und im Hochschulbereich weiterentwickelt. Die Industrie sei gerade in Coronazeiten in Vorlage getreten und habe neue Lehrlingsinitiativen initiiert, Schulen und Schüler bei der Digitalisierung bzw. mit Computern und mit Unterrichtsmitteln unterstützt. „Wir haben auch bei den Lehrstellen nicht reduziert, derzeit bieten unsere Betriebe noch 40 Lehrstellen an.“ Untätig sei man auch nicht bei der Verantwortung für soziale, gesellschaftliche und ökologische Belange. „Wir haben trotz der Steigerungen der letzten Jahre in der Produktion die Energieeffizienz deutlich verbessert und verbrauchen heute weniger Energie als zuvor.“

„Jetzt muss mit Krisenmodus, Wahlkämpfen und Parteigeplänkel Schluss sein.“

Martin Ohneberg, Präsident Industriellenvereinigung

Industrie in Zahlen

293 Mill. Euro investiert die Vorarlberg Wirtschaft, hauptsächlich die Industrie, jährlich in Entwicklung.

28,7 Prozent aller Lehrlinge in Vorarlberg werden von Industriebetrieben ausgebildet

38,5 Prozent der Bruttowertschöpfung in Vorarlberg erbringt die Industrie.