Auch Speditionen von Führerschein-Causa betroffen: “Wir brauchen schnellstmöglich wieder normale Verhältnisse”

VN / 05.09.2025 • 16:45 Uhr
Auch Speditionen von Führerschein-Causa betroffen: "Wir brauchen schnellstmöglich wieder normale Verhältnisse"
Auch die Transportbranche bekam die Folgen der Führerschein-Causa zu spüren, sagt Michael Zimmermann. VN/Stiplovsek

Ein Netzwerk von einzelnen Fahrprüfern führte auch bei Lkw-Führerscheinprüfungen zu überdurchschnittlich hohen Durchfallquoten. Die Folgen spürt auch die heimische Transportbranche.

Darum geht’s:

  • Netzwerk von einzelnen Fahrprüfern schädigte auch Vorarlberger Wirtschaft, sagt Michael Zimmermann.
  • Hohe Durchfallquote belastet auch Speditionsbranche.
  • Schnelle Maßnahmen gefordert, um Fahrprüfermangel zu beheben.

Feldkirch Ein Geschäftsmodell auf dem Rücken junger Fahrschüler, diesen Eindruck erwecken die Recherchen der VN. Doch das Netzwerk einzelner Fahrprüfer in Vorarlberg schädigte auch direkt die heimische Wirtschaft, wie es scheint: Denn nicht nur beim Autoführerschein waren die Durchfallquoten bei Fahrprüfungen in Vorarlberg auffällig.

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Den VN liegen für 2022 Zahlen vor, wie stark die heimische Logistikbranche betroffen war: Die Durchfallquote bei Berufskraftfahrern in Vorarlberg lag 2022 bei 39,4 Prozent und damit weit über dem Schnitt der anderen Bundesländer. So fielen in Salzburg nur 25 Prozent der C95-Fahrschüler durch. In den anderen Bundesländern lag der Schnitt eher bei 15 bis 20 Prozent. In Tirol waren es sogar nur 9 Prozent, die die praktische Fahrprüfung nicht bestanden. Außerdem zahlt ein Berufskraftfahrer, der den C95-Führerschein macht, für die praktische Prüfung 180 statt 60 Euro, wie es beim B-Führerschein wäre.

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Michael Zimmermann, Vertreter der Sparte Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer Vorarlberg, kennt das Problem aus erster Hand: “Den Vorarlberger Spediteuren fehlen seit Jahren etwa 500 Berufskraftfahrer, durch die Situation mit den hohen Durchfallquoten hat sich das Problem verschärft.”

Auch Speditionen von Führerschein-Causa betroffen: "Wir brauchen schnellstmöglich wieder normale Verhältnisse"
Zimmermann pocht auf rasches Handeln, um wieder faire und sachliche Prüfungen sicherzustellen. VN/Stiplovsek

Dies betreffe nicht nur die Speditionsbranche, sondern auch zahlreiche Unternehmen mit eigenem Werksverkehr, vom Handel bis zum Handwerk, sagt Zimmermann, der selbst Geschäftsführer im Transportgewerbe ist. “Die Auswirkungen dieses Fahrermangels sind enorm”, betont er. “Fahrzeuge stehen leer, Aufträge können nicht fristgerecht abgewickelt werden, und die Betriebskosten steigen massiv, wenn ausgebildete Fahrer fehlen.”

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Doppelter Schaden

Durch die Situation in Vorarlberg entstand nicht nur den Speditionen ein Schaden: Entscheidet sich ein Jugendlicher zu einer entsprechenden Lehre, zahlt ihm das Unternehmen oft den Führerschein im Rahmen seiner Ausbildung. “Viele Unternehmen schicken ihre Fahrschüler für mehrwöchige Intensivkurse in die Steiermark oder nach Tirol, weil dort das System deutlich günstiger und effizienter ist.” Diese Abwanderung schade auch den Vorarlberger Fahrschulen massiv.

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“Probleme wurden nicht ernst genommen”

Zimmermann kritisiert zudem, dass frühere Versuche, das Problem konstruktiv anzugehen, nicht ernst genommen worden seien: “Bereits vor zwei Jahren gab es Gespräche mit den zuständigen Stellen im Land, aber sämtliche Beschwerden wurden ignoriert.” Jetzt müssen schnell konkrete Maßnahmen folgen, ansonsten drohe weiterer wirtschaftlicher Schaden: “Wir brauchen schnellstmöglich wieder normale Verhältnisse, damit die Prüfungen sachlich und fair ablaufen können”, mahnt er. Außerdem müsse schnellstmöglich für genug Prüfer gesorgt werden, notfalls indem man Prüfer aus anderen Bundesländern nach Vorarlberg entsendet oder pensionierte Prüfer reaktiviert. Zudem müsse die Causa umfassend aufgearbeitet werden, betont er: “Die bisherigen Probleme dürfen keinesfalls unter den Tisch gekehrt werden. Es braucht volle Transparenz, um das Vertrauen in das Prüfungsverfahren wiederherzustellen.”

Führerschein-Causa: Worum es konkret geht

HOHE DURCHFALLQUOTE In den letzten Jahren ist die Durchfallquote bei praktischen Fahrprüfungen in Vorarlberg deutlich angestiegen. Zuletzt ist jeder Zweite bei einer Prüffahrt gescheitert. Weit mehr als in anderen Bundesländern. Erklärung dafür gab es lange Zeit keine.

VN-ENTHÜLLUNGEN Vertrauliche Listen zu den Vergütungen der Fahrprüfungen dokumentieren ein lukratives Geschäft für mehrere Prüfer. Einzelne von ihnen kamen auf einen Nebenverdienst von jährlich bis zu knapp 50.000 Euro.

GESCHÄFTSMODELL Das Geschäft mit Fahrprüfungen war im Vorjahr 580.000 Euro schwer. Die Hälfte davon spülten Wiederholungsprüfungen in die Sachverständigen-Kassa. Der Verdacht: mögliche Bereicherung auf dem Rücken von Fahrschülern.

WILLKÜR-VERDACHT Dutzende Fahrschüler haben sich in den letzten Tagen in der Redaktion gemeldet. Ihre Schilderungen zeichnen ein Bild von Willkür. Tatsächlich gibt es bei einzelnen Prüfern auffällig hohe Durchfallquoten.

NETZWERK Mehrere Quellen beschreiben ein Netzwerk einzelner Sachverständiger. Die Fäden sollen bei einem der Behördenmitarbeiter zusammenlaufen.