“Jeder braucht die Transportwirtschaft”

Markt / 21.05.2021 • 18:19 Uhr
Elke Böhler:

Elke Böhler: “In der Logistik gibt es keinen Stillstand. Man kann was bewegen und muss was bewegen.”

JCL-Logistikmanagerin Elke Böhler will in der Branche Nachhaltigkeit und Berufsausbildung stärken.

Wolfurt Elke Böhler ist Logistikerin mit Leib und Seele, das zeigt sich auch in ihrem Engagement für das Unternehmen, aber auch für die gesamte Branche. Ein Herzensanliegen ist für sie die duale Ausbildung in der Branche und auch die nachhaltige Ausrichtung der Transport- und Logistikbranche.

 

Frau Böhler, Sie führen eine der größten Speditionen Vorarlbergs, können Sie uns schildern, wie 2020 für die Branche war?

Böhler Die Pandemie hat auch Chancen eröffnet. Eine große Chance sehe ich in der Digitalisierung. Darüber hinaus hat sich gerade zu Beginn der Pandemie gezeigt, wie wichtig die Transportwirtschaft ist. Wir bringen wirklich das, was alle tagtäglich zum Leben brauchen. Ich habe mir erhofft, dass die Wertschätzung für die Mitarbeiter unserer Branche stark verbessert wird. Das ist noch nicht in dem Ausmaß geschehen.

 

Sie sind seit vielen Jahren in der Transportwirtschaft tätig, was fasziniert sie an dieser Aufgabe?

Böhler Ich bin jemand der immer gerne in Bewegung ist, das kann ich in der Logistik ausleben. In der Logistik gibt es keinen Stillstand. Man kann was bewegen und muss was bewegen. Gerade im Verein Netzwerk Logistik, wo ich Obfrau für Tirol und Vorarlberg bin, sind wir das Sprachrohr für die verladende und beladende Wirtschaft, ist das gut möglich. Auch in der Wirtschaftskammer haben wir relevante und akute Themen. Was mich sonst bewegt: Die Lehrlingsausbildung liegt mir sehr am Herzen. Da müssen wir investieren und da legen wir sehr großen Wert darauf.

 

Sie haben im Herbst 2020 die Geschäfte bei  JCL Logistics übernommen War der Zeitpunkt nicht schwierig?

Böhler Der Zeitpunkt ist immer schwierig, aber durch Covid war es eine noch größere Herausforderung. Anfangs habe ich die Geschäftsleitung für die Region West, seit November bin ich für den gesamten Bereich Road und Rail in Österreich zuständig. Das kann man auch von Vorarlberg gut machen, aber ich bemühe mich, alle Standorte regelmäßig zu besuchen. Das letzte Jahr hat uns auch gezeigt, dass man online sehr viel machen kann und das wird auch so bleiben.

 

Auf die Transportwirtschaft kommen große Aufgaben zu. Wie gut sind Sie darauf vorbereitet?

Böhler Es gibt vieles zu tun im Bereich Nachhaltigkeit. Das ist ein Kernthema für jeden Spediteur und auch für JCL und Bestandteil unserer täglichen Arbeit. Wir sind bestrebt mit den Produkten bei der Umsetzung die Maßstäbe in der Logistik mit dem verantwortungsvollen und effizienten Umgang mit den Ressourcen zu setzen. Als Logistikdienstleister beschäftigt man sich besonders mit den Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit. In Feldkirch Tosters haben wir zum Beispiel den größten privaten Bahnanschluss in Vorarlberg. Dort können wir die letzte Meile durch die Oberleitung neben Diesel auch mit E-Traktion durchführen.

 

Für die Öffentlichkeit ist das nicht immer sichtbar…

Böhler Ja, jeder braucht die Transportwirtschaft und jedem ist sie im Weg. Der Lkw ist der letzte in der Lieferkette und es muss sich jeder selbst bei der Nase nehmen, egal ob er online bestellt oder einkaufen geht, irgendwo braucht es immer den Lkw, sonst kommen die Sachen nicht zum Endverbraucher. Davon werden wir nicht wegkommen. Wenn das Thema Batterien gelöst ist, dann kann man schon E-Lkw einsetzen.

 

Corona und zuletzt die Havarie im Suezkanal haben gezeigt, dass die Lieferketten auch schnell zusammenbrechen können…

Böhler Ja, das zieht einen langen Rattenschwanz hinter sich her. Die Havarie kommt zu den Verzögerungen durch Corona und zur Verfügbarkeit der Container. Das zieht sich noch, denn die Seefrachtraten sind in die Höhe geschnellt. Es hat gezeigt, wie wichtig resilente Lieferketten und möglicherweise Alternativen bei den Transportwegen sind. Es gibt sicher Überlegungen, dass man mehr Transporte auf die Schiene legt oder mehr regional einkauft. Auch der Ausbau von Lagermöglichkeiten steht zur Diskussion.

 

Werden „Just in Time“-Lieferungen zurückgehen?

Böhler Die Just in Time-Lieferungen werden nicht von der Bildfläche verschwinden, weil auch nicht jede Firma ein Lager anlegen lann. Das macht dann vielleicht der Spediteur, der dann doch wieder liefert, wenn das Material gebraucht wird. Die Firmen brauchen eben alles zur richtigen Zeit, es braucht deshalb eine gute Planung und da kommt wieder und verstärkt die Digitalisierung ins Spiel.

 

Welche Pläne hat JCL in Vorarlberg, welche als Gesamtkonzern?

Böhler In Vorarlberg wollen wir unseren Standort weiter stärken und das Produktportfolio ausbauen. Dafür legen wir großen Wert auf gute Fachkräfte und ausgebildetes Personal. Als Gesamtunternehmen sind wir immer bemüht, innovative Kundenlösungen zu schaffen und den Erfolg mit erstklassigen Lösungen zu sichern. In Tosters optimieren wir derzeit den Bahnanschluss. Dem Kunden wird es immer wichtiger, dass auf den Klimaschutz geachtet wird. Da hat es in den letzten Jahren schon eine kräftige Verschiebung gegeben.

 

Ist die Infrastruktrur in Vorarlberg für einen Exportweltmeister belastbar genug?

Böhler Generell dürfen wir stolz sein, dass wir Exportweltmeister sind und so tolle Unternehmen in Vorarlberg haben. Was gut ist, dass das Land selbst erkannt hat, dass Infrastruktur alleine nicht reicht. Wir sind in einer Arbeitsgruppe an der Ausarbeitung des Güterverkehrskonzeptes dran. Das ist sicher der richtige Weg, aber dann sollten wir ins Tun kommen, in die Umsetzung, und die ist auf gutem Weg.

Mit Abstand und an der frischen Luft: Elke Böhler auf dem Hof der Spedition am Güterterminal Wolfurt im VN-Gespräch. 
Mit Abstand und an der frischen Luft: Elke Böhler auf dem Hof der Spedition am Güterterminal Wolfurt im VN-Gespräch. 
Elke Böhler am JCL-Standort am Terminal Wolfurt, einen weiteren Standort gibt es in Feldkirch. VN/Sams
Elke Böhler am JCL-Standort am Terminal Wolfurt, einen weiteren Standort gibt es in Feldkirch. VN/Sams

Zur Person

Elke Böhler

Leiterin Road an Rail Österreich, JCL Logistics Austria
Geboren
22. April 1972

Ausbildung kaufmännische Ausbildung, Weiterbildungen im Bereich Logistik, Master of Science

Laufbahn SLG, Delacher & Co, Scheffknecht Transporte, Bischof Transporte, JCL Logistics Austria, Obfrau Verein Netzwerk Logistik, Ausschussmitglied Fachgruppe Spedition

Familie zwei Söhne

 

JCL Logistics

Eigentümer Stephan Jöbstl

Mitarbeiter 150 in Vorarlberg, insgesamt rd. 1200 Mitarbeiter

Umsatz 2019 107 Millionen Euro