Wo Andrea Längle auf Herz und Nieren geprüft wurde

Markt / 07.11.2021 • 12:00 Uhr
Wo Andrea Längle auf Herz und Nieren geprüft wurde
Andrea Längle achtet in der Lohnveredelung von Metall auf Nachhaltigkeit.  VN/Steurer

Andrea Längle führt in sechster Generation das Familienunternehmen Längle Group in die Zukunft.

Klaus Die Firma Längle wurde 1856 als Malerbetrieb gegründet, inzwischen ist Längle außerdem einer der leistungsfähigsten Betriebe in der Oberflächenbehandlung von Metallen. Andrea Längle führt das Unternehmen in sechster Generation zusammen mit Co-Geschäftsführer Matthias Burtscher in die Zukunft.

Frau Längle, Ihr Unternehmen ist einer der führenden Anbieter von Oberflächenbeschichtungen, was machen Sie genau?

Andrea Längle Ursprünglich aus einem Malerhandwerksbetrieb entstanden, haben wir uns mit der ersten Oberflächentechnik, dem Sandstrahlen, weiterentwickelt. Danach ist die Nasslackierung entstanden. Das ist ein anderes Oberflächenverfahren. In den 80er-Jahren ist die Pulverbeschichtung entstanden. Wir sind der erste Pulverbeschichter und auch der größte Pulverbeschichter im Land. Zur Unterscheidung: Bei der Nasslackierung können wir große Werkstücke lackieren. Pulverbeschichtung ist ein Einbrennverfahren.

“Es muss auch ohne ein gutes familiäres Netzwerk möglich sein, als Frau in der Wirtschaft tätig zu sein. Dieses Thema wird auch noch bei den Pensionierungen ganz wichtig.” Andrea Längle

Wie sieht der Markt in Ihrem Bereich aus, regional wie international?

Längle Es ist kein stark wachsender, aber ein sehr beständiger Markt. Wir bedienen Kunden im Umkreis von rund 200 Klilometern. Man kann sich mit einer Spezialisierung gut am Markt behaupten. Uns ist es wichtig, dass wir unseren Kunden über die klassische Beschichtung hinaus eine verlängerte Werkbank anbieten können, also Zusatzleistungen wie große Lagerflächen, wo sie ihr Rohmaterial einlagern können. Wir haben aber auch gute Kooperationen mit anderen Oberflächenveredlern im Land. Jeder hat sein Spezialgebiet.

Wer sind Ihre Kunden?

Längle Wir haben ein ganz breites Spektrum an Kunden. Wir bedienen Kleinkunden, aber auch Konzerne. Presswerke sind Kunden von uns, wie der klassische Metallbauer oder auch Leuchtenhersteller oder Sonnen- und Wetterschutzunternehmen. Dadurch können wir uns individuell auf jeden Kunden einstellen. Daraus entstehen langjährige Geschäftsbeziehungen.

Welches sind die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft?

Längle Schon seit einem Jahr ist das natürlich die Pandemie, was Mitarbeiterverfügbarkeit angeht. Wir haben 70 Mitarbeiter und nicht jede Stelle doppelt besetzt. Wenn acht Leute in Quarantäne wären, dann können wir eine Schicht nicht mehr machen. Was heuer aufgrund des Marktwachstums und des großen Rückstaus dazukommt, haben wir alle – die gesamte Baubranche – volle Auftragsbücher. Das zu bewältigen ist schon eine große Herausforderung in einem Produktionsbetrieb, weil wir einfach diese Produktionskapazität haben und nicht mehr. Wir müssen und wollen jeden Kunden bestmöglich bedienen, aber das kann zu einer Unzufriedenheit führen, weil einfach alle längere Lieferzeiten haben oder den Auftrag in Teillieferungen bekommen. Es braucht im Moment auch mehr Toleranz bei den Kunden, weil wir längere Lieferzeiten haben. Das ist das Thema, genauso wie die Verfügbarkeit unserer Mitarbeiter und von Mitarbeitern, die wir gerne einstellen würden, das ist auch eine Herausforderung.

Wie gehen Sie mit der Klimawende und der Nachhaltigkeit um?

Längle Da haben wir heuer die Ökoprofit-Zertifizierung gemacht. Das ist ein ganz tolles Netzwerk speziell für Betriebe, wie wir es sind, für KMU, die eine gute Anleitung bekommen, wie sie das Thema bearbeiten, sichtbar machen im Betrieb und wie wir die Maßnahmen umsetzen können. Großes Thema ist auch die Abfallwirtschaft, die wir ständig verbessern, z. B. bei Verpackungen. Wir haben eine der größten Photovoltaikanlagen Vorarlbergs auf dem Dach und können 70 bis 80 Prozent unseres Eigenbedarfes abdecken. Insgesamt werden wir zu 100 Prozent mit Ökostrom versorgt. Wir haben auch eine eigene Osmoseanlage eingerichtet, um das Wasser, das wir brauchen, wieder aufbereiten zu können. Da sind wir definitiv auf dem Weg.

War es für Sie immer klar, im Familienbetrieb zu arbeiten?

Längle Nein, gar nicht. Mich hat man mit 24 Jahren nach dem Studium gefragt, ob ich mir einen Einstieg in den Betrieb vorstellen kann. Damals habe ich klar Nein gesagt. Mir war es wichtig, dass ich Erfahrungen in anderen Betrieben sammle. Ich bin dann in zwei Konzernen tätig gewesen, wo ich sehr viel gelernt habe. Erst 2015 habe ich gespürt, dass ich einen nächsten Schritt machen will und es hat mich doch interessiert, in den eigenen Familienbetrieb einzusteigen. Wir haben dann die Nachfolge eingeleitet – zusammen mit Herbert Loos als externem Berater. Im eigenen Betrieb wird man gleich einmal auf Herz und Nieren geprüft, und dabei hat mir der Erfahrungsschatz aus den früheren Tätigkeiten geholfen. Wir sind gut aufgestellt und haben eine Doppelspitze. Matthias Burtscher konzentriert sich auf den Bereich Sandstrahlen und Nassstrahlen und ich mache die Pulverbeschichtung.

Sie sind auch bei Frau in der Wirtschaft im Vorstand …

Längle Das ist mir ein wichtiges Thema. Als Mutter und Unternehmerin habe ich einen großen Spagat zu machen. Es müssen die Voraussetzungen geschaffen werden und es muss gesellschaftlich eine bessere Unterstützung geben. Wünschenswert wäre die bessere Aufteilung, was Familien- und Erwerbsarbeit angeht. Es muss auch ohne familiäres Netzwerk möglich sein, als Frau in der Wirtschaft tätig zu sein. Das Thema wird auch noch bei den Pensionierungen wichtig. Die Familien- oder Carearbeit ist nach wie vor unentgeltlich und wird nach wie vor von Frauen gemacht. Sie arbeiten unentgeltlich und bekommen nur eine kleine Pension. Diese Frauen sind das Rückgrat der Gesellschaft und da ist es fast absurd, dass das nicht abgegolten wird.

Die Längle Group hat dank einer guten Lagerhaltung derzeit trotz Materialengpässen keine Lieferschwierigkeiten.
Die Längle Group hat dank einer guten Lagerhaltung derzeit trotz Materialengpässen keine Lieferschwierigkeiten.

Zur person

Geboren 31. August 1982

Ausbildung AHS-Matura, Studium der Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Unternehmensführung und Personalwirtschaft

Laufbahn Projektleiterin Leica Geostystems, Produktmanagerin Ivoclar Vivadent, Geschäftsführung Längle Group

Familie Partnerschaft, eine Tochter, ein Sohn

 

Längle Group

Gegründet 1856

Mitarbeiter 70

Umsatz 8,5 Millionen Euro

Bereiche Oberflächenbearbeitung, Malerhandwerk

Regionen Vorarlberg, Süddeutschland, Ostschweiz, Liechtenstein, Tirol