Lohnt es sich, mehr zu arbeiten?

Markt / 15.02.2023 • 18:21 Uhr

Teilzeit-Diskussion: Um mehr Menschen in Vollzeit zu bringen, muss an vielen Schrauben gedreht werden.

Wien, Schwarzach Der Vorschlag von Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP), bei Teilzeitarbeit Kürzungen bei den Sozialleistungen vorzunehmen, sorgt für ordentlich Wirbel. Kocher selbst und auch Bundeskanzler Karl Nehammer stellten schnell klar, dass Mütter nicht betroffen seien. Man müsse aber Anreize für längeres Arbeiten setzen, Leistung müsse sich lohnen.

Betreuung und Steuern

Dass man Vollzeitarbeit attraktiver gestalten muss, darin sind sich die meisten einig. Aber es gibt auch verschiedene Beweggründe. Dass 52,6 Prozent der Frauen in Vorarlberg Teilzeit arbeiten, liegt oft an Betreuungspflichten und dem mangelhaften Kinderbetreuungsangebot samt geeigneter Öffnungszeiten. Viele möchten gerne mehr arbeiten, auch wegen der drohenden Altersarmut in der Pension, können es dadurch aber nicht.

Auch die Steuern und Abgaben sind ein Thema. Viele stellen sich die Frage, ob es sich überhaupt lohnt, mehr zu arbeiten?

Prinzipiell gilt in Österreich: Jahreseinkommen bis 11.693 Euro sind steuerfrei. Einkommen bis 19.134 Euro werden mit 20 Prozent besteuert, bis 32.075 sind es 30 Prozent. Teilzeitbeschäftigte zahlen keine oder weniger Lohnsteuer. Zudem kommt man mit geringem Monatseinkommen beispielsweise auch in den Genuss der Negativsteuer oder zahlt weniger Beitrag zur Arbeitslosenversicherung.

Für den Vorarlberger Neos-Nationalratsabgeordneten Gerald Loacker entsteht dadurch die „Teilzeitfalle“. „Mehrarbeit rentiert sich nicht, weil dann die Steuern und Beiträge zuschlagen und gleichzeitig die Goodies wie Negativsteuer wegfallen.“ Und er stellt das Gehalt eines Angestellten in Vollzeit (3200 Euro brutto) der Teilzeitbeschäftigung von 60 Prozent (1920 brutto) oder 40 Prozent (1280 brutto) gegenüber. „Wenn man sich das Jahres-Nettogehalt anschaut, bedeutet das, dass, wenn die Teilzeitkraft statt 40 Prozent um die Hälfte mehr arbeitet (also 60 Prozent), verdient sie netto um 39,9 Prozent mehr“, rechnet Loacker vor. Massiver werde es, wenn man 40 mit 80 Prozent Beschäftigungsausmaß vergleiche. „Da verdoppelt der Beschäftigte sein Zeitausmaß, erhält aber nur 71,19 Prozent mehr netto.“

Auch für AMS-Chef Johannes Kopf steht fest, dass das Steuersystem überdacht werden muss, um Vollzeitarbeit zu attraktivieren. „Es wäre schon gut, zumindest die Bevorzugung von Teilzeitarbeit in unserem Abgaben- und Steuersystem zu überdenken.“ VN-reh

„Die Teilzeitfalle wird nicht bekämpft, indem man Bedürftigen die Sozialleistungen streicht.“