Eingefädelt: Textilfirma schließt Produktion, 80 Mitarbeiter betroffen

Ende 2023 soll die Produktion eingestellt werden – das Ende einer textilen Ära
Hard Ein Harder Traditionstexilerzeuger stellt die Produktion in der Hofsteiggemeinde ein.
Die thailändische Indorama Ventures PCL hat im Herbst 2018 die Schoeller Spinning Group mit Sitz in Hard und Produktionsstandorten in Süssen (D) und Kresice (Tschechien) übernommen. Die 100-prozentige Übernahme erfolge durch die Tochtergesellschaft Indorama Netherlands B.V. und betrifft die Schoeller GmbH & Co KG sowie die Tochterfirma TTI Technology Innovation GmbH in Hard.

Nach knapp fünf Jahren wird nun das letzte Kapitel für die Textilproduktion in Hard geschrieben. Die Mitarbeiter wurden am Montagabend darüber informiert, dass mit Ende des Jahres die Produktion am Traditionsstandort Kammgarn geschlossen wird. Die Verwaltung des Unternehmens soll weiterhin in Hard bleiben. Betroffen sind rund 80 Mitarbeiter.
Bereits am Mittwoch finden erste Gespräche über den Sozialplan statt. Am Gespräch werden neben dem Betriebsrat auch Vertreter der Gewerkschaft teilnehmen. Noch nicht informiert wurde das Arbeitsmarktservice. Geschäftsführer Bernhard Bereuter vermutet, dass die Anmeldung der betroffenen Mitarbeiter zur Kündigung zeitnah zum Betriebsende erfolgen wird. „Ich nehme an, dass der Firma daran liegt, die Aufträge noch abzuarbeiten und deshalb die Mitarbeiter möglichst lange im Betrieb bleiben sollen.“ Generell seien die Aussichten am Arbeitsmarkt gut, auch in der Branche, so der Arbeitsmarktexperte. Gute Erfahrungen habe man mit Arbeitsstiftungen – die Expertise werde das AMS dann einbringen.
Große Erfolge, schwere Krisen
Die Schoeller Spinning Group hat eine lange Geschichte, die geprägt war von großen Erfolgen und schweren Krisen. 2010 wurde das im Rahmen eines Management Buyouts vor dem fast schon sicheren Ende gerettet. Verkauft wurde 2018 die gesamte operative Textilfirmengruppe wird inklusive der dazugehörenden Betriebsliegenschaften an Indorama. Mit Indorama habe Schoeller „die notwendige Power“, um an der weltweiten Wachstumsstrategie festhalten zu können, so Kurt Haselwander, der das Unternehmen rettete, managte und 2018 verkaufte. „Wir hätten das allein niemals geschafft.“ Jetzt sei man Teil einer internationalen Firmengruppe mit mehr als 15.000 Mitarbeitern und einem Gruppenumsatz von zuletzt 8,5 Milliarden US-Dollar. Indorama sei in über 50 Ländern weltweit tätig und konzentriere sich schwerpunktmäßig auf die Petrochemie- und Textilbranche.
Die Firmenleitung in Hard gibt zum Ende der Produktion in Hard selbst keine Stellungnahme ab, die VN wurden an die Konzernpressestelle in Bangkok verwiesen. Eine Antwort steht indes noch aus.

Eine textile Jahrhundertgeschichte
HARD Wolle zählt zu den ältesten Rohstoffen, aus denen Textilien entstehen. Wolle ist auch der Rohstoff, mit dem die Schoeller Spinning Group den Weg in die Zukunft angetreten hat. Die Schoeller Spinning Group, die 1867 als Schoeller’sche Kammgarnspinnerei ihre ersten Schritte nach Vor- arlberg machte, zählt heute zu den innovativsten Wollverarbeitern, ist Weltmarktführer bei mehreren Anwendungen, die im Automotive-Bereich, im Flugzeugbau und in der Industrie nachgefragt sind.
Auch für Sporttextilien werden Schoeller-Produkte erfolgreich verwendet, außerdem im Modebereich mit Stoffen im Hochqualitätssegment. Schoeller mit Werken in Bregenz und Hard zählte zu seiner Hochblüte zu den größten Textilbetrieben im Land, beschäftigte damals Tausende Mitarbeiter. In den 1990er- und frühen 2000er-Jahren schrumpfte der Betrieb aufgrund der Textilkrise deutlich. Die ursprüngliche Besitzerfamilie entschloss sich zum Verkauf. Haselwander und seine Managerkollegen Gerhard Hübinger und Peter Loacker glaubten an Schoeller und schlugen den Weg in Richtung technische Textilien ein. Nach schwierigen Jahren sind derzeit die Auftragsbücher mehr als voll.