“Wir wollen mehr Haus mit weniger Holz”

Markt / 12.07.2023 • 22:47 Uhr
Holzbau forciert kluges Bauen und sensiblen Ressourceneinsatz. FA
Holzbau forciert kluges Bauen und sensiblen Ressourceneinsatz. FA

Vorarlberger Holzbau im Umbruch: Forderungen an öffentliche Hand und geschärfte Prioritäten.

Dornbirn, Götzis Am Freitag werden auf der Kulturbühne am Bach zum 15. Mal die Vorarlberger Holzbaupreise übergeben. 129 Gebäude wurden eingereicht, die meisten davon nach wie vor in der Kategorie Einfamilienhäuser, die wenigsten im Bereich Öffentliche Bauten – nur vier Gebäude zeigen den Stellenwert, der das Bauen mit Holz bei Gemeinden, dem Land und dem Bund hat. Entsprechend scharf kritisierte die Vereinigung Vorarlberger Holzbau-Kunst die öffentliche Hand. Was man sich wünschen würde, so Architekt Johannes Kaufmann bei einem Gespräch im Vorfeld der Preisverleihung, an dem auch die Architektin Julia Kick, der Obmann der Holzbau-Kunst, Werner Flatz und der Geschäftsführer der Initiative, Matthias Ammann, teilnahmen, ist ein Bekenntnis, wie es die deutsche Regierung abgegeben hat.

Quote erhöhen

Vor knapp einem Monat ist das deutsche Bundeskabinett vorgeprescht und hat eine Holzbauinitiative beschlossen. „Diese Strategie der Bundesregierung soll den Einsatz des nachhaltigen Rohstoffes Holz im Bausektor stärken und für mehr Klimaschutz, Ressourceneffizienz und schnelleres Bauen sorgen. Mit acht Handlungsfeldern, von der Vorbildfunktion des Bundes und der Stärkung von Forschung und Innovation über die Fachkräftesicherung und den Wissenstransfer bis zur Sicherung der Rohstoffversorgung, sollen bis 2030 der Einsatz von Holz wesentlich verbessert und die Holzbauquote erhöht werden.“

Selbstkritik inklusive

Eine klare Ansage mit damit verbundenen Maßnahmen würde man sich auch im Land, das nicht nur als Heimat des Holzbaupreises gilt, sondern das sich auch der Pionierrolle im Holzbau rühmt, wünschen, so Zimmerer Flatz. Für Vorarlberg: Öffentliche Bauten aus dem nachwachsenden Rohstoff, „das Umweltinstitut hat dafür einen Leitfaden entwickelt“, und finanzielle Anreize z. B. in der Wohnbauförderung für ökologisches Bauen. Das erwarte man ganz besonders von den E5-Gemeinden.

Die Vorreiterrolle sei Vergangenheit, analysieren die Gesprächsteilnehmer selbstkritisch und setzen der deutschen Initiative noch eines drauf: Mit der Kategorie „Kluges Bauen mit Holz“, die heuer mit einem Sonderpreis gewürdigt wird, könnte schon beim nächsten Holzbaupreis die Hauptkategorie sein. Man wolle nicht nur auf ein Schlagwort setzen, man wolle auch den Holzbau neu definieren und vor allem sämtliche Beteiligte einbinden – wichtig sei, dass auch die Häuslebauer das mittragen, ebenso die Architekten und die anderen Gewerke, erklärt Geschäftsführer Ammann die Richtung, in die es gehen soll. 

„Wir wollen mit weniger Holz mehr Haus bauen“, bringt es Kaufmann auf den Punkt. Statt einem Haus wolle man in Zukunft aus 50 Kubikmeter Holz zwei Häuser bauen. Julia Kick will das Anspruchsdenken beim Hausbau insgesamt auf den Prüfstand zu stellen, um sowohl die Klimaziele zu erreichen, als auch den Wald nicht zu überfordern. „Wir müssen uns da auch selbst an der Nase nehmen. Es war nicht alles langfristig richtig, was in den vergangenen Jahren gemacht wurde“, so Flatz.

Neue relevante Impulse

Dass man das handwerkliche Niveau auf höchstem Niveau ausreizt, das wird auch von der Jury anerkannt, allerdings erwarten sich die internationalen Juroren auch „baupolitisch“ bzw. gesellschaftlich neue Impulse vom Holzbau im Pionierland Vorarlberg. Denn Impulse für die Gesellschaft, eine große Idee, stand auch zu Beginn der Holzbauära in den 80er Jahren, erinnern die Architekten an die Vorarlberger Baukünstler – die mit verdichteten Anlagen und einer starken Einbindung der jungen Bauherrschaft auch gesellschaftliche Ausrufzeichen gesetzt haben.

Der Wandel im Bau, im Holzbau, muss aber zügig vorangehen, wolle man auf die aktuellen Herausforderungen richtig reagieren. „Wir haben die Zeit nicht mehr“, mahnt die Architektin Julia Kick zu schnellen und konkreten Maßnahmen. VN-sca

V.l.: GF Matthias Ammann, Obmann Werner Flatz, Architekten Julia Kick und Johannes Kaufmann. VN/sca
V.l.: GF Matthias Ammann, Obmann Werner Flatz, Architekten Julia Kick und Johannes Kaufmann. VN/sca
Bei jungen Menschen gefragt: 185 Lehrlinge beschäftigt Vorarlbergs Holzbau.
Bei jungen Menschen gefragt: 185 Lehrlinge beschäftigt Vorarlbergs Holzbau.

Der Vorarlberger Holzbaupreis wird am Freitag, 14. Juli, verliehen. Alle Teilnehmer,alle Gewinner, Begründungen der Jury in der VN-Sonderpublikation am Samstag.