„Nicht alles gleichzeitig fordern“

Markt / 19.07.2023 • 22:19 Uhr
Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher: Gesetzliche 32-Stunden-Woche ist im Moment nicht zu verwirklichen.  VN/Paulitsch
Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher: Gesetzliche 32-Stunden-Woche ist im Moment nicht zu verwirklichen.  VN/Paulitsch

Minister Kocher im VN-Gespräch – deshalb sollte man bei Regularien Prioritäten setzen.

Wolfurt Der Terminkalender von Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher ist ausgefüllt, wenn er in Vorarlberg ist. Zwischen Gesprächen mit Unternehmen, Wirtschaftslandesrat Marco Tittler und den Kultur-Terminen bei den Bregenzer Festspielen bleibt dem seit Jänner 2021 amtierenden Minister keine Zeit für Müßiggang. Am Mittwochnachmittag besuchte er die Firma Doppelmayr, dort fand auch ein Treffen von Vorarlberger Unternehmern und Arbeitsmarktfachleuten mit ihm und Tittler statt. Dabei wurden die aktuelle Lage der Vorarlberger Wirtschaft und ihre Wünsche an Bundes- und Landesregierung diskutiert.

Unsicherheit

Die brennenden Themen sind in Vorarlberg dieselben wie in den anderen Bundesländern, wie insgesamt in Österreich. „Man merkt, dass Unsicherheit herrscht, wie es wirtschaftlich weitergeht“, so Kocher. Die Themen sind bekannt: Die Energieversorgung und der Klimawandel, der Ukraine-Krieg, der Mitarbeitermangel, „da sitzen die Firmen in Sachen Konjunkturerwartung zwischen den Stühlen“, schildert der gelernte Ökonom die Gemengelage, und da sei auch klar, dass es Wünsche aus der Wirtschaft gebe. „Man darf Unternehmen jetzt nicht mit zu viel Regulatorik überfordern“, sagt der Minister, es gebe auch aus Brüssel derzeit viele Bereiche, die man regeln wolle, doch „wir müssen uns auf das konzentrieren, was prioritär ist, aber man kann nicht alles gleichzeitig fordern“.

Wichtigste Herausforderung

„Der Mitarbeiter- und Fachkräftemangel ist im Moment die wichtigste Herausforderung, obwohl 77,5 Prozent aller Personen, die erwerbsfähig sind, auch arbeiten“, stellt der Arbeitsminister fest. „Wir müssen über den ideologischen Schatten springen“, wiederholt er im Gespräch seinen Appell an alle involvierten Interessengruppen. Die Politik habe die richtigen Themen angesprochen, etwa „Voraussetzungen und Anreize zu arbeiten schaffen“, sagt er, auch die Erleichterungen bei die Rot-Weiß-Card seien ein richtiger Schritt.

Möglichkeiten nutzen

Die Rufe nach Arbeitszeitverkürzung, die regelmäßig mit Umfragen untermauert werden, sieht der Minister distanziert. „Auf Umfragen würde ich nicht so viel geben“, sagt er, der Wunsch in der Arbeitnehmerschaft nach einer gesetzlichen Arbeitszeit von 32 Stunden sei weit weniger ausgeprägt als dargestellt. Es liege an den Sozialpartnern, die bereits vorhandenen Möglichkeiten zur Arbeitszeitflexibilität nutzen. „Da kann man vieles machen. Das passiert auch in vielen Betrieben bereits“; eine gesetzliche 32-Stunden-Woche sei aber im Moment nicht zu verwirklichen, „das führt zu einem noch stärkeren Personalmangel“, stellt er nüchtern fest. Ein Mittel gegen den Fachkräftemangel ist die Bildungskarenz. Man werde die Verbesserungsvorschläge des Rechnungshofs umsetzen, dass die Bildungskarenz aber sinnvoll sei, zeige sich in Deutschland: „Es ist kein Zufall, dass die deutsche Bundesregierung die Bildungskarenz in ihr Programm aufgenommen hat“ – mit klarem Hinweis auf das österreichische Modell. VN-sca

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