Hannes Androsch

Kommentar

Hannes Androsch

Tragik der planetaren Allmende

Markt / 28.07.2023 • 22:21 Uhr

Das Wort Allmende bedeutet Gemeinschaftsgut, wobei es sich zumeist um Landflächen, Gewässer oder Wälder handelt, die als gemeinschaftliches Eigentum von allen genutzt werden dürfen. Doch die Sache hat einen Haken: Die Tatsache, dass grundsätzlich jeder die begrenzten Ressourcen der Allmende nutzen kann, führt meist dazu, dass jeder aus Eigennutz möglichst viel ergattern will, wenn es keine übergeordneten Bestimmungen gibt oder der Preis die Knappheit regelt. Als Folge besteht die Gefahr der Übernutzung und sogar der Zerstörung. Man nennt dies „die Tragik der Allmende“.

Doch nicht nur auf lokaler, sondern auch auf globaler Ebene ist dieses Problem bekannt. Die Verschmutzung von Flüssen und Ozeanen, Luft und Atmosphäre ist dafür ebenso Beispiel wie die Überfischung der Meere oder der Raubbau an der Natur. Die dafür abgegoltenen Nutzungskosten entsprechen nicht den tatsächlich Kosten, doch es gibt keine Weltregierung und kein Weltrecht, die eine geregelte Nutzung der planetaren Allmende bzw. der globalen Gemeinschaftsgüter sicherstellen könnten.

Das ganze Ausmaß des Problems erleben wir aktuell bei den mühevollen Bestrebungen, die Erderwärmung und damit den Klimawandel einzudämmen. Im globalen Norden lebt nur eine Minderheit der Weltbevölkerung, doch diese hat seit Beginn des industriellen Zeitalters durch CO2-Gase das öffentliche Gut „Atmosphäre“ überbeansprucht. Ein Vergleich der Pro-Kopf-Emissionen (der in Österreich als Folge verfehlter Energie- und Klimapolitik doppelt so hoch ist wie in der Schweiz) zeigt dies deutlich. Dennoch verlangt der Norden von der Bevölkerungsmehrheit der Welt im globalen Süden Beschränkungen, etwa bei Kohlekraftwerken oder der Rodung der Amazonaswälder, während er selbst weitermacht wie bisher. So werden in Deutschland neue Braunkohlekraftwerke errichtet, und in Österreich verhindert man immer wieder die Errichtung von Windrädern und den Bau von Wasserkraftwerken, Leitungen und Transformatoren. Letzteres behindert wiederum die Nutzung von Photovoltaik. Der Norden ist zudem nicht bereit, für seine Ansprüche angemessene Ausgleichszahlungen zu leisten. Mit dieser Haltung wird man die dringend notwendige globale Lösung nicht erreichen, zumal auch international keine ordnende Kraft besteht, den notwendigen Ausgleich herbeizuführen.

Mit maßlosem Regulierungswahn, europazentrischen Belehrungen und großsprecherischen Ankündigungen weltfremder, ideologisch getriebener Ziele bei gleichzeitig technologiefeindlicher Blockierung realistischer Lösungen riskiert man, dass dieses unser letztes Jahrhundert werden könnte. Es bedarf somit realistischer Vorgaben, machbarer entschlossener Umsetzungsschritte und Technologieoffenheit, um dies zu verhindern. Die Schweiz zeigt, wie es geht.

Hannes Androsch

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Dr. Hannes Androsch ist Finanz­minister i. R. und Unternehmer.