Mann versus Kreditverordnung

Weil er keinen Immobilienkredit bekam, zieht er vor den Verfassungsgerichtshof.
Bregenz, Wien Wer heute einen Immobilienkredit will, muss strenge Auflagen erfüllen. Das regelt die seit 2022 geltende KIM-(Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-) Verordnung. So müssen etwa Eigenmittel im Umfang von mindestens 20 Prozent des Kaufpreises vorhanden sein. Zudem darf die monatliche Tilgungsrate 40 Prozent des Nettoeinkommens nicht übersteigen.
FMA will nicht lockern
Der Ruf nach Lockerungen wird seitens der Banken und der Baubranche immer lauter. Das letzte Wort hat hier allerdings die Finanzmarktaufsicht (FMA), und die erteilt diesen Rufen eine klare Absage.
Nun aber hat ein Bankkunde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) einen Individualantrag auf Aufhebung der KIM-Verordnung gestellt. Seiner Meinung nach sei diese gesetzeswidrig, die FMA könne sie nur aufrechterhalten, wenn die systemischen Risiken für die Finanzstabilität noch existieren.
Konkret geht es laut VfGH um eine Finanzierung für eine Eigentumswohnung (Gesamtkosten: 216.580 Euro). Nach Abzug der Eigenmittel in Höhe von 30.000 Euro hätte die monatliche Rate auf 30 Jahre 911,45 Euro betragen. Mit 46,88 Prozent wäre dadurch die Grenze von 40 Prozent des Haushaltseinkommens überschritten worden. Da auch das Ausnahmekontingent der Bank bereits überschritten war, bekam der Mann aufgrund der Vorgaben der KIM-V keinen Kredit.
Am 12. Juni 2023 wies der VfGH den Antrag zunächst zurück. Die Begründung: Der Antragsteller habe nicht konkret dargelegt, inwieweit er von den Bestimmungen der KIM-V unmittelbar und aktuell betroffen sei. Das wurde nun laut eines Berichts der „Presse“ nachgeholt und der Antrag angenommen. Dabei handle es sich offenbar um einen Kunden der Hypo Vorarlberg.
Die Hypo Vorarlberg verweist gegenüber den VN auf das Bankgeheimnis. Vorstandschef Michel Haller betont, ihm liege die Klage nicht vor. „Fakt ist aber, dass wir mit der KIM-V nicht glücklich sind.“
Kippt die Verordnung?
Spannend ist nun, ob diese Klage die Verordnung kippen könnte. „Die KIM-V ist parallel zu den beginnenden Zinserhöhungen der EZB eingeführt worden. Diese Kombination hat sich zu einem toxischen Cocktail entwickelt, weil sie den Zugang zu Finanzierungen für die Wohnraumbeschaffung praktisch verunmöglicht hat“, attestiert Wilfried Hopfner, Präsident der Wirtschaftskammer Vorarlberg, und als langjähriger Raiffeisen-Vorstandsvorsitzender ein profunder Kenner der Branche. „Faktum aus meiner Sicht ist, dass alleine die von der EZB gemachten Zinsschritte die von der FMA befürchteten systemischen Risiken deutlich reduziert haben. Ich halte daher das Bemühen des Gerichtsweges für ein taugliches Mittel dafür, dass die FMA zumindest weitere – allenfalls bisher von ihr nicht gewürdigte – Argumente bewerten wird müssen.“
Dieser Prozess werde dazu führen können, dass Wohnbauwerber und Wohnbauwirtschaft akzeptieren müssen, dass die FMA-Richtlinie für den Erhalt der Finanzmarktstabilität notwendig sei, oder aber die FMA werde diese zurückziehen müssen. „Beides schafft jedenfalls Rechtssicherheit. Aus Sicht der Wirtschaft und der Wohnraumschaffenden ist auf Zweiteres zu hoffen. Bliebe noch die Frage zu klären, warum ausländische Banken Wohnraumfinanzierungen in Österreich anbieten dürfen. Denn dadurch ergibt sich nur ein Wettbewerbsnachteil für die heimischen Banken, aber keinesfalls eine Reduktion der vermeintlichen systemischen Risiken.“ VN-reh

