Nach Millionenpleite: Vorarlberger IT-Unternehmer übernimmt Startup Paze Industries

Markt / 14.12.2023 • 10:40 Uhr
Die Workheld-Cloud ermöglicht es, Maschinenbau- und produzierenden Unternehmen, Arbeitsabläufe digital zu optimieren und Arbeiten präzise zu planen. <span class="copyright">FA</span>
Die Workheld-Cloud ermöglicht es, Maschinenbau- und produzierenden Unternehmen, Arbeitsabläufe digital zu optimieren und Arbeiten präzise zu planen. FA

Anfang Oktober musste der Dornbirner Industriedigitalisierer Paze Industries Insolvenz anmelden. Jetzt wurde das Unternehmen übernommen – von einem Vorarlberger in Wien.

Wien, Dornbirn Im Jahr 2015 hat der Vorarlberger Benjamin Schwärzler noch während seines Studiums in Wien das Unternehmen Workheld gegründet. Sein Ziel: “Ich hatte die Idee, technische Zeichnungen aufs Tablet zu bringen”, so Schwärzler im Gespräch mit den VN. Inzwischen beschäftigt die Firma in Wien 15 Mitarbeiter, “jetzt kommen einige Neue dazu”.

Denn Schwärzlers Firma hat das in Insolvenz befindliche Dornbirner Startup Paze Industries übernommen. Das Startup, das vom Bregenzerwälder Michael Breidenbrücker, der als Mitgründer des Online-Musikdienstes last.fm auch international bekannt ist, im Jahr 2016 gegründet wurde, hat eine Software-Lösung für die Umsetzung und Verwaltung von IIoT-Projekten (Industrial Internet of Things) entwickelt, welche durch Low-Code und Plug-and-Play-Ansätze überzeugt – das heißt: sie ist besonders anwenderfreundlich.

Workheld ManagementTeam (v.l.n.r.) CTO Daniel Ultsch, COO Christine Geier und CEO und Gründer Benjamin Schwärzler. <span class="copyright">FA</span>
Workheld ManagementTeam (v.l.n.r.) CTO Daniel Ultsch, COO Christine Geier und CEO und Gründer Benjamin Schwärzler. FA

Der Weg war der richtige: Denn die Paze-Software können Kundinnen und Kunden über Drag and Drop, einer Methode zur Bedienung grafischer Benutzeroberflächen von Rechnern, neue Apps und Regeln auf Basis von Maschinendaten erstellen. Nun sollen sie bei Workheld den Weg in Richtung Künstlicher Intelligenz unterstützen, so Schwärzler. “Workflow-Automatisierung auf Basis von Maschinendaten-KI ist die Zukunft. Damit bleibt die Europäische Industrie wettbewerbsfähig und Mitarbeiter werden nicht mehr durch administrative Aufgaben und Dokumentation aufgehalten. So können Unternehmen aus ihren Tätigkeiten für die Zukunft lernen und neue Mitarbeiter durch KI angelernt werden”.

Der Standort in Dornbirn wird langfristig aufgelöst, mit Mitarbeitern von Paze habe man Kontakt und werde weiterhin mit ihnen zusammenarbeiten, so Schwärzler, der seine ersten Schritte in Richtung Digitalisierung an der HTL Bregenz gemacht hat. “Die Übernahme erweitert das Portfolio von Workheld und ermöglicht es dem Unternehmen, seinen Kunden eine noch umfassendere Suite von relevanten Industrie-Digitalisierungslösungen anzubieten”, so Schwärzler. Mit Paze können KI-Modelle innerhalb von vier Wochen eingesetzt werden, um z.B. Anomalien zu erkennen und den Schichtführer zu alarmieren, bevor ein Stillstand eintritt. Die Nachfrage nach KI-Lösungen sei groß, doch gehe es für viele Firmen erst einmal um das Erkunden von Möglichkeiten für einen Einsatz. Workheld, inzwischen zu knapp 40 Prozent im Eigentum der K-Businesscom AG (Kapsch) und noch zu 31 Prozent in der Hand von Gründer und CEO Schwärzler, entwickelt und betreibt eine Cloud, die bei 25 europäischen und amerikanischen Kunden aus der Fertigungsindustrie weltweit zum Einsatz kommt.  Durch die Übernahme von Paze kommen zehn weitere Kunden dazu.

Ausgehandelt wurde die Übernahme von Masseverwalter Gerhard Müller, Lustenau, Workheld wurde bei dem Asset Deal von Dorda Rechtsanwälte begleitet.

Insolvenz Paze Industries

In Schieflage geriet Paze Industries aufgrund des gedämpften Marktumfelds in den letzten Monaten, das sich negativ auf das Neukundengeschäft auswirkte. Prekär wurde die Lage Mitte September 2023, als laut Firma einer der wichtigsten Kunden die Zusammenarbeit – infolge eines internen Strategiewechsels – beendet hat. Durch den Umsatzwegfall musste die Fortbestandsplanung entsprechend angepasst werden. Trotz intensiver Bemühungen der Geschäftsleitung ist es leider nicht gelungen, die ausreichende Liquidität für den Fortbestand des Unternehmensbetriebes sicherzustellen.