Martin Ohneberg

Kommentar

Martin Ohneberg

Die Zeit der kollektiven Unvernunft

Markt / 20.12.2023 • 22:06 Uhr

Zehn Monate noch, dann sind Nationalratswahlen. Wer glaubt, dass das eine politische Ewigkeit ist, der irrt. Der Vorwahlkampf hat längst schon begonnen, wie man an den Wahlzuckerln erkennen kann, die von den Regierungsparteien verteilt werden. Das Christkind, so stellt sich heraus, denkt politisch und erfüllt gerne alle Wünsche, egal wie teuer und unsinnig diese sind.

Neu ist das zwar nicht, und zu Weihnachten soll man ja durchaus etwas herschenken, allerdings darf man dabei nicht auf die eigenen Parteiprogramme vergessen. Gerade die Regierungsparteien sehen sich mit miserablen Umfragen konfrontiert und setzen scheinbar alles daran, Prinzipien inklusive, noch irgendwie ein paar Stimmen zu gewinnen. Die Vernunft und wirtschaftliche Zusammenhänge spielen dabei scheinbar nur bedingt eine Rolle.

Ein Beispiel dafür ist die soeben beschlossene Mietpreisbremse in Altbau-Wohnungen. Während die Bundesregierung Pensionen um 9,6% und die Gehälter im öffentlichen Dienst um 9,15% erhöht, sollen die Mietkosten im regulierten Mietenmarkt, bei dem die Miete sowieso schon nicht frei nach dem Markt gewählt werden kann, um maximal 5% in zwei Jahren steigen – deutlich unter der Inflation also. Mit welcher Begründung macht eine Regierungspartei da mit, außer reinem Populismus?

Man darf nämlich eines nicht vergessen: Der Immobilienmarkt ist ein Markt. Wenn Immobilien vernünftige Renditen abwerfen, wird weiter gebaut, renoviert und investiert. Schmälert man diese Renditen (wie es jetzt eben der Fall ist), werden die alten (mit Mietpreisdeckel versehenen) Gebäude weniger attraktiv und daher auch weniger gut instand gehalten oder gar abgerissen; Investments sind in weiterer Folge uninteressant. Kann man machen, wenn man will – vernünftig ist es aber sicherlich nicht, denn weniger Investments bedeuten nun einmal, dass weniger gebaut wird und sich somit die Mietpreise auch nicht entspannen können.

Diese Logik zählt zu den Basics der Volkswirtschaftslehre. Dass sich die Grünen wenig darum scheren, ist bekannt, immerhin haben sie auch gerade den rückwirkend möglichen Umstieg von fixen auf variabel verzinste Kredite gefordert. Dass die ÖVP zumindest bei der Mietpreisbremse mitspielt, verwundert für eine Wirtschaftspartei aber sehr. Zusätzliche Wähler gewinnen beide Parteien dadurch jedenfalls keine.

„Die Vernunft und wirtschaftliche Zusammenhänge spielen dabei scheinbar nur bedingt eine Rolle.“

Martin Ohneberg

martin.ohneberg@vn.at

Martin Ohneberg ist CEO der HENN Industrial Group, früherer IV-Präsident und sitzt im Aufsichtsräten mehrerer Unternehmen.