Europa – eine lohnende Entscheidung der Vorarlberger

Markt / 04.06.2024 • 15:24 Uhr
Vorarlberg EU Flaggen
Der Beitritt Österreichs zur EU war für Vorarlberg eine gute Entscheidung: Vertreter der Wirtschaft

Österreichs EU-Beitritt hat sich für die Vorarlberger ausgezahlt. Nicht nur für die Wirtschaft, sondern für die Bevölkerung insgesamt.

Schwarzach, Wien, Brüssel „Österreich hat seine Exporte in die anderen EU-Mitgliedstaaten in den vergangenen 30 Jahren vervierfacht – von 33 Milliarden Euro im Jahr 1995 auf 137 Milliarden Euro im Jahr 2023“, rechnet Markus Comploj, CEO von Getzner, Mutter & Cie sowie Sprecher der Vorarlberger Industrie, vor, was die fast 30-jährige Mitgliedschaft Österreichs ganz konkret gebracht hat. Heruntergebrochen: Das Vorarlberger Exportvolumen hat sich seit dem EU-Beitritt fast verfünffacht – von 2,8 Milliarden Euro 1995 auf knapp 14 Milliarden Euro im Jahr 2023. Eindrucksvolle 60 Prozent der Vorarlberger Exporte gehen in den EU-Raum.

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EU-Skepsis oder gar ein Öxit sei deshalb auf keinen Fall angebracht, betont Comploj in einem Beitrag in den VN. Kritik schließe das Bekenntnis zur EU aber nicht aus – „es braucht eine Entfesselung des Binnenmarkts, eine Reduktion von überbordender Bürokratie sowie Regulierung, die das wirtschaftliche Handeln erschweren, und eine Stärkung des europäischen Kapitalmarkts“, so der Unternehmer.

“Europäischer Impuls”

Dass die Wirtschaft in den fast drei Jahrzehnten der EU-Mitgliedschaft einen Erfolgslauf hatte, nützt nicht nur den Betrieben. Der Wohlstand im Land ist gewachsen – Vorarlberg ist laut einer Studie der deutschen Bertelsmann-Stiftung die Nr.1-Region in Österreich mit einem Pro-Kopf-Einkommensgewinn von 2262 Euro jährlich. Gewachsen sind durch den „europäischen Impuls“ auch die Steuerleistungen – sie ermöglichen den Kommunen Investitionen in das Gemeinwesen.

Dass die Mitgliedschaft in der EU ihnen persönlich zum Vorteil gereichte, sehen viele Vorarlberger. Im Gegensatz zu Ostösterreich, wo die EU-Stimmung gekippt ist, bewerten die Menschen im westlichsten Bundesland das Projekt „Europa“ anders: Von 600 Frauen und Männern, die das Meinungsforschungsinstitut „Market“ vom 7. bis zum 14. Mai in Vorarlberg befragt hat, geben 47 Prozent an, die Mitgliedschaft im Land vor allem positiv zu sehen. 24 Prozent berichten von einem negativen Eindruck, weit weniger als z. B. in Niederösterreich.

Europa - eine lohnende Entscheidung der Vorarlberger
Unternehmer Markus Comploj: “Gerade jetzt ist es sehr wichtig, dass wir alle von unserem demokratischen Recht Gebrauch machen und zu den Wahlen gehen.” FA

Dass Entscheidungen auf EU-Ebene nicht sakrosankt sind, liege in der Natur der Politik. Schließlich gebe es auch auf nationaler Ebene eine ständige Diskussion zu Gesetzen und Bürokratie, so ein Unternehmer. Das sieht auch der Geschäftsführer des Lebensmittelproduzenten 11er, Thomas Schwarz, so: „Nicht alles, was auf EU-Ebene entschieden wird, ist automatisch gut. Aber wenn Österreich nicht Teil der EU wäre, dann wäre unser Wohlstand deutlich geringer“. Elmar Hartmann, CEO von Gantner Electronic und Präsident der IV, spricht von einer „Katastrophe“, würde die Schlagkraft der EU verringert. Und verweist auf den Brexit, der Großbritannien Milliarden Pfund kostet, Arbeitsplätze und Chancen für die Wirtschaft vernichtet hat.

Wirtschaftlicher Schaden immens

Eine aktuelle Untersuchung des Wirtschaftsforschungsinstitutes (WIFO) hat die Auswirkungen, die ein Öxit hätte, analysiert. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Preisen von 2022 wäre im Schnitt um 35 Mrd. Euro oder 7,8 Prozent niedriger, errechneten WIFO-Direktor Gabriel Felbermayr und Inga Heiland von der Norwegian University of Science and Technology. Die Szenarien reichen von einem Rückgang um 5,3 Prozent bis 10,4 Prozent des BIP. In absoluten Zahlen liegt der erwartete Effekt bei 24 bis 47 Mrd. Euro pro Jahr.

Eröffnung Güterbahnhof Wolfurt
60 Prozent der Exporte aus Vorarlberg gehen in den europäischen Binnenmarkt. VN/Rauch

Pro Kopf gerechnet, würde dies im Mittel einem wirtschaftlichen Schaden von 3860 Euro entsprechen, die Kaufkraft würde jeden Österreicher mit einer Kaufkraftreduktion in der Höhe von circa netto 3732 Euro treffen. Im EU-Ranking käme Österreich damit auf den sechsten Platz von 27 Ländern, zeigen die Simulationsergebnisse der beiden Ökonomen. Damit das nicht eintrifft, „ist es gerade jetzt sehr wichtig, dass wir alle von unserem demokratischen Recht Gebrauch machen, zu den Wahlen gehen“, so Comploj.