“Der Wirtschaftsstandort hat keine Zeit für Kompromisse. Es brennt an allen Ecken und Enden”

Für Direktor Franz Schellhorn (Agenda Austria) braucht der Standort weniger Staatsausgaben und weniger Steuern.
Schwarzach Franz Schellhorn will eigentlich nicht schwarzmalen, die derzeitige Lage in Österreich stimmt ihn aber dennoch nicht gerade optimistisch. Der Leiter der Denkfabrik Agenda Austria sieht allein angesichts des Ergebnisses der Nationalratswahl eine schwierige Ausgangslage für die kommenden Monate und Jahre. Dazu kommt die wirtschaftliche Schwäche in Österreich.
„Wir haben keine Zeit für eine Politik der kleinen Schritte. Koalitionen zwischen ÖVP und SPÖ hatten sich in der Vergangenheit nicht durch ein großes gemeinsames Verständnis ausgezeichnet. Nur gegen FPÖ-Chef Herbert Kickl zu sein ist kein Regierungsprogramm. Gegen Populisten helfen keine Brandmauern, sondern entschlossene Reformen. Der Wirtschaftsstandort hat jedenfalls keine Zeit für Kompromisse, denn es brennt an allen Ecken und Enden.“
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Österreich habe das schwächste Realwachstum, keine Produktivitätszuwächse, weil immer mehr Menschen weniger arbeiten, sowie die höchsten Zuwächse aller westeuropäischen Industrieländer bei den Lohnstückkosten, resümiert Schellhorn.
“Das sind reale Ängste”
Dass rund ein Drittel der Wahlberechtigten die Freiheitlichen gewählt hat, das könne man nicht mehr mit diffusen Ängsten argumentieren. „Die Menschen spüren das real und die demokratische Mitte muss darauf Antworten finden“, so Schellhorn im VN-Gespräch. Eine Antwort müsse man auch auf das Thema Migration finden. „Ja, wir brauchen Migration, aber in den Arbeitsmarkt, nicht in die Sozialsysteme.“
Es brauche Anreize, dass nicht noch mehr Menschen von Vollzeit- in Teilzeitarbeit flüchten. Dazu gebe es drei Möglichkeiten, dem entgegenzuwirken. „Die erste Möglichkeit ist, die Steuern nicht nur in der unteren Stufe, sondern ab der Mitte zu senken. Zweite Möglichkeit wäre eine Einheitssteuer von 17 Prozent bis zur Höchstbeitragsgrundlage von 6060 Euro brutto monatlich. Die Dritte, aber komplexeste Möglichkeit ist, wenn man Arbeit nach Stunden besteuert.“
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Ausgabenbremse
Zunächst aber müsse man bei den Ausgaben auf die Bremse treten. „Die budgetierten Ausgaben dürfen nicht schneller steigen als die erwarteten Einnahmen. Der Staat hat im ersten Halbjahr 14 Milliarden Euro mehr ausgegeben als eingenommen.“
Bei welchen Ausgaben der Staat sparen könnte? „Das Gießkannenprinzip muss ein Ende haben. Auch Förderungen wie den Handwerkerbonus oder das Klimaticket ab 18 Jahren können wir uns nicht mehr leisten.“
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Auch hinsichtlich Bürokratieabbaus gebe es zwar Versprechungen, aber keine Ernsthaftigkeit bei der Umsetzung. „Hier muss man endlich die Kettensäge anwerfen und erkennen, dass die Entwaldungsrichtlinie, bei der ein Spanplattenhersteller die Herkunft jedes einzelnen Holzspans kennen muss, oder man den Gummiabrieb seiner Fahrzeugflotte dokumentieren muss, Maßnahmen sind, die nichts bringen, aber den Standort zersetzen.“
Benya-Formel oder Standort
Auch bei den Löhnen brauche es ein Umdenken. „Man muss sich entscheiden, ob man die Benya-Formel retten will oder den Standort. Dass die Löhne an die Inflationsrate gekoppelt sind, führt zu so hohen Arbeitskosten, dass das für die Unternehmen kaum mehr zu verkraften ist und auch die Produktivität gefährdet.“
Schellhorn hofft nun, dass die Politik den Ernst der Lage erkennt. „Politiker müssen Zuversicht schaffen. Das gelingt nur mit entschlossenen Modernisierungen, mit Ministern, die etwas vorhaben mit dem Land. Die sich engagierte Ziele setzen, so dass in ein paar Jahren Delegationen aus dem Ausland zu uns kommen, um zu erfahren, wie wir das geschafft haben.“
