Diese Branche steckt “in einer Sandwichsituation” fest

Markt / 05.02.2025 • 15:59 Uhr
Industrie Konjunktur 2024/4
Haben keine guten Nachrichten für den Wirtschaftsstandort (v.l.) Michael Amann (WKF GF Industrie), Sprecher der Vbg. Industrie Markus Comploj, IV-GF Simon Kampl. WKV

Seit zweieinhalb Jahren kämpfen die größten Vorarlberger Betriebe im “Frostbereich”. Wie und wann dieser Bereich wieder verlassen werden kann? “Indem alle jetzt an einem Strang ziehen”.

Dornbirn Vorarlberg oder Österreich ist nicht die “Insel der Seligen”, die einst Papst Paul VI. in unserem Land gesehen hat. Das Gegenteil ist momentan der Fall: Zumindest für die Wirtschaft. Gegenüber anderen Weltregionen und Ländern steckt die Wirtschaft in Österreich und damit auch in Vorarlberg in einer tiefen Krise. Das zeigt die Konjunkturumfrage bei 35 Vorarlberger Unternehmen mit zusammen 25.165 Beschäftigten, die im 4. Quartal 2024 von der Sparte Industrie der WKV und der Vorarlberger Industriellenvereinigung durchgeführt wurde.

Keine Erholung in Sicht

Der Sprecher der Vorarlberger Industrie, Markus Comploj, brachte es auf den Punkt: “Eine Erholung ist nicht in Sicht”, die aktuelle Lage werde noch Monate andauern, jetzt seien alle gefordert, die Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen. Dabei nimmt er die Unternehmen nicht aus: “Wir machen in der Industrie alle unsere Hausaufgaben und genau das erwarten wir auch von der Politik von der EU bis zu den Gemeinden.” Neben der Verteuerung von Rohstoffen und Energie kämpft die Industrie mit viel zu hohen Lohnstückkosten und einer überbordenden Bürokratie. “Wir stecken in einer Sandwichsituation fest.” Die De-Industrialisierung habe bereits begonnen. Die Verlagerung der Produktion aus Vorarlberg ins Ausland sei ein schleichender Prozess, der allerdings langfristige Folgen für den Standort habe, erklärt Comploj, denn Betriebe müssen profitabel sein, um Arbeitsplätze zu schaffen und den Standort zu sichern.

Sorge um US-Zölle

Und wäre das nicht genug, plagt jetzt auch noch die Sorge um angedrohte Strafzölle von US-Präsident Donald Trump die Chefetagen. Mit Exporten von 418 Millionen Euro (1. Hj. 2024) sind die USA wichtigster außereuropäischer Handelspartner Vorarlbergs. Die Importe aus den USA sind dagegen verschwindend. Sie betrugen im gleichen Zeitraum 31 Millionen Euro. “Wir hoffen, dass der Dialog gelingt, Gespräche sollten nicht verweigert werden. Dann kommen wir vielleicht mit einem blauen Auge davon”, so Comploj, der nicht verhehlt, dass es sonst für die Vorarlberger Exportwirtschaft schwierig würde.

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Die Metallindustrie und die Maschinenbauer leiden besonders stark unter der aktuellen Wirtschaftskrise. AFP/Symbolbild

Am ärgsten betroffen von der Langzeitkrise ist die Maschinen- und Metallindustrie. 76 Prozent der befragten Unternehmen gehen von einer schlechten Ertragssituation im laufenden Halbjahr aus, keines der Unternehmen erwartet eine Verbesserung. 70 Prozent erwarten sogar, dass die Verkaufspreise weiter fallen, berichtet der Geschäftsführer der Sparte Industrie, Michael Amann. Ähnlich dramatisch sehen die Vertreter der Elektro- und Elektronikindustrie die Situation. 59 Prozent beurteilen die aktuelle Geschäftslage als schlecht, hoffen aber auf Verbesserung in sechs Monaten, informiert Simon Kampl, Geschäftsführer der IV. Auch die Textilbranche leidet: 95 Prozent rechnen mit einer sinkenden Produktionstätigkeit.

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Lichtblick Lebensmittelindustrie

Ein Lichtblick ist die Lebensmittelindustrie. 17 Prozent sprechen von einer guten Geschäftslage, nur drei Prozent bezeichnen diese als schlecht. 76 Prozent bezeichnen die Auslandsaufträge als gut. Im Schlepptau der Lebensmittelindustrie ist auch die Verpackungsindustrie zufrieden: 84 Prozent verzeichnen eine konstante Auftragslage und sind zuversichtlich, dass sich die Ertragslage verbessert.

Hausaufgaben

Und noch ein kurzer Überblick der Hausaufgaben. Auf Unternehmensebene müssen Kosten gesenkt und Innovationen forciert werden. Die Ausbildung von Fachkräften werde man weiterführen. Wenn die Gewerkschaften allerdings in der angespannten Lage glauben, überhöhte Forderungen bei den KV-Verhandlungen stellen zu können, so Comploj, “haben sich nicht verstanden, wie alarmierend die Lage ist”.