IV-Präsident schlägt Alarm: “Können nicht zuwarten, wenn es lichterloh brennt”

Markt / 04.05.2025 • 15:15 Uhr
IV-Präsident schlägt Alarm: "Können nicht zuwarten, wenn es lichterloh brennt"
IV-Präsident Elmar Hartmann zur aktuellen Weltwirtschaftslage: “Die Lehre aus dem Zollkrieg ist, dass wir neue Wirtschaftsräume erschließen und Freihandelsabkommen vorantreiben.” VN/KH

Die Vorarlberger Industrie befindet sich weiterhin im Auftragstief, der Standort leidet an abnehmender Attraktivität. Für den Präsidenten der IV Vorarlberg ist Feuer am Dach: “Kosten explodieren und die Wettbewerbsfähigkeit implodiert”.

Lustenau Seit fast zwei Jahren ist Elmar Hartmann, Geschäftsführer der Gantner Electronic GmbH in Nüziders Präsident der Vorarlberger Industriellenvereinigung. Zwei Jahre der Rezession, die Vorarlbergs Wirtschaft hart getroffen hat und weiterhin trifft. Die Auftragsbücher der Industrie belegen dies leider, wie die erst kürzlich veröffentlichte Konjunkturumfrage von WKV und der IV Vorarlberg zeigt. Österreich ist inzwischen das einzige Land, das sich wirtschaftlich nicht erhole.

Der studierte Wirtschaftspädagoge ist denn auch seit seinem Antritt als Präsident ein Mahner für bessere Standortbedingungen und er verlangt sofort notwendige Maßnahmen, um den Standort Vorarlberg und damit auch Arbeitsplätze nachhaltig abzusichern, wie er im Gespräch mit den VN betont. “Wir sehen sehr deutlich, dass es der Industrie im Land sehr schlecht geht”, analysiert er, “die Rahmenbedingungen sind so, dass inzwischen viele Vorarlberger Firmen bereit sind, in andere Länder zu gehen”. Alleine im März seien in der österreichischen Industrie 14.000 Jobs abgebaut worden, unterstreicht er die Brisanz der Lage. Und von den Gewerkschaften erwartet er sich Zurückhaltung bei den KV-Verhandlungen, denn es könne nicht im Sinne der Gewerkschaft sein, wenn die Unternehmen auslagern und im Inland Arbeitsplätze abbauen müssen.

IV-Präsident schlägt Alarm: "Können nicht zuwarten, wenn es lichterloh brennt"
“Eine starke Infrastruktur ist für den Wirtschaftsstandort essenziell”, fordert der IV-Präsident die Realisierung der umkämpften Schweiz-Verbindung S 18 und einen Gleisausbau in Vorarlberg.” VN/PS

Vor einer Deindustrialisierung habe er schon 2024 gewarnt und damals oft gehört: “Elmar du übertreibst”. Jetzt zeige sich leider, dass er nicht übertrieben habe. Österreich habe deutlich höhere Lohnstückkosten als vergleichbare Länder, die vor allem einer überbordenden Bürokratie geschuldet seien. “Das ist etwas, das extrem viel kostet. Die Komplexität ist dafür verantwortlich, dass wir nicht mehr handlungsfähig sind.” Und deshalb auch nicht konkurrenzfähig – “Das Ausland fragt nicht, es sieht seine Chancen”.

Energie und Fachkräfte

Bürokratie sei aber nur ein Teil in einer Gemengelage, an der sich schnell was ändern müsse. Die Energiekosten in Österreich seien nach wie vor deutlich höher als bei den Nachbarn und für energieintensive Betriebe nicht mehr zu stemmen. Auch der Fachkräftemangel zehre an der Wettbewerbsfähigkeit – ein Problem, das uns weiter begleiten werde, denn mit Blick auf die Demographie sei klar, “dass die Zahl der Erwerbstätigen nicht mehr zunimmt”. Deshalb benötigen die Firmen eine qualifizierte Zuwanderung – “wir brauchen diese Fachkräfte” neben der Ausbildung vor Ort, betont er mit Blick auf die Herausforderungen KI und Digitalisierung.

An der FH bewerben sich jedes Jahr mehr als 100 Menschen für den Studiengang Soziale Arbeit. 
An der FH Vorarlberg wird aus Sicht des Industriellen-Präsidenten hervorragende Ausbildung und Forschung betrieben. Bildung ist für ihn ein wichtiger Baustein des Erfolges. VN

Ein wichtiger Part komme dabei der betrieblichen Ausbildung im Land zu, “die Lehre ist ein ausgezeichnetes Instrument”, auch die Fachhochschule Vorarlberg sei sehr stark. Dennoch: Mehr Bildung, mehr Engagement im Bereich der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) an den Schulen sei dringend notwendig. Gerne sähe er auch eine Universität, die jungen Menschen die Möglichkeit biete, im Land zu studieren, Forschung und Entwicklung beflügle und damit auch den Standort stärke.

“Chance für die Chance”

Was Hartmann außerdem fordert, ist der rasche Ausbau der Infrastruktur. Dass der neue Infrastrukturminister Peter Hanke nun wieder Bewegung in die Sache S18 bringe, sei ein gutes Zeichen, aber auch der Gleisausbau müsse vorangetrieben werden. Von der Bundesregierung fordert er Tempo in der Wirtschaftspolitik ein: “Wir können nicht lange überlegen, was zu tun ist, wenn es lichterloh brennt.” Die Regierung im Land, aber auch auf Bundesebene, habe bereits einige gute Akzente gesetzt, jetzt müsse man dran bleiben, denn “die Chance braucht eine Chance”, schließt er.