“Schöpferische Zerstörung” als Rezept gegen Österreichs Wirtschaftskrise

Österreich sackt seit Jahren in Vergleichen mit anderen Wirtschaftsstandorten ab. Das zeigen internationale Vergleiche renommierter Ökonomen. In Vorarlberg fordern Wirtschaftsforscher radikale Reformen, um wieder wettbewerbsfähig zu werden.
Schwarzach, Wien Die Ökonomen des Thinktanks Agenda Austria sind ein Stachel im Fleisch der österreichischen Politik. Und dieser Stachel schmerzt auch immer wieder Sepp Schellhorn, der anlässlich der Präsentation seines Bürokratieabbau-Programms die Ökonomen von Agenda Austria, darunter als Gründer und Leiter sein Bruder Franz Schellhorn, als “sogenannte Experten, die besonders gescheit, aber in der Realpolitik noch nicht angekommen sind”, bezeichnete, was Ökonom Jan Kluge so kommentierte: “Die niedrigen Erwartungen wurden untertroffen”.

Kluge ist aber nicht nur ein scharfer Kritiker, er untermauert seine Kritik auch mit einer ausführlichen Studie zum Standort. Seine Hauptforderung: “Schöpferische Zerstörung” sei das Mittel der Wahl, um den Standort wieder in die Spur zu bringen. Dass dies notwendig ist, zeigen nicht nur die Inflation, hohe Produktionskosten und unzufriedene Bürger, es wird mit internationalen Benchmarks unterstrichen.
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“Der Staat muss den Haushalt in den Griff bekommen”, fordert Jan Kluge im Gespräch mit den VN. Dass der Finanzminister trotz Spardruck weiterhin an Förderungen festhält, sei angesichts der finanziellen Lage ein “schlechtes Signal an Investoren. Die Förderungen sind eine Verzerrung der Wirtschaft”. Es sei der falsche Weg für den Standort, unproduktive Unternehmen am Leben zu halten, denn “sie blockieren neue Unternehmen”.
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“Wenn wir jetzt nicht aktiv werden, dann drohen uns ‚griechische Verhältnisse‘”, erinnert er an die Zahlungsunfähigkeit des Mittelmeer-Staates in den 2010er-Jahren. Die “Troika” (Europäische Kommission, EZB, IWF) war das Gremium, das im Zuge der Staatsschuldenkrise strenge Spar- und Reformauflagen an Griechenland stellte, um die Zahlungsunfähigkeit zu verhindern. Wie in Griechenland sei es aber wohl auch der österreichischen Mentalität geschuldet, dass die Menschen einerseits Zukunftsängste haben und über die Inflation klagen, andererseits aber auf staatliche Hilfen und Förderungen nicht verzichten wollen. Das ist nicht nur Kluges persönliche Meinung, sondern wird auch vom International Institute for Management Development (IMD) attestiert. Gemessen wird dort die Anpassungsfähigkeit der Bevölkerung an Herausforderungen, ihre Einstellung zum Wettbewerb oder ob es ein Verständnis für ökonomischen und sozialen Reformbedarf gibt: Österreich landet in diesem Ranking zwischen Nigeria und Mongolei auf Platz 53 von 69 gemessenen Ländern.
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Doch wo ansetzen? Für die Staatsfinanzen brauche es eine staatliche Ausgabenbremse nach dem Vorbild der Schweiz, eine stufenweise Anhebung des Pensionsantrittsalters sowie einen deutlichen Abbau von Förderungen. Das sei die Voraussetzung dafür, dass künftig die Steuern gesenkt und so mehr Jobs geschaffen werden können. Zum Bürokratieabbau wünscht sich Agenda Austria Genehmigungsverfahren aus einer Hand, erleichterte Rahmenbedingungen für Start-ups und ein Verbot unnötiger Verschärfungen bei EU-Regeln. Und wenn die Entbürokratisierung denn tatsächlich Fahrt aufnehmen sollte, dann müsse auch die Beamtenschaft reduziert werden.
Vorschläge der Agenda Austria
Eine zweistufige Flat Tax wie in Polen würde den Arbeitsmarkt beleben. Durch ein mit der Zeit sinkendes Arbeitslosengeld soll “sanfter Druck” auf Arbeitslose ausgeübt werden. Und wie in Schweden sollten sich die KV-Verhandlungen an der Exportwirtschaft orientieren. “Wo sind die Roboter?”, fragt Kluge im Gespräch mit den VN außerdem und fordert mehr Tempo bei Digitalisierung und Automatisierung. Und im Energiesektor ist dem Thinktank das derzeitige Quasi-Monopol der öffentlichen Hand schon lange ein Dorn im Auge. Privatisierung werde für “echten Wettbewerb” und entsprechend niedrigere Preise sorgen.