„Ich möchte zum Lesen anregen“

Menschen / 29.04.2020 • 21:55 Uhr
Thea Dorn ist die Gastgeberin der Literatursendung „Das Literarische Quartett“. ZDF/Svea Pietschmann
Thea Dorn ist die Gastgeberin der Literatursendung „Das Literarische Quartett“. ZDF/Svea Pietschmann

Thea Dorn über „Das Literarische Quartett“ und die Leidenschaft für Bücher.

Berlin Mit Literatur kennt sie sich aus wie kaum jemand im deutschen Fernsehen: Thea Dorn. Vor Kurzem ist sie zur Gastgeberin der ZDF-Sendung „Das Literarische Quartett“ aufgerückt, nachdem ihre Mitstreiter Volker Weidermann und Christine Westermann die Talkshow auf eigenen Wunsch verlassen hatten.

 

Frau Dorn, bedauern Sie es, dass Ihre Mitstreiter Volker Weidermann und Christine Westermann das „Literarische Quartett“ verlassen haben?

Dorn Aber ja! Beide sind wunderbare Kollegen, ich habe die drei Jahre, die wir die Sendung gemeinsam bestreiten durften, sehr genossen. Aber Menschen fällen ihre eigenen biografischen Entscheidungen, das muss man respektieren.

 

Jetzt gibt es ein neues Konzept . . .

Dorn Wir mussten überlegen, wie wir „Das Literarische Quartett“ für die Zukunft gestalten. Das Leseverhalten, der Literaturbetrieb, unsere gesamte Gesellschaft haben sich stark verändert. Großkritiker wie Reich-Ranicki gibt es nicht mehr, seit der Digitalisierung ist es nicht einfacher geworden, Begeisterung fürs Lesen zu wecken, und unsere Gesellschaft ist heterogener geworden. All dies sprach aus unserer Sicht dafür, sich vom Vorbild der Kritikerrunde zu lösen und eine offenere Form zu finden, die sich eher am Lesekreis, am literarischen Salon orientiert.

 

Wobei Sie jetzt die Nummer eins, mithin die Chefin im Ring sind.

Dorn Ich würde die Bezeichnung „Gastgeberin“ bevorzugen. Oder, um es mit Reich-Ranicki zu sagen: Ich bin Gesprächsleiter und einer der vier Diskutanten zugleich.

 

Nach welchen Kriterien werden die Bücher ausgewählt?

Dorn Wir schlagen unseren Gästen gezielt Bücher vor, die uns spannend und relevant erscheinen, sowohl in literarischer Hinsicht als auch mit Blick auf die wichtigen Themen unserer Zeit. Das Prinzip, dass jedes Buch, das im „Quartett“ besprochen wird, einen Paten hat, der es leidenschaftlich verteidigt, haben wir also nicht aufgegeben. Wenn der Gast uns erklärt, warum er ein anderes Buch für triftiger hält, tritt er mit diesem an.

 

Sie möchten die Zuschauer für Literatur begeistern.

Dorn Unbedingt, ich möchte die Zuschauer zum Lesen anregen, das ist für mich der eigentliche Sinn dieser Sendung. Klar: Das digitale Zeitalter ist vermutlich nicht die beste Epoche für Büchermenschen, aber eine Leidenschaft fürs Lesen gibt es nach wie vor.

 

Haben Sie denn auch die verwegene Hoffnung, mit Ihrer Sendung Nichtleser zu erreichen?

Dorn Sollten überzeugte Nichtleser tatsächlich das „Literarische Quartett“ anschauen, anstatt erschrocken wegzuzappen, will ich gern versuchen, sie bei der Stange zu halten. Aber als unsere Kern­klientel würde ich schon Leser betrachten und solche Menschen, die es als Verlust empfinden, wenn sie wenig oder gar nicht mehr lesen.

 

Was lesen Sie denn zurzeit?

Dorn Vor allem die Bücher, die ich für künftige Sendungen prüfen will. Und natürlich lese ich nochmals die vier Titel, um die es in der anstehenden Sendung geht. Privatlektüren kommen derzeit ein bisschen zu kurz. Aber ich entdecke schon seit einer Weile das Hörbuch für mich, Marcel Proust und seine „Suche nach der verlorenen Zeit“ sind mir seit Jahren teure, treue Begleiter. maw